Der Kreis der Sechs
nach Hause ging. Es gab keinen Grund, nicht unmittelbar mit ihren Recherchen zu beginnen, tatsächlich würde das Wochenende wahrscheinlich die beste Zeit sein, um Studenten auszuquetschen, da sie nicht damit beschäftigt waren, sich zu den Kursen zu schleppen. Doch zuerst musste sie sich mit Tom Stockton in Verbindung setzen, dem Studiendekan der Schule. Wenn sie sofort alles im Griff haben wollte, brauchte sie Hintergrundinformationen und was für Hinweise auch immer er über die Sechsen hatte.
Als sie zu Hause war, fand sie Stocktons Mobiltelefonnummer im Fakultätsadressbuch. Sein Telefon klingelte fünfmal, und gerade, als sie sicher war, dass die Voicemail anspringen würde, nahm er ab.
»Stockton«, verkündete er mit fester Stimme.
»Hi, Tom, hier ist Phoebe Hall«, sagte sie. »Ich weiß, dass ich Sie zu einer verrückten Zeit erwische, jetzt, da diese Studentin vermisst wird, aber ich hatte gehofft, wir könnten uns heute irgendwann unterhalten.«
»Wie bitte?«
»Phoebe Hall. Ich unterrichte hier in diesem Semester, und ich soll mit Ihnen über die geheime Gesellschaft, die Sechsen, sprechen. Glenda hat vielleicht erwähnt, dass ich anrufen würde.«
»Oh – richtig. Natürlich.«
»Können Sie mich heute treffen – um mich zu informieren?«
»Ich wünschte, ich könnte, aber ich stecke bis zu den Ohren in dieser Lily-Mack-Krise. Ich bin gerade in diesem Augenblick auf dem Weg zu einem Meeting darüber.«
»Könnten wir uns danach auf einen kurzen Kaffee treffen?«
Er seufzte. »Ich sage im Moment ungern bei irgendetwas zu. Wir wissen nicht, ob diese Sache sich nicht zu etwas wirklich Hässlichem entwickeln wird.«
Der Kerl fing an, sie zu ärgern. Glenda hatte gesagt, er würde mitmachen, aber das klang ganz bestimmt nicht so.
»Wie wäre es, wenn wir wenigstens eine Zeit ausmachen würden, und wenn Sie es dann nicht schaffen, disponieren wir um? Ich habe Glenda versprochen, dass ich über das Wochenende daran arbeiten würde. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass diese beiden Sachen in Verbindung miteinander stehen könnten.«
»In Ordnung«, sagte er nach einer Sekunde. Sich auf Glendas Namen zu berufen hatte offensichtlich gewirkt, doch er klang nicht erfreut. »Warum treffen wir uns nicht um zwölf im Café Lyle .«
Das Café Lyle war der Coffeeshop im Studentenwerk. Wenn sie die Kids dazu bringen wollte, sich ihr zu öffnen, sollte sie besser nicht dabei gesehen werden, wie sie sich mit dem Feind verbrüderte. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir uns bei Berta’s treffen?«, sagte Phoebe, und bezog sich auf ein kleines Café am oberen Ende der Bridge Street in der Nähe vom Tony’s. »Ich denke, es könnte besser sein, das außerhalb des Campus zu machen.«
Nach einem weiteren hörbaren Seufzer stimmte Stockton zu. Während sie ihr Gespräch beendeten, überlegte sich Phoebe ihren nächsten Schritt. Obwohl sie nicht zu viel tun wollte, bevor sie das volle Briefing von Stockton bekommen hatte, konnte es nicht schaden, gleich mit Lilys Mitbewohnerin zu sprechen. Glenda hatte ihr bereits den Namen – Amanda Azodi – und den Namen ihres Wohnheims per E-Mail mitgeteilt.
Sie machte sich wieder auf den Weg nach draußen, dieses Mal zum Campus. Es war kurz nach elf, als sie bei der Curry Hall eintraf. Sie hatte entdeckt, dass Studenten an Samstagen dazu neigten, bis Mittag zu schlafen, aber sie schätzte, dass Lilys Mitbewohnerin wahrscheinlich bereits auf sein würde, angesichts dessen, was vor sich ging. Phoebe versuchte es mit dem Haupteingang des Wohnheims und stellte fest, dass er abgeschlossen war. Sie hatte vergessen, Glenda um eine Zugangskarte zu bitten, die sie mopsen konnte. Sie würde warten müssen, bis jemand das Gebäude verließ.
Nach zehn Minuten tauchte ein mürrisch aussehendes Mädchen auf, das Jeans, ein weites Sweatshirt und Stiefel von Ugg trug. Ihr Pferdeschwanz, bemerkte Phoebe, war mit etwas zusammengebunden, das aussah, wie ein stretchiger, gelber Slip. Das Mädchen erlaubte Phoebe, die Tür aufzufangen, ohne auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen.
Phoebe nahm den Aufzug in den vierten Stock und trat in den Gang. Direkt vor ihr befanden sich ein Aufenthaltsraum und eine Küchenzeile, mit einem Mülleimer, der mit Müll vollgestopft war, und mehrere durchhängende Modulmöbelstücke; ein Sofa war auf den Kopf gestellt worden. Abgesehen von dem tiefen Brummen des Kühlschranks, war es auf der Etage absolut ruhig. Phoebe blickte auf die Nummer an der
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