Der Kreis der Sechs
Minute Zeit?«
»Äh, okay«, sagte sie und sah leicht verärgert aus.
»Warum gehen wir nicht in mein Büro? Es wird einfacher sein, dort zu reden.«
Sie gingen bis in den zweiten Stock des Gebäudes. Eines der Flurlichter funktionierte nicht, und der Korridor war düster, wie alles andere an diesem Tag. Nachdem sie in ihr Büro geschlüpft und Jen ihr ohne Begeisterung gefolgt war, schaltete Phoebe zwei Lampen an und nahm die Papiere von dem Gästestuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand.
»Hier, nehmen Sie Platz«, sagte sie zu Jen. Phoebe fragte sich, ob sie die Tür schließen sollte, entschied sich aber dagegen; Jen sah jetzt bereits so aus, als wäre sie zu Tode erschrocken.
»Okay«, sagte Jen und setzte sich hin, ohne ihren Rucksack abzunehmen. »Ich möchte nur, dass Sie wissen, dass ich in ein paar Minuten jemanden treffen muss.«
»Das wird nur eine Sekunde dauern«, sagte Phoebe lächelnd. »Ich wollte über die Hausarbeit sprechen, die ich am Mittwoch zurückgeben werde.«
Jen zuckte auf ihrem Sitz zusammen. Ihr Gesichtsausdruck sah jetzt leicht beunruhigt aus.
»Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen«, sagte Phoebe schnell. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass mir Ihr Blog gefallen hat. Er ist wirklich hervorragend.«
»Oh, wow«, sagte das Mädchen und fing an zu lächeln. »Ich … wow.«
»In Ihrem Blog sind sie viel stärker als in ihren üblichen Magazinartikeln, und ich denke, wir sollten herausfinden, wie Sie diese Qualität auch in Ihr anderes Material einbringen können. Ich habe gesehen, dass ihre nächste Magazinaufgabe über Fettleibigkeit bei Kindern sein soll. Aber wie wäre es, wenn Sie ein Thema auswählen, das es Ihnen erlaubt, denselben frechen Ton anzuschlagen, den sie in Ihrem Blog benutzt haben?«
»Aber soll die nächste Aufgabe nicht eine Reportage werden?«, fragte Jen.
»Ja, aber Sie können immer noch Ihre Haltung zum Ausdruck bringen, wenn das Thema das erlaubt.«
»Äh, wow, in Ordnung«, sagte das Mädchen. »Also sollte es vermutlich etwas sein, über das ich eine ausgeprägte Meinung habe?«
»Das ist richtig. Nehmen Sie sich einen Tag Zeit, um noch einmal über Ihr Thema nachzudenken… Natürlich weiß ich, dass es gerade eine schwierige Zeit ist, um sich zu konzentrieren.«
Jen zog ihre winzigen Augenbrauen zusammen, war zuerst nicht sicher, was Phoebe meinte. Dann verstand sie es. »Richtig«, sagte sie ruhig.
»Waren Sie mit Lily befreundet?«, fragte Phoebe.
Das Mädchen atmete ein, bevor es antwortete. »Sozusagen«, sagte sie. »Ich meine, wir waren im vorigen Jahr befreundet. In letzter Zeit haben wir uns allerdings nicht viel gesehen.«
»Soviel ich weiß, ist man immer noch nicht sicher, was ihren Tod verursacht hat«, sagte Phoebe. »Denken Sie, sie könnte depressiv gewesen sein?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte Jen. »Selbst wenn ich sie getroffen hätte, hätte sie sich mir nicht anvertraut. So eng waren wir nie befreundet.«
»Ich habe zufällig selbst mit Lily gesprochen – vor etwa einer Woche.«
»Wirklich?«, sagte das Mädchen.
»Ja, nur kurz. Ich hatte den Eindruck, sie würde mit einigen Dingen zu kämpfen haben.«
Dieses Mal sagte Jen nichts. Sie biss sich nur auf die Lippe, und bewegte sich auf ihrem Stuhl.
Also, dachte Phoebe, die Immer-sachte-Strategie brachte sie nicht weiter; es war Zeit für eine kühnere Herangehensweise.
»Ich fühle mich so schlecht, weil ich nicht in der Lage war, Lily zu helfen«, sagte Phoebe. »Ich habe seitdem viel darüber nachgedacht, was ihr Sorgen bereitet haben könnte. Ich habe mich gefragt, ob sie in etwas hineingeraten sein könnte, was sie bereute … wie die Sechsen.«
Jens ganzer Körper erstarrte, außer ihren blauen Augen, die ängstlich hin und her tanzten. »Ich – äh, ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte sie.
»Die Sechsen«, sagte Phoebe und blickte verstohlen Richtung Tür, um sicherzugehen, dass niemand draußen stand. »Die Geheimgesellschaft auf dem Campus.«
»Ich weiß nichts von irgendwelchen Gesellschaften«, sagte Jen mit rauer Stimme. »Ich konzentriere mich wirklich auf meinen eigenen Kram. Gymnastik. Und Tanzen.«
»Und Sie haben nie von einer Gruppe gehört, die andere Studenten schikanieren und bedrohen könnte?«
Jen schüttelte langsam ihren Kopf hin und her.
»Nein«, sagte sie. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mädchen hier so etwas tun.«
»Vielleicht ist es dann nur eine von diesen modernen Legenden«, sagte Phoebe
Weitere Kostenlose Bücher