Der Kreis der Sechs
dass die Gruppe tatsächlich existierte und dass Jen Mitglied sein könnte.
In den nächsten paar Stunden las Phoebe Material in ihrem Büro durch und machte Pläne für zukünftige Kurse. Aber sie hatte Probleme, ihre Gedanken auf die Arbeit zu konzentrieren. Sie kehrte immer wieder zu Lily und den Sechsen zurück. Bisher hatte sie auch nicht den Hauch eines Fortschritts erzielt.
Es war vier Uhr und dämmerte bereits, als Phoebe beschloss, Feierabend zu machen. Nicht mehr lange und die Uhren würden zurückgestellt werden müssen, und es würde um vier sogar noch dunkler sein. Das ist wirklich etwas, worauf man sich freuen kann, dachte Phoebe grimmig.
Als sie den windigen Innenhof überquerte, erhaschte sie einen Blick auf Jen Imbibio, die mit einer anderen Studentin aus ihrem Kurs, Rachel, einer großen, sehr athletisch aussehenden Blondine, vorbeiging. Jens Gesicht war verkniffen, und ihre winzigen Hände bewegten sich lebhaft, während sie sprach. Phoebe fragte sich, ob Jen sie über die Befragung informierte, der sie vorhin ausgesetzt worden war, was bedeuten könnte, dass Rachel auch Mitglied der Sechsen war. Es ist wie in diesem Film »Invasion der Körperfresser«, dachte sie. Du weißt, dass die bösen Leute unter uns sind, aber du hast keine Ahnung, wer sie sind.
Während sie weiter den Pfad entlangging, entdeckte sie Craig Ball, den Leiter der Campussicherheitspolizei, der aus der entgegengesetzten Richtung kam. Mit seinem silbernen Haar und der gebräunten, faltigen Haut sah er aus wie jemand, der Flugzeuge für Delta fliegen sollte, dachte Phoebe. Als er näher kam, nickte er Phoebe zu und ließ seine Augen über ihr Gesicht gleiten, sagte aber nichts. Sie war ziemlich sicher, dass er sie von der Szene gestern Morgen im Park wiedererkannte. Soviel sie wusste, dachte sie sardonisch, stand sie wegen der Plagiatsvorwürfe auf seiner Liste mit Sicherheitsrisiken.
»Mr Ball?«, rief Phoebe, gerade als er an ihr vorbeigehen wollte. »Wir sind uns noch nicht begegnet.« Sie gab ihm ihren Namen und erklärte, dass sie eine Freundin von Glenda war.
»Richtig. Es ist gut, wenn man dem Namen ein Gesicht zuordnen kann«, sagte er. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Sein Ton war forsch und deutete an, dass es nur ein oberflächliches Angebot war.
»Ich wollte mich nur vorstellen. Glenda hat mich gebeten, mit einigen weiblichen Studenten hier über die Sechsen zu sprechen. Ich würde gerne irgendwann mit Ihnen darüber sprechen und herausfinden, was Sie wissen.«
»Tom Stockton ist wahrscheinlich gerade der bessere Ansprechpartner dafür. Ich werde natürlich einbezogen, wenn es um Vandalismus geht, aber bis jetzt gab es nur eine minimale Anzahl von Vorfällen.«
»In Ordnung, danke. Wenn Ihnen irgendetwas einfällt, werden Sie es mich wissen lassen?«
»Sicher.«
Als sie weitergehen wollte, streckte Ball die Hand aus und berührte ihren Ärmel.
»Übrigens«, sagte er. »Hat dieser Kerl sie gefunden?«
»Welcher Kerl?«, fragte sie.
»Mitte dreißig. Dunkles Haar. Kam heute Morgen auf der Suche nach Ihnen in unserem Büro vorbei. Ich habe mir ihre Büronummer für ihn herausgesucht, aber gesagt, dass ich ihm nichts anderes geben darf.«
»Niemand hat mich kontaktiert«, sagte sie. »Hat er seinen Namen hinterlassen?«
»Nein. Hat nur gesagt, dass er sie aus Manhattan kennt.«
Wer in aller Welt konnte das sein, fragte sich Phoebe. Sie hatte eine Reihe männlicher Freunde in der Stadt, aber sie hatte mit den meisten von ihnen in letzter Zeit keinen Kontakt mehr gehabt und konnte sich kaum vorstellen, dass einer von ihnen einfach auf dem Campus auftauchte.
Als Phoebe zehn Minuten später ihre Vordertür aufschloss, wurde sie vom Duft frischer Wäsche und Möbelpolitur mit Zitronengeruch begrüßt. Margaret, die Putzfrau, war gekommen und wieder gegangen. Zum ersten Mal, seit sie hier wohnte, verspürte sie, als sie nach Hause kam, ein Gefühl von Behaglichkeit. Sie zog sich Jeans an und ging in die Küche. Zu ihrer Überraschung sah sie, dass Margaret, eine grantige, wortkarge Frau, eine Schüssel mit Granny-Smith-Äpfeln für sie dagelassen hatte. Eine von Hand gekritzelte Notiz lag neben ihnen auf dem Tisch.
Vielleicht habe ich es geschafft, die alte Schachtel endlich um den Finger zu wickeln, dachte Phoebe.
Sie nahm die Notiz. »Bitte rufen Sie mich an«, stand darauf. »Ich muss mit Ihnen sprechen.«
Oh, ich verstehe, dachte Phoebe. Sie hat etwas beschädigt, und die Äpfel sind ihre Art, mich
Weitere Kostenlose Bücher