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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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ohrenbetäubend: das wütende Gebrüll der Angreifer, die Schreie der Verwundeten, das Schnalzen und Schwirren, mit dem Bolzen um Bolzen auf die Feinde hinabgeschossen wurde, und hin und wieder das Krachen eines Schwertes auf einem Schild. Alle drei Kompanien jüdischer Armbrustschützen waren nun auf das Dach beordert worden, um den Turm zu verteidigen, doch meine Männer und ich hielten uns aus dem Getümmel heraus. Immer wieder erschien ein paralleles Stangenpaar mit ein oder zwei Sprossen über dem Rand der Brustwehr, und sogleich stürmte ein Haufen Kämpfer dorthin. Sie schossen nach unten, luden nach, schossen erneut, so lange, bis alle Angreifer von der Leiter vertrieben waren. Dann packte jemand die Leiter und schleuderte sie so weit wie möglich vom Turm weg. Gleich darauf erschien die nächste, und das Ganze begann von vorn. Robin schoss mit seinem Langbogen, aber nur sparsam. Ich wusste, dass er nicht mehr als zwei Dutzend Pfeile mitgebracht hatte, und sein Köcher schien bereits halb leer zu sein.
    Unsere Armbrustschützen kämpften mit wahrem Feuereifer, doch die Feinde zählten zu Hunderten, und sie hatten Dutzende von Leitern. Die Zeitspanne vom Erscheinen eines Leiterendes an der Brüstung bis zur Abwehr des Angriffs wurde allmählich länger, und manchmal konnte man schon einen Kopf über der obersten Sprosse auftauchen sehen, ehe dieser von einem hastig abgeschossenen Bolzen getroffen wurde. Und dann, urplötzlich wie in einem Traum, schwärmten Feinde über die westliche Brustwehr. Binnen drei Herzschlägen befand sich ein halbes Dutzend Christen auf dem Dach, und noch mehr Männer wälzten sich über die Brüstung, rappelten sich auf, hoben ihre Waffen …
    Meine Männer stürmten als geschlossene Gruppe mir nach. Mit dem Schwert in der rechten und dem Dolch in der linken Hand griff ich einen Mann an, der sich gerade von den Bohlen erhob, hieb ihm das Schwert in den Nacken, wirbelte herum und jagte einem anderen den Dolch in den Unterleib. Ich spürte das heiße Blut auf meine Faust spritzen, drehte die fußlange Klinge und zog sie heraus. Mit dem Schwert wehrte ich einen Stich von meinem Kopf ab, stieß erneut mit dem Dolch zu und hörte ein Kreischen dicht neben meinem Ohr, als die Klinge einem Mann in den Oberschenkel fuhr. Ich bewegte mich wie mechanisch, parierte und stieß zu, hieb und stach, ständig in Bewegung. Wie ich es gelernt hatte, bemühte ich mich dabei, nicht über den Schlag nachzudenken, den ich gerade führte, sondern über den Gegenschlag, den nächsten Zug, der sich ganz natürlich aus meinem ergab, und manchmal sogar an den dritten und vierten darauf.
    Es fühlte sich an, als lenke jemand anderes meinen Körper. Durch die vielen tausend Stunden der Übung reagierte und funktionierte er wie ein Apparat. Ich hatte keinen einzigen Gedanken im Kopf – ich stach nur zu und hieb und wich aus, inmitten meiner Feinde. Blut spritzte, Männer schrien, Gesichter tauchten vor mir auf, und ich schmetterte sie mit meinem Schwert beiseite. Mir war bewusst, dass sich mehrere Soldaten um mich herum und hinter mir befanden, doch ich überließ sie Reuben und meinen übrigen Männern und kämpfte mich voran, immer vorwärts, ich drosch um mich, ächzte, stieß Männer im Kettenhemd beiseite und hielt schnurstracks auf das Leiterende zu, das noch immer Feinde über die Brüstung spie. Beinahe rutschte ich in einer frischen Blutlache aus, doch ich fing mich und rammte das Heft meines Schwertes in ein bärtiges Gesicht an der Spitze der Leiter. Es verschwand, und ich beugte mich über die Brüstung und hackte auf den Unterarm eines anderen Mannes ein, der sich etwas tiefer an eine Sprosse klammerte. Brüllend stürzte er ab.
    Ein Pfeil, abgeschossen vom Hügel unter mir, zischte an meinem Gesicht vorbei, und ich riss den Kopf von der Leiter zurück. Das Blut in meinen Adern sang, als wirkte in mir eine starke Arznei oder Droge. Ich konnte Reuben und meine anderen Männer hinter mir ächzen und schreien hören in ihrem Kampf gegen Feinde, die ich bereits verwundet hatte. Doch ich ignorierte sie und versuchte, die Leiter wegzustoßen, beide Waffen noch in Händen.
    Ein Soldat, der schon auf das Dach gelangt war, griff mich von links an, eine Streitaxt in den blutigen Händen. Ich trieb ihn mit zwei Finten zurück und schlitzte ihm mit einem blitzschnellen Ausfall die Kehle auf. Während er gurgelnd Blut hervorwürgte und auf die Knie fiel, erschien der nächste Kopf über der Brustwehr, und ich

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