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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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etwa acht von den Brandstiftern niedergebrannten Hütten – und eine Kompanie Infanterie, die unter dem Befehl eines Leutnants, der einen Schecken ritt, gegen den Cambaio vorrückte. Sie ließen sie ganz nahe herankommen, und auf ein Zeichen von José Venancio empfingen sie sie mit Geschossen aus Karabinern, Stutzen, Musketen, Steinschleudern, Armbrüsten und mit Schimpfwörtern wie »Hunde«, »Freimaurer«, »Protestanten«. Erst jetzt bemerkten die Soldaten ihre Anwesenheit. Sie machten kehrt und entflohen, bis auf drei Verwundete, die von schnellfüßigen Jagunços eingeholt und erledigt wurden, und den Schecken, der sich aufbäumte, seinen Reiter abwarf und sich, strauchelnd auf dem steinigen Gelände, die Beine brach. Der Leutnant konnte sich hinter einem Felsvorsprung verschanzen und fing zu schießen an, während das Tier nach Stunden des Gefechts noch immer schauerlich wieherte.
    Viele Jagunços wurden zerrissen von den Schüssen der Krupp-Kanonen, die gleich nach dem ersten Scharmützel den Berg zu bombardieren begannen und Steinschläge und einen Regen von Splittern auslösten. João Grande, der neben José Venancio stand, begriff, daß es selbstmörderisch war, auf einem Haufen zu bleiben. Hüpfend zwischen den Felsen und die Arme schwenkend wie Windmühlenflügel, schrie er, sie sollten auseinanderlaufen, nicht dieses kompakte Ziel bieten. Sie gehorchten, sprangen von Fels zu Fels oder warfen sich auf den Boden, während unten, in Kampfeinheiten unter dem Befehl von Leutnants, Feldwebeln und Gefreiten die Soldaten unter Trompetensignalen in dichten Staubwolken den Cambaio hochkletterten. Als João Abade und Pajeú mit der Verstärkung ankamen, waren sie auf halber Höhe. Trotz ihrer Verluste waren die Jagunços, die sie abzudrängen versuchten, nicht zurückgewichen. Wer eine Feuerwaffe hatte, schoß auf der Stelle, die Schüsse mit wildem Geschrei begleitend. Wer nur eine Macheteoder ein Jagdmesser oder eine dieser Armbrüste für Pfeile besaß, mit denen die Sertanejos Enten und Rehe jagten – Antônio Vilanova hatte sie zu Dutzenden von den Zimmerleuten von Canudos herstellen lassen –, stellte sich um die Scharfschützen und reichte ihnen Pulver zu oder säuberte ihren Karabinern die Seelen, in der Hoffnung, der gute Jesus werde sie bald eine Waffe erben lassen oder den Feind so nahe heranführen, daß sie mit Händen auf ihn losgehen konnten.
    Die Krupp-Kanonen spien weiterhin ihre Geschosse nach oben, und das abbröckelnde Gestein verursachte ebenso viele Verluste wie die Kanonenkugeln. Gegen Abend, als die rot-blauen und grün-blauen Gestalten die Linien der Auserwählten zu durchbrechen begannen, beredete João Abade die anderen, sich zurückzuziehen, sie würden sonst umzingelt. Diejenigen, die den Befehl hörten und sich zurückzogen und sich über die unter dem Namen Taboleirinho bekannte Ebene nach Belo Monte davonmachten, waren nur noch etwas mehr als die Hälfte derer, die am Abend zuvor und am Morgen denselben Weg in umgekehrter Richtung gegangen waren. José Venancio, der unter den letzten Rückzüglern war, auf einen Stock gestützt und ein Bein nachziehend, das blutete, bekam einen Schuß in den Rücken, der ihn tötete, ohne daß er Zeit gehabt hätte, sich zu bekreuzigen.
    Der Ratgeber hielt sich seit dem frühen Morgen in dem noch unvollendeten Gotteshaus auf, betend im Kreis der frommen Frauen um Maria Quadrado, des Beatinho, des Löwen von Natuba und einer Menge Getreuer, die ihrerseits beteten und zugleich auf das Getöse horchten, das der Nordwind von Zeit zu Zeit vernehmlich nach Canudos herüberwehte. Pedráo, die Brüder Vilanova, Joaquim Macambira und die anderen, die in Canudos geblieben waren, um die Stadt auf den Angriff vorzubereiten, hatten sich am Vaza Barris aufgestellt, an dessen Ufer sie die Waffen gebracht hatten, das Pulver und alles, was sie an Geschossen auftreiben konnten. Als der alte Macambira die Jagunços vom Cambaio heimkehren sah, murmelte er, anscheinend wolle der gute Jesus, daß die Hunde nach Jerusalem einzögen. Keinem seiner Söhne fiel es auf, daß er die Namen verwechselt hatte.
    Doch sie zogen nicht ein. Der Kampf wurde noch am selbenTag entschieden, vor Anbruch der Nacht, auf dem Taboleirinho, wo sich die Soldaten der drei Kolonnen des Majors Febrônio de Brito eben niederlegten, betäubt von Müdigkeit und von Glück. Sie hatten die Jagunços über die letzten Ausläufer des Berges fliehen sehen, und undeutlich erkannten sie, weniger als eine

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