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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Portugiesisch: »Sie wollten mich umbringen, sie haben die Waffen mitgenommen. Ich muß gleich zu Epaminondas Gonçalves.«
    »Guten Tag«, sagt Caifás, der zwei Finger an seinen Hut mit den Lederbändern hebt, ohne ihn abzunehmen, und sich auf eine, wie Gall findet, absurd feierliche Art an Jurema wendet. Dann wiederholt er, ihm zugewandt, mit der gleichen Geste:
    »Guten Tag.«
    »Guten Tag«, antwortet Gall und kommt sich mit dem Revolver in der Hand plötzlich lächerlich vor. Er steckt ihn in den Gürtel, zwischen Hose und Haut, und während er zwei Schritte auf Caifás zugeht, bemerkt er, wie verschämt und verlegen die Ankunft des Mannes Jurema gemacht hat. Sie rührt sich nicht, blickt zu Boden, weiß nicht, was sie mit ihren Händen anfangen soll. Galileo deutet nach draußen:
    »Hast du die zwei toten Männer gesehen? Es war noch einer dabei. Der hat die Waffen mitgenommen. Ich muß mit Epaminondas sprechen, ich muß ihn warnen. Bring mich zu ihm.«
    »Ich habe sie gesehen«, sagt Caifás kurz. Und wendet sich an Jurema, die immer noch den Kopf gesenkt hält, starr dasteht und die Finger wie im Krampf bewegt. »Soldaten sind nach Queimadas gekommen. Über fünfhundert. Sie suchen Führer nach Canudos. Wer sich nicht anwerben läßt, den nehmen sie gewaltsam mit. Das wollte ich Rufino sagen.«
    »Er ist nicht da«, stottert Jurema, ohne den Kopf zu heben.
    »Er ist nach Jacobina gegangen.«
    »Soldaten?« Gall geht noch einen Schritt vor, so daß er Caifás fast berührt. »Ist das Expeditionskorps von Major Brito schon da?«
    »Sie halten Truppenparade ab«, bestätigt Caifás. »Sie stellen sich schon auf dem Platz auf. Heute morgen sind sie mit dem Zug gekommen.«
    Gall fragt sich, warum sich der Mann nicht wundert über die zwei Toten, die er doch auf dem Weg zur Hütte gesehen hat, warum er ihm keine Fragen stellt über das, was geschehen ist und wie es geschehen ist, warum er so ruhig, unerschütterlich, ausdruckslos, wartend worauf? dasteht, und er sagt sich einmal mehr, daß die Leute hier sonderbar sind, undurchschaubar,undurchdringlich wie die Leute in China oder Indien. Ein sehr magerer Mann, dieser Caifás, knochig, glatthäutig, mit vorspringenden Backenknochen und weinfarbenen Augen, die einem unbehaglich sind, weil sie nie blinzeln, ein Mann, dessen Stimme er kaum kennt, weil er auf der doppelten Reise, hin zum Landgut und wieder zurück, kaum den Mund aufgemacht hat, ein Mann, dessen Lederjacke und lederne, im Schritt und an den Beinen mit Lederstreifen geflickte Hose und selbst die Ledersandalen ein Teil des Körpers zu sein scheinen, eine rauhe Ersatzhaut, ein Panzer. Warum ist Jurema so verlegen, seit er da ist? Dessentwegen, was vor ein paar Stunden zwischen ihnen geschehen ist? Von irgendwo kommt das Wuschelhündchen gesprungen und hüpft und spielt zwischen Juremas Füßen, und in diesem Augenblick bemerkt Galileo Gall, daß die Hühner aus dem Zimmer verschwunden sind.
    »Ich habe nur drei gesehen, der, der ausgekommen ist, hat die Waffen mitgenommen. Epaminondas muß so bald als möglich benachrichtigt werden, die Sache kann ihm gefährlich werden. Kannst du mich auf das Gut führen?«
    »Er ist nicht mehr da«, sagt Caifás. »Sie haben es gestern gehört. Er sagte, er führe nach Bahia.«
    »Ja«, sagt Gall. Es hilft nichts, auch er muß nach Bahia zurück. Er denkt: Die Soldaten sind schon da. Er denkt: Sie werden Rufino suchen, sie werden die Toten finden, sie werden mich finden. Er muß fort, muß diese Trägheit abschütteln, diese Schläfrigkeit, die ihn hier festhält. Doch er rührt sich nicht von der Stelle.
    »Vielleicht waren es Feinde von Epaminondas, Leute des Gouverneurs Viana oder des Barons«, murmelt er, als spreche er zu Caifás, sagt es in Wirklichkeit aber zu sich selbst. Warum ist dann die Polizei nicht gekommen? Diese drei waren keine Polizisten. Vielleicht Räuber? Vielleicht wollten sie die Waffen für ihre Überfälle oder um sie weiterzuverkaufen.
    Jurema steht noch immer bewegungslos, den Kopf gesenkt, und einen Meter vor ihr, gleichbleibend gelassen, ruhig, ausdruckslos, Caifás. Das Hündchen springt, keucht.
    »Außerdem ist da ein seltsamer Umstand«, überlegt Gall laut, während er denkt, ich muß mich so lange verstecken, bis die Soldaten abziehen, und dann nach Salvador zurückfahren, undgleichzeitig denkt, daß das Expeditionskorps von Major Febrônio de Brito schon da ist, nur zwei Kilometer weit, und nach Canudos marschieren und diesen Keim

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