Der Krieg der Ketzer - 2
ausgelaugt, doch seine Miene verriet mehr als nur Müdigkeit. Seine dunklen Augen − Augen, die, so vermutete Cayleb, normalerweise immenses Selbstbewusstsein verrieten, sogar Arroganz – zeigten, dass er wusste, geschlagen worden zu sein. Und doch war sogar noch mehr darin zu lesen, und der Kronprinz kam zu dem Schluss, Merlin habe in dem Gespräch, in dem Cayleb ihm erklärt hatte, was ihm vorschwebte, wieder einmal recht gehabt. Nicht einmal dieser Mann, so selbstbewusst und willensstark er auch sonst sein mochte, war gegen den Ruf und die Aura des Armageddon-Riffs gefeit.
Und das würde das Gespräch, das an diesem Morgen anstand, nur noch interessanter gestalten.
»Ich bin gekommen, um Euch meine Kapitulation kundzutun, Euer Hoheit«, sagte Thirsk mit schwerer Stimme, als bereite ihm jedes Wort körperliche Schmerzen.
Er ließ die linke Hand sinken und ergriff das Schwert, das er am Gürtel trug – aber nicht am Griff, sondern an der Parierstange. Er zog es aus der Scheide, ignorierte die Tatsache, dass sowohl Falkhan als auch Merlin ihn mit Adleraugen beobachteten, und streckte es dann, das Heft voran, Cayleb entgegen.
»Kein anderer hat jemals mein Schwert entgegengenommen, Prinz Cayleb«, erklärte der Dohlaraner, als sich Caylebs Finger um das Heft schlossen.
»Es ist das Schwert eines Mannes, der es verdient hätte, einer würdigeren Aufgabe zu dienen«, gab Cayleb leise zurück. Kurz betrachtete er die Waffe in der Hand, dann reichte er sie Falkhan, der sie vorsichtig auf Caylebs Schreibtisch ablegte.
Der Kronprinz achtete sehr genau darauf, ob Thirsks Mienenspiel irgendetwas darüber verraten würde, wie der Dohlaraner über diese Bemerkung dachte. Er glaubte auch zu sehen, wie Thirsk die Lippen noch etwas mehr aufeinanderpresste, doch sicher war er sich nicht. Kurz wartete er ab, dann deutete er auf zwei Sessel, die am Esstisch schon bereitgestellt worden waren – einander gegenüber.
»Bitte nehmen Sie Platz, Mein Lord«, lud er seinen Gegner ein.
Er wartete, bis Thirsk sich in dem Sessel niedergelassen hatte, der ihm angewiesen worden war, bevor er sich ihm gegenüber setzte, und Merlin stellte sich, nun wieder in seiner Funktion als Leibgardist, schweigend hinter seinem Kronprinzen auf. Eine Karaffe mit Brandy stand auf dem Leinentischtuch, und der Prinz persönlich schenkte in jedes der beiden Gläser einen Schluck ein, dann bot er eines dieser Gläser Thirsk an.
Der Kommandant der dohlaranischen Flotte nahm es entgegen, wartete, bis Cayleb sein eigenes Glas gehoben hatte und nippte dann. Nach einem winzigen Schluck stellte er das Glas wieder auf den Tisch, und Cayleb lächelte, fast ein wenig ironisch, als er sein Glas dann ebenfalls abstellte.
»Ich bin ebenfalls gekommen, wie Euer Hoheit gewiss schon vermutet haben, um mich zu erkundigen, welche Kapitulationsbedingungen meine Flotte erwarten darf«, sagte Thirsk dann fast tonlos.
Cayleb nickte und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
Neunzehn der Galeeren unter Thirsks Oberkommando waren untergegangen oder abgebrannt. Drei weitere waren zu geborstenen, kaum noch schwimmfähigen Wracks zusammengeschossen worden, die es kaum noch bis an das Ufer geschafft hatten. Elf hatten die Flagge gestrichen, und acht waren unbeschadet an Land gefahren; dort war die Mannschaft dann geflüchtet. Und doch war ein Drittel von Thirsks Gesamtflotte noch geblieben, ebenso wie sämtliche Versorgungsschiffe. Und Cayleb hatte für diesen Sieg einen hohen Preis bezahlen müssen.
Die HMS Dragon war einer der brennenden Galeeren geradewegs in die Bahn geraten, nachdem die Ankertrosse der dohlaranischen Galeere durchgeschmort war. Das lodernde Wrack war genau auf die Galeone zugetrieben, und obwohl die Dragon sofort ihre eigene Verankerung gelöst und noch zu fliehen versucht hatte, war ihr das nicht rechtzeitig gelungen. Die beiden Schiffe schienen sich feurig zu umarmen, und beide hatten in diesem schwimmenden, tosenden Inferno den Tod gefunden – ein Inferno, das letztendlich auch noch zwei weitere von Thirsks Schiffen in den Untergang gerissen hatte.
Mehr als zwei Drittel der Besatzung der Dragon, einschließlich ihres Captains und fast aller Lieutenants – ein einziger hatte dieses Inferno überlebt – waren mit ihrem Schiff in den Fluten versunken, hatten den Tod gefunden, als das Magazin des Schiffes detoniert war, oder waren ertrunken, bevor man sie aus den Gewässern der ›Klippenstraße‹ hatte bergen können.
Abgesehen davon waren die
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