Der Krieg der Ketzer - 2
sich den Weg, ließ zahllose Kämpfer leblos zu Boden stürzen, seine saphirblauen Augen waren ohne jedes Mitleid, Katana und Wakizashi schleuderten Blut in alle Himmelsrichtungen, und wo Merlin auftauchte, verbreitete er Panik.
Und dann war es ihm irgendwie gelungen, auch die letzte Barriere zwischen sich und Haarahld zu überwinden. Er wirbelte herum, schaute in die Richtung, aus der er gekommen war, und einen langen, atemlosen Augenblick wagte nicht ein einziger der vierzig oder fünfzig Corisandianer, die immer noch das Achterkastell hielten, die Waffe gegen ihn zu erheben.
Hinter ihm sank Haarahld langsam auf das linke Knie und ließ das Schwert fallen, und Aplyn stellte sich vor seinen König.
»Holt ihn euch, ihr Narren!«, dröhnte eine Stimme, und Herzog Black Water bahnte sich seinen Weg durch die Reihen seiner noch überlebenden Enterer.
Seine Rüstung war verbeult und angeschlagen, er blutete aus einem halben Dutzend oberflächlicher Wunden. Von seiner Schwertspitze troff Blut, und in seinen Augen war schierer Wahnsinn zu erkennen, doch seine heisere Stimme verriet seine Entschlusskraft.
»Holt ihn euch!«, bellte er erneut und stürmte auf Merlin zu.
Seine Männer heulten auf und folgten ihm, stürzten sich geradewegs auf Merlin, und der Seijin entfesselte einen regelrechten Wirbelsturm aus todbringendem Stahl. Dabei schien er sich überhaupt nicht zu bewegen. Seine Füße schienen an den blutigen Decksplanken wie verwurzelt, und nicht ein einziges Mal blinzelte er auch nur.
Ein Augenblick Zeit blieb Black Water noch zu begreifen, dass er es hier mit etwas zu tun hatte, was all seine Kampfeserfahrungen überstieg, und dann stürzte auch er unter Merlins gnadenlosem Stahl auf das Deck. Mindestens ein Dutzend seiner Männer wurden von den gleichen Klingen in den Tod gerissen. Die meisten hatten nicht einmal mehr Gelegenheit zu schreien. Sie waren wie eine Flutwelle, die gegen einen Felsbrocken brandete, nur um unter seiner unnachgiebigen Stärke zu Gischt zu zerbersten.
Niemand konnte zu Merlin vordringen und diesen Augenblick überleben, und nach zehn Sekunden unerbittlichen Blutvergießens zogen sich die Überlebenden entsetzt zurück und starrten die Brustwehr aus corisandianischen Leichen an, die Merlin vor dem verwundeten König von Charis errichtet hatte. Hektor Aplyn spürte, dass irgendetwas seinen Unterschenkel berührte.
Den Säbel zum Schlag erhoben wirbelte er herum, doch dann erstarrte er. Es war die Hand seines Königs gewesen, die ihn berührt hatte, und entsetzt riss er die Augen auf, als er die Blutlache sah, die sich rings um seinen Regenten immer weiter ausbreitete.
»Euer Majestät!«
Der Junge fiel auf die Knie, suchte hektisch nach der Wunde des Königs, doch Haarahld schüttelte nur den Kopf. Die Bewegung wirkte entsetzlich schwach.
»Es tut mir leid, Euer Majestät!«, schluchzte der junge Midshipman und ignorierte völlig das Blut, das aus seiner eigenen Wunde quoll. »Es tut mir leid! Ihr hättet mich nicht aus dem Weg ziehen dürfen!«
»Unfug«, gab der König zurück. Seine Stimme wurde immer schwächer, als ihn die Lebenskraft nach und nach verließ, als das Blut immer weiter aus der tiefen Wunde in seinem Oberschenkel pulsierte. »Es ist die Pflicht eines Königs, für seine Untertanen zu sterben, Master Aplyn.«
»Nein!« Aplyn schüttelte den Kopf.
»Doch«, widersprach Haarahld. Erstaunlich, dachte er gleichzeitig. Er hatte überhaupt keine Schmerzen mehr, nicht einmal im Knie. Zumindest keine körperlichen Schmerzen, und nun streckte er den Arm aus, der unmöglich, widernatürlich schwer geworden war, und legte ihn um den schluchzenden Jungen, der neben ihm auf den Knien lag. Um dieses Kind, das ihm so wichtig geworden war … und dem er vielleicht noch einen letzten Dienst würde erweisen können, wie es sich für einen König geziemte.
»Doch«, flüsterte er und beugte sich vor, bis seine Stirn die Aplyns berührte. »Doch, das ist es. Und ist es die Pflicht eines Untertanen, seinem neuen König zu dienen, Hektor. Werden Sie das für mich tun?«
»Ja«, flüsterte der Junge tränenerstickt. »Jawohl, Euer Majestät.«
»Es war mir … eine Ehre … Master Aplyn«, murmelte Haarahld Ahrmahk, und dann schloss er die Augen. Reglos sackte er gegen Aplyn, und der Junge schloss ihn in die Arme, legte die Wange auf die Schulter seiner Rüstung und schluchzte.
April, im Jahr Gottes 892
.I.
Königlicher Palast, Tranjyr
Die Miene König Gorjahs III. war
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