Der Krieg der Ketzer - 2
vier oder fünf Fünftage Zeit haben, den Segeldrill hinter sich zu bringen, bevor sie den Feind erreichen – und noch mehr Drill an den Geschützen.«
»Das ist wohl wahr.« Kurz dachte Merlin darüber nach, dann drehten sich beide gleichzeitig wieder zum König herum.
»Ich denke, wir können von dreißig ausgehen, Euer Majestät«, erklärte Merlin dann.
»Gegen schätzungsweise einhundertsechzig Galeeren«, gab Gray Harbor zurück.
»Wenn man nur die Zahlen miteinander vergleicht, klingt das übel«, stimmte Haarahld zu. Gray Harbor schaute ihn ungläubig an – wenngleich mit der gebotenen Höflichkeit –, und wieder stieß der König ein Schnauben aus. »Also gut«, gestand er dann ein. »Das klingt übel, weil es übel ist. Aber nicht so übel, wie es ausschaut. Entweder funktioniert dieses ganze neue Konzept, das wir uns zurechtgelegt haben, oder es funktioniert nicht. Und wenn es funktioniert, sind das die besten Bedingungen, die wir kriegen können. Und vergesst nicht das Überraschungsmoment.«
»Das wohl«, warf nun Bischof Maikel ein. »Wie Ihr bereits angemerkt habt, Euer Majestät, führt Überraschung leicht zu Panik. Wenn die Galeonen hinreichend viel Schaden anrichten können und eine entsprechende Panik auslösen, dann ist es sehr gut möglich, dass die ›Südstreitmacht‹ beidreht, selbst wenn sie noch nicht vernichtend geschlagen ist. Und dann können die Galeonen in die heimatlichen Gewässer zurückkehren und Euch gestatten, die gesamte Schlagkraft Eurer Flotte gegen die ›Nordstreitmacht‹ einzusetzen.«
»Angenommen, unsere eigenen Galeeren können mit denen überhaupt lange genug ›Fangen‹ spielen, bis die Galeonen tatsächlich zurückkehren«, gab Gray Harbor zu bedenken. Der Bischof schaute ihn an, und der Erste Ratgeber lächelte verschlagen. »Ich war selbst einmal Marineoffizier, Eure Eminenz, und jeder Marineoffizier weiß, dass das erste Gesetz des Krieges lautet: ›Wenn etwas schiefgehen kann, dann wird es auch schiefgehen.‹«
»Das wohl«, gab Haarahld zu. »Aber dieses Gesetz trifft auf beide Seiten zu.«
»Das ist wohl wahr«, räumte Gray Harbor ein.
»Ich muss da doch irgendetwas auf der Spur sein, wenn Sie zu solch einem Eingeständnis bereit sind, Rayjhis!«, sagte der König und lachte. Dann schüttelte er den Kopf und blickte sich, jetzt wieder völlig ernsthaft, in der Ratskammer um.
»Ich bin mir sicher, dass es noch viele Einzelheiten gibt, die wir weiter werden verfeinern müssen«, sagte er, »aber ich habe darüber nachgedacht, wie wir gegen Dohlar ankommen sollen, seit Merlin uns davor gewarnt hat, dass Trynair mit Rahnyld Kontakt aufgenommen hat. Ich bin davon überzeugt, dass dies wirklich die bestmögliche Vorgehensweise ist. Und ich bin auch davon überzeugt, dass es unerlässlich ist, unsere Captains und unsere Mannschaften so zuversichtlich und motiviert wie nur irgend möglich zu halten. Vor allem, da durchaus die Möglichkeit besteht, dass es sich herumspricht, wie in Wirklichkeit der Rat der Vikare hinter all dem hier steckt – was immer das auch verraten mag. Selbst die Unerschrockensten werden zumindest einige Skrupel entwickeln, wenn sie glauben, Mutter Kirche sei zu dem Schluss gekommen, unser Reich müsse vernichtet werden.
Und wenn man das im Hinterkopf behält, dann ist es, so denke ich, nicht nur notwendig, sondern sogar unerlässlich, dass ich persönlich das Kommando über unsere Galeerenflotte übernehme. Oh …« – er vollführte eine abwehrende Handbewegung, als Gray Harbor sich in seinem Sessel sichtlich anspannte, »… ich weiß sehr wohl, dass seit meiner eigenen aktiven Zeit in der Navy Jahre vergangen sind, Rayjhis! Ich werde gar nicht erst versuchen, tatsächlich das taktische Kommando zu übernehmen. Das überlasse ich Bryahn – deswegen ist er ja schließlich High Admiral! Aber es wird wichtig sein, die Leute wissen zu lassen, dass ich bei ihnen bin, ob wir diesen Kampf nun überstehen oder nicht.«
»Euer Majestät, falls Euch irgendetwas zustoßen sollte …«, warf Gray Harbor ein, doch der König schüttelte den Kopf.
»Wenn es uns nicht gelingt, diesen Zusammenschluss der Streitkräfte zu besiegen, und zwar wirklich entscheidend zu besiegen, dann ist alles aus, Rayjhis«, sagte er leise. »Wir müssen uns zumindest weitere sechs Monate erstreiten, oder ein Jahr – besser noch zwei oder drei Jahre! –, um weitere der neuen Schiffe in Dienst zu stellen. Wenn es unseren Leuten hilft, besser und effektiver
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