Der Kugelfaenger
Ohr.
Der andere kriegt kein Wort heraus und nickt stattdessen hastig.
„Gut, gut. Dann sag mir jetzt mal: Was genau hast du hier zu suchen?“
„Ich … ich … Ich wollte mich hier nur-“
Tom hält ihm den scharfkantigen Stein an den Hals. „Was wolltest du nur?“, hakt er nach.
Der andere keucht. „Ich wollte mich hier nur umsehen.“
„Soso. Umsehen.“ Tom verstärkt den Druck seines Knies. „Wolltest du einbrechen?“
„Was?“ Der Fremde scheint entsetzt zu sein. „Nein, nein, ich sagte doch, ich wollte …“
Tom drückt ihm den Stein fester gegen die Haut seines Halses. Plötzlich steht Evelyn neben ihm. „Lassen Sie ihn doch ausreden“, sagt sie.
„Gehen Sie weg!“, sagt Tom. „Gehen Sie zurück ins Haus!“, kommandiert er.
„Aber Sie wissen doch gar nicht, was er hier will“, widerspricht sie ihm.
„Eben deswegen sollen Sie von ihm Abstand halten!“, herrscht er sie an.
Sie macht keine Anstalten, das zu tun, was Tom von ihr verlangt. Sie bleibt stur stehen und wickelt sich in ihren Bademantel.
Sie bringt ihn zum rasen, aber er ignoriert sie einfach.
„Also: Wer bist du?“ Tom drückt ihm drohend das Knie fester gegen die Wirbelsäule. Würde er seinen Druck noch mal erhöhen, würde er dem Eindringling mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Wirbel brechen.
„Ich bin Polizist!“, winselt der andere.
Tom kneift seine Augen zusammen. Soll das vielleicht ein fauler Trick sein?
„Kannst du das beweisen?“
„Mein Ausweis“, sagt er nur.
Tom geht darauf ein, obwohl er sehr skeptisch ist. „Wo ist der Ausweis?“
„In meiner rechten hinteren Hosentasche.“
„Sehen Sie nach“, befiehlt er Evelyn.
Sie zögert kurz, dann geht sie auf die andere Seite herum und während Tom den Fremden immer noch mit eisernem Griff festhält, fasst Evelyn in dessen rechte hintere Hosentasche und zieht eine ramponierte braune Brieftasche aus Leder heraus.
„Und?“
„Moment“, sagt sie knapp und klappt die Brieftasche auf. Dann zieht sie etwas heraus und zieht im nächsten Moment die Luft scharf ein. „Ich glaube, Sie werden ihn wieder loslassen müssen“, sagt sie mit seltsamer Stimme. „Er ist tatsächlich Polizist.“ Sie hält ihm den Dienstausweis von Police Sergeant Frank Greyson entgegen.
Tom starrt sie zuerst an, als wollte er prüfen, ob sie Witze macht. Dann lässt er den mit dem Gesicht im Gras liegenden Frank los.
„Oh Scheiße“, zischt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Laut sagt er: „Entschuldigen Sie. Das tut mir wirklich leid. Ich wusste nicht … Haben Sie sich verletzt? Möchten Sie sich vielleicht setzten?“
„Oh nein, nein. Das ist nicht nötig. Und Rückenschmerzen habe ich ja sowieso.“ Greyson lacht belustigt und steht wieder auf.
Wenn Tom an seiner Stelle gewesen wäre, dann hätte er das alles nicht so locker genommen. Er hätte dem anderen die Hölle heiß gemacht.
Frank Greyson ist ein kleiner, dürrer Mann um die fünfzig. Er hat schütteres Haar, das an den Schläfen schon silbrig schimmert. Seine Augen bleiben nie länger als zwei Sekunden an einem Ort, sondern hüpfen unentwegt hin und her, sodass man sich ständig fragen muss, mit wem er jetzt eigentlich spricht. Aber dann kann er einen durch seine dicken Brillengläser auch wieder so intensiv anstarren, dass man sich am liebsten wegdrehen würde. In seinem viereckigen Gesicht wirkt einfach alles unpassend: Die breite Nase, die großen Augen und der schmale Mund. Er ist so unattraktiv wie ein Teesieb.
„Möchten Sie etwas trinken?“, fragt Evelyn Frank Greyson. Ihr ist das alles mega peinlich.
Er lehnt dankend ab. „Und das braucht Ihnen gar nicht unangenehm zu sein“, sagt er an Tom gewand. „Ich weiß, dass man sich nachts nicht einfach so in fremden Gärten herumschleichen sollte.“ Er massiert sich den Nacken. „Aber eigentlich bin ich nur hier, um mir das hier alles ein bisschen näher anzusehen.“ Er macht mit seinen Armen eine ausholende Geste, die das ganze Haus samt Grundstück einschließt.
„Hat O’Connell Sie abkommandiert?“ Toms Stirn überziehen nachdenkliche Falten.
Frank Greyson lacht und probiert es mit der Wahrheit. „Na ja, ganz freiwillig bin ich nicht hier.“
„Sind Sie wegen den Drohbriefen hier?“ Evelyn sieht ihn interessiert an.
„Unter anderem“, sagt Frank unbestimmt. Dann sieht er Tom an, der ihn immer noch mit einer gewissen Skepsis mustert. „Ich soll Sie unterstützen, wenn Sie mich brauchen.“
„Und woher rührt
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