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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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gefasst, von entführt bis vergiftet.
    „In ihrem Zimmer“, sagt Catherine und wagt es nicht, ihm in die Augen zu sehen.
    „Und was macht sie da?“
    „Sie schläft.“
    „Sie
schläft
??“
    „Ja.“
    „Haben Sie irgendetwas dazu zu sagen?“, meint er und kommt sich dabei so vor, wie der strenge Richter, der zum Angeklagten spricht und hätte beinahe gesagt, ‚Haben Sie zu Ihrer Verteidigung etwas zu sagen?’
    „Es tut mir so leid“, sagt sie und Tränen treten in ihre Augen, „aber ich habe ihren Wecker ausgeschaltet, damit er nicht klingelt und sie weckt. Ich wollte doch nur, dass sie zu Hause bleibt.“ Die Tränen laufen ihr über die faltigen Wangen und sie wischt sie mit dem Handrücken weg. „Ich weiß, dass es falsch ist. Es tut mir so schrecklich leid!“ Sie schluchzt.
    Tom gibt ihr ein Taschentuch und legt ihr tröstend einen Arm um die Schulter. Jetzt fühlt er sich ziemlich mies.
    „Vielleicht sollten wir sie aufwecken“, schlägt er vor, als sich Catherine wieder einigermaßen beruhigt hat.
    „Ja. Ist vielleicht besser.“ Dann lässt sie sich am Tisch nieder.
    Tom stellt sich unten an die Treppe und brüllt nach oben, sodass es sogar noch die Nachbarn am anderen Ende der Straße hören müssen. „Evelyn! Guten Morgen! Aufstehen!“ Dann lauscht er. Catherine lauscht auch. Nach ungefähr einer halben Minute erhält er die Antwort.
    „Was wollen Sie?“, kommt es gedämpft aus Evelyns Schlafzimmer.
    „Sie haben verschlafen, Evelyn. Sie müssen aufstehen und sich beeilen“, ruft er nach oben.
    Für ein paar Sekunden ist es ganz still im Haus. Doch dann ist oben ein Poltern zu hören und Evelyn taucht total aufgeregt an der Treppe auf. Sie hat Hotpants und ein Top an und ihre Haare stehen ihr in alle Richtungen kraus vom Kopf ab.
    „Verdammt! Wir haben verschlafen!“, ruft sie nach unten und ist im nächsten Moment schon wieder verschwunden, aber nur, um sich einen Kamm zu holen.
    „Tante Catherine?“, ruft sie und stürmt die Treppe nach unten. „Wo ist Mr. – Ah, da ist er ja schon“, sagt sie, als hätte sie Tom erst jetzt bemerkt. „Beeilen Sie sich“, sagt sie zu ihm, ohne dass ihr auffällt, dass er ja eigentlich schon fertig ist.
    Sie stürmt ins Wohnzimmer. Dann kommt sie mit ihrer Handtasche zurück. Unvermittelt bleibt sie im Flur stehen und sagt: „Ich bin mir sicher, dass ich meinen Wecker gestellt habe. Er war aber aus. Das ist schon komisch.“ Sie schüttelt den Kopf und joggt die Holztreppe wieder nach oben.
    Catherine geht an die unterste Stufe der Treppe und grübelt einen Moment lang. Dann sagt sie: „Evelyn?“
    „Was ist?“, kommt die Antwort ihrer Nichte gereizt zurück.
    „Das mit dem Wecker, Evy, das war ich“, sagt sie sehr vorsichtig. Oberhalb der Treppe ist es kurz still. Dann taucht Evelyns Gesicht auf. Mittlerweile hat sie sich eine Hose angezogen.
    „Was?“
    „Ich habe deinen Wecker ausgeschaltet“, sagt Catherine schuldbewusst.
    Evelyn klappt der Mund auf. „
Du
?“ Sie klingt ungläubig.
    „Ja“, sagt ihre Tante schnippisch. „Ich wollte nicht, dass du weggehst. Ich will nicht alleine sein.“
    „Du bist nicht alleine, verdammt! George wollte doch rüberkommen!“, schimpft sie ungehalten.
    Tom verzieht sich in die Küche und setzt noch einmal Kaffee auf, um aus der Schusslinie zu sein.
    „George, George! Immer dieser George! Der hängt mir zum Hals raus!“, kreischt Catherine zurück. „Du hast mir versprochen, dass wir eine andere Lösung finden!“
    „Werd’ du erst wieder normal!“
    Damit hat sie Catherine schwer getroffen. Man kann direkt mit ansehen, wie sie zuerst zusammenzuckt und dann innerlich in sich zusammenfällt.
    Evelyn weiß, dass sie damit zu weit gegangen ist und bereut ihren Satz sofort wieder. „Ach, Tante Catherine, das war nicht so gemeint …“
    Catherines Augen funkeln schwarz. „Natürlich war das so gemeint“, faucht sie finster. „Du hast es
genau
so gemeint, wie du es gesagt hast.“
    Evelyn verdreht ungeduldig die Augen. „Tante Catherine …“
    „Aber weißt du, das was ich will, das ist dir doch im Grunde völlig egal.“
    Evelyn platzt der Kragen und ihr ganzer Frust entlädt sich in ihren Worten. „Jetzt reicht’s mir aber!“, schreit sie ihre Tante an. „Selbstverständlich ist es mir
nicht
scheißegal, was du willst! Aber ich kann auch nicht ständig auf
deine
Wünsche Rücksicht nehmen. Ich habe schließlich auch noch ein Leben!“
    „Ja, ein Leben, das größtenteils aus

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