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Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition)

Titel: Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Stunden später war Oxford, auch wenn er nicht mehr in seinem demolierten Anzug steckte, eine anständige Mahlzeit eingenommen und ein großes Glas Brandy getrunken hatte, in einem nahezu katatonischen Zustand versunken. Sein Blick war starr auf die Wand gerichtet, das Weiße rings um die Iris trat deutlich hervor. Seine Kiefermuskeln zuckten spastisch. Er hatte Beresford nur wenig erzählt, einzig, dass keines der Mädchen der Battersea Brigade ein regenbogenförmiges Muttermal hatte.
    Nichtsdestotrotz war sich der Marquis so sicher, wie er nur sein konnte, dass eine von ihnen in nicht allzu ferner Zukunft ein Mädchen mit einem ebensolchem Mal zur Welt bringen würde.
    Dann musste er seine Suche eben auf die nächste Generation konzentrieren.

Die Schlacht von Old Fort und ihre Folgen
    Aller Glaube ist falsch, aller Glaube ist wahr:
    Wahrheit ist der zerbrochene Spiegel,
    in Myriaden Splitter geborsten,
    während ein jeder glaubt, in dem seinen läge das Ganze.
    SIR RICHARD FRANCIS BURTON

Beresford erzählt den Fortlauf der Geschichte
    Zeit! Berichtiger, wo unser Urteil irrt.
    LORD BYRON
    E s dauerte fast vier Monate, bis er wieder zu Sinnen kam«, sagte Henry de La Poer Beresford. »Wobei ›zu Sinnen‹ wohl etwas optimistisch ausgedrückt ist, denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Zeitreisende bereits den größten Teil seines Verstandes eingebüßt.«
    Er stützte sich auf die Fingerknöchel und lief schwankend um den Bankettisch, während er sprach. Und jedes Wort seiner kehligen, gutturalen Rede drang an Sir Richard Francis Burtons Ohr, der versteckt über ihm auf der Galerie lag.
    »Wir vereinbarten, uns am 25. September 1843 erneut zu treffen. Er verschwand, und während der nächsten drei Jahre überwachte ich die Battersea-Mädchen, ihre Ehen und die daraus folgenden Kinder. Zu dieser Zeit machte es mein Ruf bereits unmöglich, mich den Familien zu nähern, und ich schaffte es nicht herauszufinden, welche der Töchter das Muttermal trug.
    Das sagte ich Oxford drei Jahre, nachdem er verschwunden war, was zu einem solchen Wutausbruch führte, dass ich nicht überrascht gewesen wäre, hätte ihn der Schlag getroffen. Eine ganze Nacht lang schrie und tobte er. Dann verlangte er, ich sollte die Kinder im Auge behalten und gab mir zu verstehen, er würde erst in achtzehn Jahren wiederkommen, also am 25. September diesen Jahres, wenn die Battersea-Töchter erwachsen und alt genug wären, um mit ihm seinen Vorfahren zu zeugen.«
    »Der fünfundzwanzigste war gestern!«, rief Schwester Nightingale.
    »Ja«, bestätigte Beresford. »Seine Entscheidung war ein harter Schlag für mich, denn mittlerweile hatte ich beschlossen, den wahnsinnigen Kerl loszuwerden und mir seinen Anzug selbst anzueignen. Ich versuchte ihn zu überreden, früher zu kommen – verdammt, ich habe ihn praktisch angefleht, aber er hat kategorisch abgelehnt und behauptet, das sei nichts als die unnötige Verschwendung der nachlassenden Kräfte seines Anzugs.
    Als er genau diesen Raum hier dort drüben durch die Verandatür verließ, rannte ich in den Salon, nahm eine Pistole aus der Vitrine und machte wieder kehrt. Ich wollte ihn noch auf dem Rasen erschießen. Doch ich kam zu spät, er war bereits verschwunden.
    Während der folgenden Jahre habe ich die Battersea-Familien nie aus den Augen verloren, aber ich gebe zu, nachdem die Libertins sich aufgespalten und die neu entstandene Aufrührerbewegung an Einfluss gewonnen hatte und meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, schien mir die ganze Oxford-Angelegenheit mehr und mehr wie ein Traum. Hatte ich wirklich einen Mann aus der Zukunft beherbergt? War er vielleicht eine Halluzination gewesen, hervorgerufen durch den Alkohol?
    Achtzehn Jahre sind eine lange Zeit, das Gedächtnis spielt einem Streiche, Zweifel lassen die Vergangenheit in anderem Licht erscheinen. Offen gesagt, ich erwartete nicht, Edward Oxford jemals wiederzusehen, und nach einer Weile kümmerte es mich auch nicht mehr. Er verblasste zu einem Symbol, einem Ideal des ›transnaturalen Menschen‹, frei von den Fesseln der Gesetze, des Anstands und der Moral. Er war Spring Heeled Jack! Ein Mythos. Eine Schreckensgestalt. Ein Hirngespinst!
    Dann kam es zur Katastrophe. Vor zwei Jahren, im März 1859, brach ich mir bei einem Reitunfall das Genick. Man nahm an, ich würde sterben. Diese Nachricht hast du, Isambard, aufgeschnappt und Miss Nightingale zu mir geschickt. Sie hat mich aus dem Krankenhaus geholt, in dem ich lag, und mit

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