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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hatte eine Anzahl von Kundschaftern zur Hand, die durch die feindlichen Linien hindurch in Zaragoza eindrangen. Sie berichteten, daß die Stadt mehr als einmal fast entblößt war, und daß sie mit verhältnismäßig geringen Mitteln eingenommen werden konnte. Der zentrale Generalstab wurde auf diese Sachlage immer wieder hingewiesen; er lehnte aber jede Offensive ab und weigerte sich, die nötigen Anweisungen zu geben und die Mittel für eine Offensive bereitzustellen. Für die Befehlshaber an der Aragon-Front war und blieb die Haltung des Generalstabs unverständlich.
    Ricardo Sanz 3

    Aus dem Tagebuch eines Landpfarrers
    Bei Ausbruch des Bürgerkrieges war ich Pfarrverweser in Aguinaliu in der Provinz Huesca. Es war mir schon seit der Proklamation der Republik klar, daß die Angehörigen der Kirche bei vielen Leuten nicht sehr beliebt waren. Sie nannten uns »die Raben«. Nach der berühmten Rede von Companys, die ich im Radio hörte, hatte ich das Gefühl, daß es bald zu Priesterverfolgungen kommen könnte. Und obwohl mir die Leute im Dorf wohlgesonnen waren, kam der Tag, an dem ich fliehen mußte. Das war der 27. Juli. Ich sah, wie ein Auto voller bewaffneter Jugendlicher auf dem Marktplatz hielt. Da wartete ich nicht länger, setzte mich auf mein Motorrad und verschwand in die Berge.
Das erwies sich als eine gute Idee, denn die Milizsoldaten kamen in alle Dörfer und nahmen die Pfarrer fest. Viele von ihnen wurden ohne jedes gerichtliche Urteil erschossen oder in den Fluß geworfen. Daran waren meist die lokalen Komitees schuld, die den Milizen schwarze Listen aushändigten. Auf Grund dieser Listen wurden die Leute hingerichtet. Einmal kam ich an eine Straßensperre vor dem Dorf Barbastro, und dort wurde ich angehalten. Ich setzte alles auf eine Karte und behauptete, ich sei Chauffeur der Volksmilizen. Ich überschrie einfach alle, die mich anschrieen. So kam ich sogar zu einem Paß als Chauffeur. Dann machte ich mich sobald wie möglich aus dem Staub. Nun war ich nicht nur ein Pfarrer auf der Flucht, sondern eigentlich sogar ein Deserteur... Ich fuhr unter mancherlei Abenteuern nach Candasnos. Das ist mein Geburtsort. Ich schlich mich in das Haus meiner Familie. Glücklicherweise war der Vorsitzende des Dorfkomitees ein guter Kerl.
Aber allmächtig war er nicht; gegen die bewaffneten Trupps konnte er sich nicht durchsetzen. Jemand muß mich angezeigt haben, also wurde ich verhaftet. Mein Freund vom Komitee konnte erreichen, daß ich nicht auf der Stelle erschossen, sondern vor Gericht gestellt wurde. Timoteo, so hieß er, schubste mich einfach auf den Balkon des Rathauses, vor dem sich das ganze Dorf versammelt hatte, und er fragte die Leute, was mit mir geschehen sollte. Es gab ein großes Geschrei. Die Einwohner des Dorfes, von denen viele linken Organisationen angehörten, sprachen sich dafür aus, daß ich nicht umgebracht werden sollte. Das war das ganze Gerichtsverfahren. Aber damit war ich noch nicht in Sicherheit; denn die Fremden im Dorf, die bewaffnet waren, wollten sich nicht damit zufriedengeben, daß ich frei herumlief. Da entschloß sich Timoteo, mit Durruti in Bujaraloz zu sprechen. Ihm war der ganze Abschnitt unterstellt.
Durruti sagte ihm: »Hör zu, wenn du den Mann in Sicherheit bringen willst, wird dir nichts anderes übrigbleiben, als ihn hierher zu meiner Kolonne zu bringen.«
Es war inzwischen Mitte August. Wir fuhren nach Bujaraloz, und ich wurde Durruti vorgeführt. Er fragte mich: »Was ist dir lieber? Willst du nach Hause gehen, oder willst du hier bei der Kolonne bleiben?« »Habe ich denn die Wahl?« »Natürlich. Nur eines will ich dir ganz offen sagen. Wenn du abhaust, wird dich eine von diesen Gruppen, die tun und lassen was sie wollen, früher oder später umbringen. Soviel Glück wie diesmal wirst du nicht immer haben.
Wenn du hier bleibst, bist du wenigstens in Sicherheit, das garantiere ich dir.« Natürlich entschied ich mich dafür, in die Kolonne einzutreten. Durruti sagte mir, er brauche einen Schreiber. Er führte mich sofort in die Schreibstube, wo bereits ein rothaariges Mädchen saß. »Die wird dir helfen. Aber faß ihr nicht unter die Röcke«, sagte er. Von da an führte ich die Mannschaftslisten der Kolonne und trug die neuankommenden Freiwilligen ein. Natürlich erkannte mich bald der eine oder andere, aber niemand wagte es, etwas gegen mich zu sagen, weil es sich schnell herumgesprochen hatte, daß ich unter Durrutis Schutz stand.
    Jesus Arnal Pena 1

    Ein

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