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Der Kuss der Göttin (German Edition)

Der Kuss der Göttin (German Edition)

Titel: Der Kuss der Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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Augen finden sein Gesicht. Er sieht mich direkt an und die Entschlossenheit in seinem Blick erschreckt mich.
    Lähmt mich. Meine Gliedmaßen sind aus Stein. Er kommt weiter auf mich zu, seine Schritte sind lang und gemächlich. Als er weniger als sechs Meter von mir entfernt ist, reiße ich mich endlich aus meiner Reglosigkeit. Das Klappern meines Handys, das auf den Gehweg trifft und zerschellt, ist mir egal. Ich wirble herum und laufe davon.
    Ich weiß nicht, wohin, ich weiß nur – es ist weg von ihm .
    Doch dann setzt Geschrei ein.
    Ich reiße die Augen auf, und die Zeit scheint langsamer abzulaufen, als ich mich umschaue und ein dunkelblaues Auto gegen Quinn knallen und ihn einen Augenblick gegen die Wand drücken sehe. Einen endlosen Augenblick lang. Dann dringt ein scharfes Knacken an meine Ohren, füllt meine Welt, die Wand gibt nach und begräbt Quinn in einem Haufen zerbrochener Backsteine.
    Das Letzte, was ich sehe, bevor meine Welt sich zu drehen beginnt, ist ein bekanntes Gesicht. Das Gesicht, das bedeutet, dass sie uns wieder gefunden haben.

K apitel 26

    I ch wache in gemütlicher Dunkelheit auf, schwebe langsam aus einem Nebel in Sicht einer orangefarbenen Sonne, die durch einen Himmel von Ästen an beinahe kahlen Bäumen dringt. Ich brauche ein paar Sekunden, bis mir wieder einfällt, wo ich bin.
    Reese’ Auto. Quinn. Benson. Quinn!
    Durch den schläfrigen Schleier hindurch versuche ich mich zu erinnern, was passiert ist. Was passiert ist, nachdem …
    Nachdem das Auto Quinn erwischt hat.
    Nachdem das Auto Quinn getötet hat.
    Das kann er auf keinen Fall überlebt haben.
    Die Szene schießt mir durch den Kopf: das zerbeulte Auto, bedeckt mit Ziegelsplittern, die Motorhaube verschluckt von einem klaffenden Loch in der Ziegelmauer.
    Zwing mich nicht, es zu sehen. Ihn. Das Blut.
    Ich kneife die Augen zu und schiebe die Erinnerung von mir. Versuche, das letzte Mal zu vergessen, als ich von Blut und Tod umgeben war. Ich drücke die Tür auf, brauche unbedingt frische Luft, kämpfe dagegen an, mich aufs Polster zu übergeben.
    Zum Glück pocht mein Kopf, als ich die Tür aufdrücke und die Beine hinausschwinge, nicht wie damals, als ich nach dem Flugzeugabsturz aus dem Koma aufgewacht bin.
    Diesmal habe ich wirklich nur geschlafen.
    Ich kann aufstehen, aber es ist mühsamer, als es sein sollte. Mein Körper ist vollkommen ausgelaugt, als sei ich die letzten drei Tage auf einen Berg gestiegen. Es fühlt sich an wie die ersten Wochen nach dem Flugzeugabsturz, als selbst einfache Bewegungen Aufgaben von herkulischen Ausmaßen waren.
    Ich denke nicht gerne an diese Tage.
    Ich schlinge die Arme um mich und schaue mich um. Benson. Wo ist er? Ist er hier? Ich bin sicher nicht selbst gefahren.
    Es dauert noch ein paar Sekunden, doch dann erinnere ich mich. Benson, der mich auf die Beine zieht und wegschleppt, bevor die Polizei da ist.
    Und noch etwas, das ich gesehen habe … Jemand. Jemanden, den ich kannte.
    Dann war da die Hysterie. Vollkommen außer Kontrolle, als zöge jemand an meinen Marionettenfäden. Tränen, verzweifelte Worte, als ich Benson von Quinn erzähle. Die harte Linie von Bensons Mund. Er, wie er mich in den Wagen drängt und seinen Mantel über mich drapiert.
    Dann nichts mehr.
    Ich schaudere bei der schrecklichen Erinnerung. Ich bin immer noch müde, aber wenigstens fühle ich mich wie ich selbst. Ich will nie wieder jemand anderes als ich selbst sein.
    Ein Geräusch reißt mich aus meinen Gedanken. Ich höre Benson, sehe ihn aber nicht. Wir haben irgendwo in einer fremden Gegend am Straßenrand gehalten, und ich finde Benson schließlich hinter einem Baum, wo er telefoniert.
    Streitet.
    Ich trete näher, versuche, Worte aufzuschnappen, aber er unterbricht sich ständig, als rede jemand auf ihn ein.
    »… nicht, was wir besprochen haben. Aber …« Ich sehe, wie er sich mit der Faust an die Hüfte schlägt. »Ich verstehe«, sagt er ein paar Sekunden später, dann legt er auf, ohne sich zu verabschieden.
    »Wer war das?« Meine Stimme klingt quietschend.
    Benson wirbelt mit einem Luftschnappen herum und seufzt auf, als er mich sieht. »Mach nächstes Mal ein bisschen Krach, ja?«, sagt er mit einem schwachen Grinsen.
    »Tut mir leid.« Es klingt lahm, aber was soll ich sonst sagen? »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, Mitbewohnerkram«, sagt er und deutet auf das Telefon.
    Ich nicke. Ich weiß nicht, was er meint, und mein Hirn ist immer noch zu benebelt, als dass es mir etwas ausmachen

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