Der Kuss Des Daemons
versprach, ihr zu sagen, dass sie mich jetzt wieder auf meinem eigenen Handy erreichen konnte, falls sie doch noch auf seinem anrief. Im Gegenzug nahm er mir das Versprechen ab, ihm Bescheid zu geben, sollte sie sich binnen der nächsten beiden Stunden auch bei mir nicht melden, denn dann würde er dafür sorgen, dass ich trotz allem einen schönen Abend hatte.
Für einen kurzen Moment hielt er noch meine Hand - mehr wagten wir auf offener Straße nicht -, dann stieg ich in meinen Wagen. Wie jedes Mal wartete Julien, bis ich den Motor angelassen hatte, dann sah ich im Rückspiegel, dass auch er davonfuhr.
Ella war erstaunt, dass ich von meinem Ausflug mit meinen Freundenschon zurück war, und fragte besorgt, ob alles in Ordnung sei und ob sie mir etwas zu essen machen solle. Als ich ihr sagte, dass ich mich nur schnell umziehen und dann gleich wieder fortgehen würde, war sie sichtlich beruhigt, wünschte mir noch viel Spaß mit meinen Freunden und kehrte vor den Fernseher zurück.
Oben in meinem Zimmer machte ich mich sofort auf Suche nach meinem Handy. Wie erwartet steckte es in der anderen Jacke. Tatsächlich hatte Susan mich angerufen und mir eine Nachricht hinterlassen. Sie freute sich riesig, dass ich doch noch kommen würde - auch ohne Julien -, und ich sollte um acht beim Ruthvens sein. Ein Blick auf die Uhr offenbarte mir, dass das vor ziemlich genau einer halben Stunde gewesen war. Ich versuchte noch einmal sie zu erreichen, jedoch mit dem gleichen Erfolg wie zuvor. Wahrscheinlich hatte Susan im Ruthvens gar keinen Empfang. Einen Augenblick überlegte ich, ob ich nicht besser einfach Julien anrief, um den Abend trotzdem mit ihm zu verbringen, entschied dann aber, wenigstens zum Ruthvens zu fahren und zu sehen, ob ich die anderen nicht doch noch dort treffen konnte. Wenn ich sie nicht fand, konnte ich auf dem Rückweg immer noch bei Julien vorbeifahren.
Als ich ins Bad ging, fiel mir Juliens Warnung ein, ich solle mich vom Ruthvens fernhalten. Ich zögerte. Ob ich ihn anrufen und ihm sagen sollte, wo ich mich mit Susan und den anderen treffen würde?
Ich verscheuchte den Gedanken. Was konnte schon geschehen? Susan würde dort sein, zusammen mit Beth, Neal, Ron, Tyler, ihrem Bruder Mike und noch einigen anderen Leuten aus unserer Stufe. Außerdem war das Ruthvens stets zum Bersten voll. Zugegeben, es lag nicht in der allerbesten Gegend, aber ich hatte noch nie gehört, dass es dort irgendwelche Zwischenfälle gegeben hätte, außer vielleicht mal einer Rangelei, wenn jemand zu viel getrunken hatte. Und selbst die wurden von den Sicherheitsleuten gewöhnlich ziemlich schnell beendet. Es war nicht nötig, dass Julien sich Sorgen um mich machte, wenn ich ihn noch nicht einmal mitbringen durfte.
Entschlossen ging ich ins Badezimmer und legte ein wenig Make-up auf. Wimperntusche, ein dünner Strich Kajal, ein Hauch von Lidschatten und ein wenig Lipgloss genügten. Vor dem Kleiderschrank brauchte ich bedeutend mehr Zeit, während es vor meinem Fenster allmählich dunkel wurde. Schließlich entschied ich mich für ein paar ausgeblichene Röhrenjeans mit einem Strassornament auf einer Seite, eine Bluse, die ich bis zur Mitte offen ließ und unter die ich ein dunkles Spaghetti-Top zog, auf dem eine Blume glitzerte. Hochhackige Halbstiefel mit breitem Absatz - nicht zu hoch, ich hatte nicht vor, mir den Hals zu brechen - und meine kurze Jeansjacke vervollständigten mein Outfit. Geldbeutel und Ausweis steckte ich in die Innentasche meiner Jacke. Ich stellte sicher, dass ich dieses Mal mein Handy dabeihatte - und dass der Akku geladen war -, verabschiedete mich von Ella und fuhr zum Ruthvens. Leider hatte ich nicht daran gedacht, dass Freitag war. Erst drei Blocks entfernt fand ich in einer Nebenstraße einen Parkplatz. Jetzt musste ich mich noch mehr beeilen, immerhin war es schon fast Viertel nach neun. Die Nacht war ziemlich rasch hereingebrochen und der Himmel war mit Wolken bedeckt, die sogar den Mond verschluckten. Es war empfindlich kühl geworden und ich schlug den Kragen meiner Jacke in die Höhe, während ich schneller ausschritt. Autos glitten an mir vorbei und die wenigen Fußgänger, die mir begegneten, hatten es ebenso eilig wie ich, ihr Ziel zu erreichen.
Das Ruthvens lag in einer Seitenstraße, am Rand eines alten Industriegeländes. Schon von Weitem wummerten mir die Bässe entgegen. Kalte Windböen trieben eine leere Coladose an mir vorbei, als ich in die Straße einbog. Eine verlassene
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