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Der Kuss Des Daemons

Der Kuss Des Daemons

Titel: Der Kuss Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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flüsterte ich hilflos.
    Er trat ganz dicht vor mich. Seine Kleider wiesen kaum mehr als ein paar Schlammspritzer auf. Die Hand, mit der er mir das Haar aus dem Gesicht strich, war kalt. Er lächelte mich an. Ich starrte auf seinen Mund und vergaß zu atmen. Selbst als er mich unterm Kinn packte, meinen Kopf zu Seite bog und meinen Hals entblößte, konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Wie gelähmt stand ich da, unfähig zu denken oder auch nur zu zittern. Das Lächeln wurde zu einem Zähnefletschen und dann war sein Griff an meiner Kehle plötzlich verschwunden. Ich rutschte an dem Stahlträger zu Boden, als hätten sich meine Knochen schlagartig aufgelöst. Mein Verstand weigerte sich zu arbeiten. Vor mir rollten zwei dunkle Gestalten über den Boden, kamen auf die Beine und standen einander im Schatten eines Schuttberges geduckt gegenüber.
    Der Mann, der mich gejagt hatte, zischte etwas in jener anderen Sprache.
    Die Antwort meines Retters war kaum mehr als ein Grollen.
    Ich versuchte noch zu begreifen, wie es möglich war, dass seine Stimme wie Juliens klang, als der andere ein böses Lachen hören ließ und erneut etwas in höhnischem Ton sagte. In der nächsten Sekunde krachte der Mann unter dem Angriff meines Retters in den Schutt. Mühsam blinzelte ich, darum bemüht, mehr auszumachen als nur Schemen. Mit unheimlichem Knurren und Fauchen rollten sie über den Boden und kamen in einer der silbrigen Schlammpfützen zu liegen. Endlich erkannte ich auch den zweiten. Julien! Ich schrie, als der andere Mann ihn zu fassen bekam und seinen Kopf auf den Boden schlug. Julien bleckte die Zähne, krallte mit zur Klaue gekrümmten Fingern nach den Augen des Mannes, rammte ihm gleichzeitig das Knie in die Seite und stieß ihn von sich herunter. Hart landete der Kerl erneut im Schutt. Er versuchte hochzukommen, doch Julien war zu schnell über ihm, hieb ihm die Faust unters Kinn und nagelte seine Arme mit den Knien zwischen den Trümmern fest. Er sagte etwas in jener anderen Sprache. Dann packte er den Mann bei den Haaren und zog dessen Kopf in den Nacken, bis seine Kehle ungeschützt war. Der Mann fauchte und versuchte ihn verzweifelt abzuschütteln, doch Julien beugte sich mit gefletschten Zähnen so blitzschnell zu ihm hinab, dass die Bewegung mich an die einer Kobra erinnerte, die zubiss. Ich hörte ein markerschütterndes Heulen, das in einem entsetzlichen Gurgeln endete. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis Julien sich schließlich aufrichtete. Er packte den Kopf des Mannes mit beiden Händen, dann eine knappe Bewegung und ein harter Ruck, auf den ein Knacken wie von zerbrechendem Holz folgte. Mit einem Schlag war es bis auf mein viel zu hastiges Keuchen still.
    Die Zeit blieb stehen. Julien drehte sich langsam zu mir um. Über die Schatten hinweg starrte er mich an. In einer unbewussten Bewegung fuhr er sich mit dem Handrücken über die Lippen. Seine Augen waren wie glimmender, rot unterlegter Obsidian, umgeben von flüssigem Quecksilber. Mein Verstand verweigerte den Dienst, als etwas in mir begriff, was ich gerade gesehen hatte.
    Eine Sekunde später spannte er sich an. Er schien angestrengt auf etwas zu lauschen, was ich nicht hören konnte, ehe er rasch aufstand und auf mich zukam. Benommen beobachtete ich, wie er sich mir näherte. Alles war seltsam unwirklich. Dann war er über mir. In seinem Mundwinkel hingen die Reste einer dunklen Flüssigkeit. Wie eine Puppe ließ ich es geschehen, dass er mich am Kinn nahm und meinen Kopf sanft zur Seite drehte. Ich hörte, wie er die Luft ausstieß. Es klang geradezu erleichtert.
    Irgendwo rief jemand meinen Namen.
    Julien fuhr nach dem Geräusch herum, doch gleich darauf bohrte sein Blick sich in meinen. Dann war etwas Fremdes in meinem Kopf. Eine Stimme und ein Wirbel von Bildern. Es tat weh. Ich presste die Hände gegen meine Stirn und schloss stöhnend die Augen.
    »Dawn!« Es klang wie ein Schrei. »Hier! Hier ist sie! Ich habe sie gefunden!« Schritte patschten eilig durch den Schlamm. Ich wurde an den Schultern gepackt und geschüttelt. »Dawn, wach auf! Sag was! Rede mit mir!«, flehte jemand dicht neben mir. »Lieber Gott, Dawn! Komm schon!« Die Stimme wühlte sich durch die Dunkelheit in meinem Kopf. Sie bohrte und drängte, bis ich es schaffte, die Lider zu heben. Wann hatte jemand eine dicke Schicht Watte um meinen Verstand gewickelt? Über mir schwebte ein Schatten, der ein Gesicht sein musste.
    »Julien?«, fragte ich benommen. Warum war mir so kalt?

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