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Der Kuss des Greifen (German Edition)

Der Kuss des Greifen (German Edition)

Titel: Der Kuss des Greifen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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war nicht allzu schlimm, und er war schrecklich verliebt in sie. Natürlich hatte er weitere Frauen und viele Sklavinnen als Konkubinen, aber keine von ihnen hatte er zu seiner Königin erwählt. Noch nicht.
    Und an diesem Punkt sollte sie wie Osiris sterben und wiedergeboren werden. Zum Schutz gegen die Kälte des Flussnebels, der über die berühmten weißen Mauern von Ineb Hedj kroch, hatte man sie in ein Gewand gehüllt. Die Nacht war prächtig und wild wie der Wein in ihrem Blut, und sie hätte fröhlich und aufgeregt sein sollen. Stattdessen wurde sie von Unruhe und Verwirrung überschwemmt. Sie stand kurz davor, ein neues Leben zu beginnen und viel zu lernen. Sie, die noch nie mit einem Mann zusammen gewesen war, würde in der kommenden Nacht genau das erleben.
    Mit einem viel älteren Mann, dessen Atem nicht allzu schlimm war.
    Ihr eigener Atem blieb ihr im Halse stecken. Sie wollte … sie wollte irgendetwas. Sie wusste nicht, was es war, aber sie wollte es unbedingt. Die Welt war so fremd und so groß und von einer grausamen Schönheit. Sie wollte … sie wollte, dass ihre Seele wieder vor Staunen aus ihrem Körper flog, wie sie es damals getan hatte, als sie noch ein Kind gewesen war.
    Also sprach sie im Hof unter dem bleichen Lächeln des wachsenden Monds heimlich ihren ersten echten Zauber aus, während ihr betagter Priestervater und der Rest des Haushalts schliefen. Sie ersann die Worte für den Zauber und arbeitete sie sorgfältig aus. Außerdem brannte sie Weihrauch ab und brachte Atum und Bat und ganz besonders Amunet, der Verborgenen, Milch und Honig als Opfergaben dar. Und dann flüsterte sie diese ausgearbeiteten Worte mit ihrem Atem voll magischer Energie und spürte, wie sie sich zusammen mit dem Geruch des teuren Weihrauchs durch die Luft schlängelten.
    Ich danke den Göttern
    Den sichtbaren und den unsichtbaren
    Die sich durch alle Welten bewegen.
    Ich danke für ihre ewige Weisheit
    Und für das heilige Geschenk eines Herzenswunsches …
    Sicher wussten die Götter besser als sie, was sie mit dieser heißen, wunderschönen Trauer anfangen sollte, schließlich hatten diese Götter sie mit einer solch wilden, einsamen Seele erschaffen.
    Was hatte sie nur für ein Elend angerichtet. Ach. Tropfen rannen aus ihren dummen Augen. Sie schniefte, schlang die Arme um ihren Körper und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht.
    Dann fuhr ein Wind durch das Schilfrohr und die Gräser und trug den Geruch einer feurigen magischen Energie heran. Etwas kam auf sie zu. Seine Bewegungen waren ruhig, aber seine Gegenwart verbreitete absolute Stille in der nach Weihrauch duftenden Nacht. Am nahen Flussufer fauchte ein Krokodil, und dann ertönte ein Platschen, als es sich eilig davonmachte.
    Carling griff nach dem Kupfermesser, das sie zu ihren Füßen abgelegt hatte. Es war nicht klug, sich ungeschützt durch die Nacht zu bewegen, und selbst in den Hof hinter dem Haus ging sie niemals ohne Waffen. Ruhig, aber vorsichtig bewegte sie sich rückwärts auf die Tür zu.
    Im dünnen, zarten Licht des zunehmenden Monds erschien ein schwarzgekleideter Gott. Ein Gott, der behauptete, keiner zu sein, groß und mit goldenen Haaren und so stark gebaut, dass sein Ka , seine Lebensenergie, die Luft um ihn herum zum Kochen brachte.
    Carling starrte ihn an und ließ das Messer fallen.
    Seine lebendigen Farben waren nicht für die Nacht geschaffen. Am besten sah er im heißen, hellen Tageslicht aus. Kupfer, Gelb, Gold, Bronze und die leidenschaftliche Wärme seiner alterslosen Löwenaugen.
    Ja, das war es. Ganz genau so hatte sie es in Erinnerung. Ihre Seele schwang sich aus ihrem Körper und flog auf ihn zu.
    »Rune«, flüsterte sie. Ihr eigener Atum, der aus dem Wasser stieg, um auf seinen Schwingen zu den Sternen zu fliegen und die Welt zu vervollständigen.
    Beim ersten Mal hatte sie ihn lächelnd und verspielt gesehen. Beim zweiten Mal in mörderischer Wut. Und jetzt war es das magische dritte Mal, eine Vervollständigung in sich selbst. Drei Mal, eine Heka -Zahl. Auf seinem unheimlichen Gesicht lag besorgte Ernsthaftigkeit, doch dann, als er sie sah, hellte es sich auf und nahm einen völlig anderen Ausdruck an. Es war ein fremdartiger Ausdruck, der etwas damit zu tun hatte, wie Männer Frauen ansahen. Was er auch bedeuten mochte, er brachte ihr Herz zum Rasen, ihre Hände zum Zittern und ließ ihre Schenkel schwer und prall werden.
    »Khepri«, sagte er. Seine Stimme war tiefer und wilder, als sie sie in

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