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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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Sie schwang ihr blutbesudeltes Schwert.
    Thanatos trat vor. »Hier wird niemand umgebracht, außer von mir. Kann mir jetzt jemand erklären, was hier vor sich geht?!«
    »Ja, das kann ich«, sagte Sirona, die blutgetränkt in Aiolos’ Armen lag.
    »Was bist du denn?«, fragte Thanatos.
    »Celtillos’ Schwester.«
    »Du siehst aus wie ein ausgehungertes Eichhörnchen, das man vom höchsten Berg von Hellas geworfen und anschließend mit einem Dutzend Pferdewagen überfahren hat.«
    »Danke für das Kompliment, aber auf meinem Fell ist nur Harpyienblut.« Sirona deutete mit der Nasenspitze auf Ker. »Dieses Weib dort wollte sich meinen Bruder mit einem Liebeszauber gefügig machen. Sie sandte eine Dienerin aus, zu diesem Zweck eine Strähne seines Haares zu stehlen. Ich erwischte sie dabei und nötigte sie, stattdessen das Haar eines blonden Molossos’ zu ihrer Herrin zu bringen.«
    Ker schrie auf. Ihr Gesicht war wutverzerrt. »Das erklärt alles! Wenn man nicht alles selbst macht! Wenn diese Versagerin nicht bereits tot wäre, würde ich sie jetzt umbringen – langsam und qualvoll!«
    Thanatos hob eine Augenbraue. »Der Hund ist also durch deinen eigenen fehlgeleiteten Liebeszauber an dich gebunden. Interessant, dass dies sogar noch nach seinem Tode anhält.«
    »Das war ein Spezial-Zauber«, sagte Ker, die sich verzweifelt die Haare raufte.
    »Warum wolltest du Celtillos, den Boier, an dich binden?«, fragte Thanatos.
    »Weil du ein Versager bist«, sagte Ker hasserfüllt.
    »Cel ist ein Nekromant«, sagte die Nymphe mit dem geheimen Namen, »der erste von dieser Stärke seit über zehntausend Jahren. Er trägt die Magie des Schattenreichs in sich. Ich vermutete es, doch wollte ich mir erst selbst Gewissheit darüber verschaffen, bevor ich es dir sagen würde, Thanatos. Sie ist deine Schwester, ich jedoch nur deine Geliebte. Ich wollte keine Zwietracht oder Misstrauen zwischen euch säen.«
    Thanatos sah die Nymphe voller Hingabe und Liebe an. »Davon kann keine Rede sein, denn sie hat gegen mich intrigiert. Eines sei dir gewiss, Despoina: Du kommst für mich an erster Stelle. Soweit solltest du mir vertrauen. Du hättest keine Zwietracht gesät, doch ich wäre dieser Angelegenheit nachgegangen.«
    »Despoina? Ich dachte, ihr Name sei geheim?«, fragte Aiolos.
    »Das ist er auch«, sagte Thanatos. »Despoina ist nur ein Beiname. Ihr wahrer Name ist so geheim, dass sie ihn selbst nicht weiß.«
    »Ich bin also ein Nekromant. Daher kann ich die Toten sehen und hören«, sagte Cel.
    »Du kannst sie auch befehligen«, sagte Despoina. »Ker wollte sich deine Macht zunutze machen, denn zusammen mit ihrer, so hoffte sie, wäre sie mächtiger als Thanatos und würde sein Amt als oberster Totengott annehmen können. Sie ist zwar auch eine Totengöttin, doch keineswegs so bekannt wie er.«
    »Ich wollte nur das haben, was mir von Rechts wegen zusteht!«, sagte Ker. »Ich bin der gewaltsame Tod, der einzig wahre Tod. Thanatos ist zu sanft. Er ist nachsichtig wie eine alte Vettel!«
    »Kein Grund, mich zu beleidigen, Schwester. Du verwechselst Gerechtigkeit mit Sanftmut. Dein Hass und deine Machtgier machen dich blind, Ker.« Thanatos deutete auf die Toten. »Ihr Schatten, bringt sie zu Hades. Er wird entscheiden, was mit ihr geschehen soll.«
    Die Toten kamen auf Ker zu und umzingelten sie. Obwohl sie kreischte und sich wehrte, hatte sie keine Möglichkeit gegen die Übermacht, die sie zum Haus des Hades zerrte. Der Geisterhund trottete ihr hinterher. Gelegentlich leckte er ihr übers Bein oder das Gesicht, je nachdem was er gerade erwischte, woraufhin Ker erschauerte.
    »Kommt mit mir zu Hades, dem Herrn dieser Welt. Auch du, Ker«, sagte Thanatos.
    Morpheus, Despoina auf Areion, Cel, Lysandra, Ker und Aiolos mit Sirona auf den Armen folgten ihm. Lysandra fühlte Beklemmung angesichts der bevorstehenden Konfrontation mit dem Herrn des Schattenreichs. Konnte er noch beängstigender sein als sein Gefolgsmann Thanatos, der leibhaftige Tod?
     
     

Kapitel 23
     

     
     
    Das Haus des Hades war schwarz. Die bronzene Pforte wurde bewacht von dreizehn Schakalen. Im Vorgarten wuchsen Myrte, Schlafmohn, Lilien und Reseda von unwirklicher, beängstigender Schönheit, die Lysandra nur stumm bestaunen konnte. Thanatos führte sie ins Gebäude, durch dunkle, nach Weihrauch duftende Gänge und in einen Raum, wo Hades sie in scharlachrotem Gewand auf seinem Knochenthron sitzend erwartete. Der Platz zu seiner Linken war leer, was

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