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Der Kuss des Greifen

Der Kuss des Greifen

Titel: Der Kuss des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Morgan
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Du hast mir den Rang als Ältester abgelaufen, obwohl du gar nicht ihr richtiger Sohn bist. Du denkst doch nicht etwa wirklich, dass ich mir das gefallen lasse?«
    »Nerea hat mir niemals die Wahl gelassen. Bei Zeus, hätte ich diese gehabt, wäre sie gewiss anders ausgefallen.«
    »Ich habe genug von deinen Lügen und werde sie mir keinen Augenblick länger anhören. Doch denke daran: Irgendwann schlägt auch meine Stunde und dann wirst du darunter leiden, ein schwarzer Fleck auf meinem Leben zu sein.«
    Lysandra sah Damasos nach, wie er davonging. Was redete er sich ein? Warum verstand er sie einfach nicht? Doch sie konnte ihm die vollständige Wahrheit nicht sagen. Solange sie sich nicht vor ihm entblößte, würde er sie ohnehin nur der Lügen bezichtigen – und ersteres hatte sie gewiss nicht vor. Wenn er ihr keinen Glauben schenken wollte, so war dies sein Problem. Sie selbst hatte schon genügend eigene Schwierigkeiten.
     
    »Darf ich vorstellen«, sagte Hiram zu Lysandros und Cel, die neben Aiolos und Damasos standen. »Das ist Arishat, die Frau von Belzzasars verstorbenem Cousin und ihre Kammerfrau Inanna, auf der Reise nach Alis Ubbo. Sie sind in Karthago zugestiegen.« Hiram wandte sich an Arishat. »Dies hier sind Lysandros, Damasos Bruder aus Delphoí und Celtillos aus …«
    »Der Boier. Ich habe keine Heimat mehr«, vollendete Cel den Satz.
    Er sah wie immer umwerfend aus, fand Lysandra. Offenbar war sie nicht die Einzige, die das dachte, denn Arishat verschlang ihn geradezu mit ihren Blicken.
    Sie war eine auffallende Schönheit, neben der sich Lysandra unscheinbar vorkam. Auch war sie noch nicht alt, bestenfalls Mitte zwanzig. Ihr Kleid war von kostbarem Stoff und ihr Schmuck aus Gold und Edelsteinen in allen Farben glitzerte, dass Lysandra geradezu geblendet war. Der feine Seidenschleier, der ihr Haar bedeckte, diente wohl eher der Zierde. Mussten sich denn die karthagischen Frauen nicht bedecken?
    Arishats Kammerfrau mochte noch jünger sein als ihre Herrin, doch war sie nicht so schön wie diese und hielt ihren Blick im Gegensatz zu ihr züchtig gesenkt. Sie trug ein Tuch auf dem Kopf, welches ihr Haar verbarg. Neben ihr stand ein Diener, der ebenfalls Phönizier zu sein schien.
    »Sehr erfreut«, sagte Arishat mit einer rauchigen Stimme, die Bilder heraufbeschwor von einem mit feinen Tüchern verhangenen Schlafgemach, das erfüllt war von den Düften der Lust.
    Celtillos war nicht anzusehen, was er dachte, doch Damasos war eindeutig sehr angetan von der Sirene, die großes Interesse an dem Keltoi zeigte, obwohl sie allen Männern gleichzeitig schöne Augen machte.
    »Vor anderthalb Jahren wurde Arishat Witwe. Sie will jetzt zu ihrer Herkunftsfamilie ziehen. Womöglich gedenkt sie, sich neu zu verheiraten. Schließlich steht sie in der Blüte ihrer Jahre.«
    »Da hat meine Familie leider mitzureden.« Arishat tat einen verführerischen Augenaufschlag. »Meistens jedenfalls. Ich denke, dass diese Reise sehr anregend wird.«
    »Ich denke, ein etwas ruhigeres Leben wird dir guttun«, sagte Hiram, worüber Arishat nicht besonders erfreut wirkte.
    Sie wandte sich an Cel. »Würdet Ihr mir bitte das Schiff zeigen?« Wie selbstverständlich legte sie ihre Fingerspitzen auf seinen Unterarm.
    An Celtillos’ Seite stolzierte sie davon, gefolgt von ihrer Kammerfrau und einem Diener, die respektvoll Abstand hielten.
     
    Als nächstes erreichten sie Hippo, doch obwohl es sich um einen der größeren Häfen handelte, war der Aufenthalt dort nur kurz. Lysandra ging diesmal nicht von Bord, sondern fieberte der Weiterfahrt entgegen und wurde nicht enttäuscht.
    Mittlerweile mochte Lysandra das Leben auf der Tanith . Sie genoss es, wie ihr der Fahrtwind das Haar aus dem Gesicht wehte. Während der gesamten Reise hatte sie es sich nicht schneiden lassen. Dies würde sie erst nach der Rückkehr aus dem Totenreich wieder tun.
    Tief sog sie die Salzwasserluft ein. Vögel kreisten in der Höhe. Gelegentlich durchdrangen ihre Rufe das Brausen der schaumigen Gischt. Lächelnd ließ Lysandra ihren Blick über das aufgepeitschte Meer und die nebelverhangene Küste mit den emporragenden Felsen gleiten. Solange sie mit der Tanith das Mittelmeer bereisten, war die Küste meist in Sichtweite. Hiram fuhr für gewöhnlich tagsüber und legte über Nacht an einem Hafen an.
    Arishat, die ganz offensichtlich Interesse an Cel hatte, schien nicht darüber erfreut zu sein, dass er sich tagsüber zurückzog. Doch schließlich

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