Der Kuss Des Kjer
Speiseraum saßen die anderen Kjer am Tisch, in ein Würfelspiel vertieft, doch bei ihrem Eintritt blickten sie auf. Lijanas war dankbar dafür, dass Fadera anscheinend schon zu Bett gegangen war.
»Prinz Ahmeer ist in der Stadt. Sie«, er schüttelte Lijanas »hatte nichts Besseres zu tun, als direkt auf ihn zuzulaufen. Natürlich hat er sie entdeckt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er mit seinen Männern hier auftaucht. - Ecren, Levan: Sattelt die Pferde, macht alles bereit. - Brachan: Ich brauche dich oben.« Er zerrte sie die Treppe hinauf. Mit einem Ruck öffnete er die Tür zu ihrem Zimmer, schubste sie hinein. »Ich will keinen Laut hören! Zieht Euch um! Seid Ihr nicht fertig, bis ich wiederkomme, nehme ich Euch notfalls auch nackt mit. - Und wascht Euch das Blut aus dem Gesicht. « Er ignorierte den Schrecken in ihrer Miene, packte seine Satteltaschen und verließ den Raum. Lijanas starrte ihm nach. Plötzlich war sie wieder in einem Albtraum gefangen.
***
Ahmeer blickte auf den Armbrustbolzen in seiner Hand. »Und du bist dir ganz sicher?«
»ja, mein Prinz. Ich habe ihn erwischt. Und nicht nur gestreift. Seht den Bolzen an, er ist ganz mit Blut bedeckt. Ein Durchschuss. Auch wenn er es geschafft hat, uns in den Gassen abzuschütteln, kommt er nicht weit. Nach den Spuren, die wir gefunden haben, blutet er wie ein Schwein. Wir kriegen ihn. « Der Mann entblößte grinsend eine Zahnlücke. »Und du hast wirklich nicht die Heilerin getroffen?« »Bestimmt nicht, mein Prinz.« Ahmeer ließ den Bolzen in die Hand des Mannes zurückfallen. »Gut!
Beschafft euch Hunde und treibt ihn aus seinem Loch.«
*** 14 ***
Der Hufschlag der Pferde war ein dumpfes, unregelmäßiges Pochen zwischen den zerklüfteten Felsen. Ein Pfad war im Licht der drei Monde kaum zu erkennen, dennoch folgte Brachan ihm immer weiter in die Berge hinauf Er konnte die Hände der Heilerin an seinem Gürtel spüren, die sich an ihm festklammerte. Der Weg, den er gewählt hatte, war gefährlich. Bei jedem Galoppsprung konnten die Ashentai den Halt auf dem unwegsamen Boden verlieren und stürzen, doch wenn ihre Tiere den Aufstieg kaum bewältigen konnten, würden die Pferde der Nivard noch mehr Mühe haben. Auf einer schmalen Felsterrasse verhielt der grauhaarige Krieger seinen Wallach und blickte zurück. Tief unter ihnen bewegten sich mehrere Fackeln. Er sah sich nach Mordan um, der Ired schräg hinter ihnen zum Stehen gebracht hatte. Einen langen Moment musterte er den schwarzhaarigen Krieger eingehend, dann lenkte er sein Pferd neben dessen Stute.
»Hat es aufgehört?«, fragte er in ihrer Sprache.
»Nein.« Mordans Antwort klang tau. Brachan beugte sich im Sattel zur Seite und strich mit der Hand das Bein des anderen entlang, bis hinunter zum Steigbügel. Es war genau so, wie er befürchtet hatte. Das Leder der Hose war feucht und der Steigbügel schmierig von Blut. Ärgerlich bleckte er die Zähne. Sie hinterließen eine Fährte, der selbst ein blöder Spürhund hätte folgen können. Er packte den Saum von Mordans schwarzem Mantel und stopfte ihn unter seinen Oberschenkel, ohne auf sein scharfes Einatmen zu achten. Dann packte er Ireds Zügel und wendete beide Pferde in die Richtung, aus der sie eben noch gekommen waren. Nur wenn sie ein Stück auf ihrer eigenen Spur zurückritten und dann einen anderen Weg einschlugen, hatten sie überhaupt noch eine Chance, ihre Verfolger abzuschütteln.
Obwohl sie dadurch Zeit verloren und den Nivard wieder näher kamen, führte Brachan die Pferde so, dass sich ihre Fährte mehrfach kreuzte. Erst dann trieb er seinen Wallach einen steilen Felshang hinauf. Keuchend mühte das Ashentai sich mit kraftvollen Sprüngen vorwärts, bis zu dem Plateau, auf dem er es kurz ausruhen ließ, um auf Mordan und Ired zu warten. Der schwarzhaarige Krieger war im Sattel halb vornübergesunken und überließ es seiner Stute, sich ihren Weg zu suchen. Als Brachan ihn an der Schulter berührte, hob er den Kopf und nickte leicht. Noch konnte er weiter - aber sie wussten beide, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Antwort auf seine unausgesprochene Frage ein Kopfschütteln war.
***
Die Spur hatte sich zum zweiten Mal geteilt. Die Kjer hatten kaum eine Stunde Vorsprung gehabt, als er sich mit seinen Leuten an ihre Fersen geheftet hatte. Sie hatten ihre Fährte aus der Stadt heraus und ein Stück an den Salzzinnen entlang durch die Salzwüste verfolgt. Doch hinter einem scharfen Vorsprung
Weitere Kostenlose Bücher