Der Kuss Des Kjer
Schritte, hastig schloss Lijanas die Lider und stellte sich schlafend. Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, schüttelte sie leicht.
»Wacht auf, Heilerin! « Das war Brachans Stimme. »Wir brauchen Eure Hilfe! «
Überrascht öffnete sie die Augen. Der grauhaarige Krieger hockte auf den Fersen vor ihr, den Arm noch immer halb ausgestreckt, wie um sie ein zweites Mal wach zu rütteln, falls nötig. In seinem Gesicht stand eindeutig Sorge. Hinter ihm war Corfar damit beschäftigt, das Feuer neu anzufachen. Der träge aufsteigende Rauch wurde vom Nebel verschluckt.
»Was ist passiert?« Steif ließ sie sich von ihm aufhelfen.
»Levan ist krank! « Er wies zu dem Schlafplatz des jungen Kriegers, bedeutete ihr, ihm zu folgen. Ihre Hoffnung, er würde ihr die Fesseln abnehmen, wurde enttäuscht.
Lijanas Schritt stockte, als sie sah, dass Mordan am oberen Ende von Levans Lager kniete und seine Hände festhielt. Ecren kauerte in einer ganz ähnlichen Haltung über den Beinen des jungen Mannes. Der lag auf dem Bauch, sein Kopf war auf einige Decken gebettet, seine Felle eng um ihn geschlungen. Unruhig versuchte er, sich hin-und herzuwerfen. Als sie sich ebenfalls neben ihn kniete, lehnte der schwarzhaarige Krieger sich vor und sagte leise etwas auf Kjer zu Levan. Der hörte auf, gegen die Hände der Männer anzukämpfen, seine Lider hoben sich flatternd, sein fieberglänzender Blick fand Lijanas, ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen, aus seiner Kehle kam ein leises Seufzen, dann waren seine Augen wieder geschlossen.
»Was habt Ihr zu ihm gesagt?« Sie berührte Levans Stirn - glühend heiß!
»Dass Ihr Euch um ihn kümmern werdet.«
Lijanas nahm die Worte schweigend zur Kenntnis, während sie mühsam ihre Handgelenke gegeneinander verdrehte, um die Finger auf den Hals des jungen Kriegers legen zu können, dort, wo man das Pochen des Blutes spüren konnte. ja, um Levan werde ich mich kümmern. Aber wenn du hier liegen würdest ...
Sie schauderte bei dem Gedanken. Könnte sie wirklich so hartherzig sein? Hinter ihr sagte Brachan etwas in scharfem Ton in seiner Sprache. Mordan sah auf und antwortete ihm mit einigen scheinbar nicht minder heftigen Worten, dann: »Gebt mir Eure Hände, Heilerin! «
Ein wenig überrascht sah Lijanas von einem zum anderen, gehorchte aber und der dunkle Krieger löste die Fessel von ihren Gelenken. Sie schnappte nach Luft, als das Blut schmerzhaft in ihre Finger zurückfloss. Wie weh es tun würde, wenn er ihr die Riemen später wieder anlegte, mochte sie sich gar nicht vorstellen.
Sie verdrängte den Gedanken und legte die Finger erneut auf Levans Hals, lauschte mit den Fingerspitzen auf das Klopfen unter der brennenden Haut. Es war viel zu schnell! »Seit wann geht es ihm so schlecht?«
»Ecren konnte ihn nicht zu seiner Wache wecken. Da haben wir bemerkt, dass er fiebert. Wann es ausgebrochen ist ... ?« Mordan hob die Schultern und lehte sich erneut vor, da Levan keuchend etwas hervorstieß. Als er antwortete, klang seine Stimme beruhigend. Was er sagte, konnte Lijanas wieder nicht verstehen. Die Stirn in Falten gelegt, setzte sie sich zurück.
»Wisst Ihr, ob er irgendwo verletzt ist?«
Anstelle einer Antwort hob der schwarzhaarige Krieger behutsam die Felle von Levans Schultern und bis zu seiner Hüfte hinunter. Das goldene Fell auf dessen Rücken war dunkel von Schweiß, deutlich konnte sie mehrere Wunden sehen, die nicht größer als Kupfermünzen waren und in wütendem Rot leuchteten. Eiter glänzte in ihnen.
» Die Krallen der Seelenfresser haben die Eisenringe zerbrochen und sind durch sein Kettenhemd hindurchgegangen.«
Lijanas unterdrückte ein erschrockenes Luftholen, beugte sich über den jungen Krieger und betrachtete die Verletzungen eingehend. Schwacher Verwesungsgeruch ging von ihnen aus.
»Levan sagte, Ihr hättet meinen Arzneikasten aus der Stadt mitgebracht ... ?«
Mordan nickte, knurrte einen Befehl, woraufhin Ecren seinen Platz über den Beinen des Kranken verließ und einen Moment später mit ihrem Arzneikasten zurückkam.
Sie dankte ihm mit einem raschen Lächeln, dann öffnete sie den Kasten und suchte hastig jene Kräuter heraus, die gegen Wundfieber halfen. Wenn sie nur gewusst hätte, wie sie die Verletzungen selbst behandeln sollte ... Kein Wundbrand konnte sich so schnell ausbreiten, und der Verwesungsgeruch ... Etwas war seltsam - beinah, als würde das Fleisch zu einem schon seit Tagen verrottenden Leichnam gehören.
Nein! Allein
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