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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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trotzdem Wert auf Bewegungsfreiheit legt.« Sie tupfte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Obwohl ich versucht bin, mir Shorts zu schneidern, wenn es noch heißer wird.«
    »Shorts?«, wunderte sich der vierte Bruder.
    Kelly klopfte sich mit einer Hand auf die Mitte ihres Oberschenkels. »Hosen, die nur bis hier reichen – ihr würdet sie als Unterhosen tragen, aber in unserer Welt sind sie ein praktisches Sommerkleidungsstück sowohl für Männer als auch für Frauen.«
    »Ich glaube, mein ältester Bruder hätte einiges dazu zu sagen, wenn du mit so etwas ankämst«, erwiderte Evanor mit seinem klangvollen Tenor.
    Kelly schnaubte, als sie sich erhob und sich die cremefarbene Seide unter den Arm klemmte. »Warte nur, bis ich mir einen Bikini für den Strand mache. Dann bekommt er einen Herzanfall.«
    Evanor griff nach der grauen Seide und folgte ihr aus dem Lagerraum heraus. Sie stiegen die Treppe hinunter. Durch eines der offenen Fenster wehte der erstickte Aufschrei eines Mannes zu ihnen herüber, gefolgt von dem einer Frau. Der Grund dafür war nicht schwer zu erraten, der Unterton, der in den beiden Stimmen mitschwang, sagte alles.
    Evanor errötete ein wenig. »Na, wenigstens zwei von uns sind in diesen Tagen glücklich.«
    Kelly starrte ihn an, dann brach sie in prustendes Gelächter aus und wischte sich über die Augen. »O je, ich sollte wirklich dir und den anderen gegenüber mehr Taktgefühl an den Tag legen«, entschuldigte sie sich, als sie das nächste Stockwerk erreichten und auf die Nähkammer zusteuerten. »Aber ich konnte mir das Lachen einfach nicht verkneifen.«
    »Sabers Strophe der Prophezeiung hat sich mit dem Eintreffen der Mandariter und der Entführung meines Zwillings erfüllt«, stellte Evanor sachlich fest, doch bei den letzten Worten erstarb sein Lächeln. »Aber Wolfers ihm vorbestimmtes Schicksal scheint sich wesentlich leichter ertragen zu lassen.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen«, nickte Kelly, als sie die Kammer betraten und ihre Last zu einem der Arbeitstische trugen. Dann schüttelte sie den Kopf. »Alys ist erst gestern hier aufgetaucht – wie konnte er sich nur so schnell für sie entscheiden? Im Vergleich dazu hat Saber bei mir eine Ewigkeit gebraucht.«
    »Wolfer war schon immer so. Schnell wütend, schnell entschlossen.« Er hing lächelnd den Erinnerungen eines jüngeren Bruders nach. »Als wir jung waren, hat ihn das natürlich ständig in Schwierigkeiten gebracht, aber inzwischen hat er gelernt, sein Temperament zu zügeln und keine übereilten Entscheidungen mehr zu treffen. Meistens jedenfalls.«
    Kelly griff nach dem bestickten Maßband, das sie sich angefertigt hatte und das in Zoll maß statt in den kleineren Maßeinheiten der Kataner, die irgendwo zwischen einem Zoll und einem Zentimeter lagen. Sie holte das Schnittmuster, das sie an diesem Morgen mit Kohlestift gezeichnet hatte, und begann abzumessen, wie viel Stoff sie für Alys’ Kleider brauchen würde. »Aber andererseits haben sie sich ja wohl schon vor eurer Verbannung lange und gut gekannt. Ich glaube, Alys war schon immer in ihn verliebt. Manche Frauen sind so: ein Blick, ein kurzer Moment, und sie wissen, dass sie den Richtigen gefunden haben.«
    »Oder in deinem Fall ein Knurren, und du wusstest, dass du den Richtigen gefunden hattest.«
    »Ha, ha, sehr komisch. Außerdem«, fügte Kelly ohne jeden Sarkasmus hinzu, »knurrt Saber nicht, er grunzt eher. Wolfer knurrt. Mein Mann hat keine so tiefe James Earl Jones-Stimme.«
    »James, Earl of Jones?«, wiederholte Evanor.«Ich kenne keine Grafschaft, die von einer Familie Jones verwaltet wird.«
    Kelly brach erneut in Gelächter aus. »Nein, nein … ich sehe, dass ich dir doch noch einige Dinge erklären muss, Ev. James Earl Jones, Barry White, Brian Blessed. Wenn Morganen in Stimmung ist, könnten wir vielleicht versuchen, durch seinen Fernsichtspiegel jemanden zu beobachten, der in meiner alten Welt gerade eine CD hört oder sich ein Video ansieht, dann weißt du, was ich meine. Aber jetzt lass uns mit diesen Hochzeitskleidern anfangen – ich mit den Hosen, und du misst zehn Yards von der Seide ab und färbst sie ein.«
    »Wie Eure Majestät befehlen«, erwiderte Evanor mit einer spöttischen Verbeugung.
     
    »Aha, ihr lebt also doch noch!«, grinste Trevan, als Wolfer und Alys gemeinsam den Esssaal betraten.
    Alys lief rot an, Wolfer warf seinem Bruder einen warnenden Blick zu. Er geleitete sie zu ihrem Platz rechts von

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