Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
Stirn. »Aber du hast mir doch gesagt, dass du ihn verloren hattest, bevor König Arthur den Heiligen Gral fand.«
Seine Stimme klang ausdruckslos. »Ich wurde … hinters Licht geführt. Eine Frau namens Nimue hatte so getan, als ertrinke sie. Wenn ich sie retten und ans Ufer bringen wollte, musste ich meinen Stab beiseitelegen. Als ich ihn zurückholen wollte, hatte ihn ihr Helfer Gareth bereits gestohlen. Er hat ihn sofort zu Trendonis gebracht.«
Er sprach zwar ohne Bitterkeit, aber sie spürte eine tiefe Wunde, die bis in sein Innerstes reichte.
»Und du hast dich auf die Suche nach Trendonis gemacht?«, drängte sie.
»Ich habe tausendfünfhundert Jahre gebraucht, um ihn schließlich auf Ehro zu finden. Er und die Stämme haben meinen Stab benutzt, um ihre Foltermaschine anzutreiben.«
Tausendfünfhundert Jahre. Vivianne war eine Meisterin darin, langfristige Ziele zu formulieren, doch selbst sie konnte sich nicht vorstellen, so lange nach jemandem zu suchen.
»Und was ist aus Trendonis geworden?«
Enttäuschung erfüllte seine Stimme. »Ich hätte ihn auf Ehro beinahe erwischt, aber er ist geflohen. Bei der Göttin habe ich geschworen, den Mann, der meine Welt vernichten konnte, aufzuhalten.«
Trendonis war fast genauso alt wie Jordan. »Sind die Stämme denn unsterblich?«
»Nein. Sie können im Kampf getötet werden – zumindest konnten sie das, bevor sie den Gral besaßen.«
»Aber wie können wir denn noch gewinnen, wo doch die Stämme den Gral besitzen?«, fragte sie.
»Wir stehlen ihn. Sobald wir ihn in unserem Besitz haben und aus ihm trinken, werden wir nicht mehr im Kampf sterben, wie schwer unsere Verletzungen auch sein mögen.«
»Unsterblichkeit könnte die mächtigste Verteidigungswaffe aller Zeiten sein.«
»Genau.« Jordan drehte sich auf die Seite. Er machte ein niedergeschlagenes und ernstes Gesicht, ließ ihre Hand aber nicht los. »Wenn ein Soldat auf der Erde sein höchstens hundert Jahre währendes Leben riskiert und stirbt, so ist dieser Verlust nicht so groß wie der eines Soldaten aus den Stämmen, der noch Tausende von Jahren leben könnte.«
»Dagegen ließe sich aber einwenden, dass jeder Tag im Leben umso wertvoller wird, je kürzer es ist«, erwiderte sie und fragte sich, warum sie nicht die Kraft hatte, ihre Hand unter den kleinen Kreisen wegzuziehen, die sein Daumen darauf beschrieb.
»Vielleicht.« Als er bemerkte, dass sie seinen Liebkosungen zusah, zuckte er zusammen. Es war fast so, als hätte er sie unbewusst gestreichelt und würde erst jetzt erkennen, was er da tat. Er zog seine Hand weg. »Aber trotz ihrer kriegerischen und beherrschenden Natur haben die Stämme Schwierigkeiten damit, Soldaten anzuwerben. Das ist auch der Grund dafür, dass sie einen Planeten zerstören, wenn er sich ihnen nicht einfach unterordnet.«
»Wenn Trendonis jetzt den Heiligen Gral besitzt, kann er seinen Soldaten versprechen, dass sie an ihren Wunden aus der Schlacht nicht sterben werden.«
»Und er wird sich vor Rekruten kaum retten können«, fügte Jordan hinzu.
»Wie gut kennst du Trendonis?«, fragte sie.
»Er ist furchtlos. Und böse.«
»Hat er jemals eine Rüstung mit drei Pferden als Wappen getragen?«
Jordans Blick durchdrang sie. »Das war König Arthur Pendragons Wappen. Warum fragst du danach?«
»Als ich mittelalterliche Geschichte studierte, habe ich Hinweise auf diese drei Pferde gefunden.«
»In Arthurs Wappen befanden sich drei Pferde.«
Wenn Jordan König Arthurs Wappen kannte, dann musste er tatsächlich so alt sein, wie er behauptete. Oder aber … er hatte sich sein Wissen über König Arthur lediglich angelesen.
Aber er vermochte sich in eine Eule zu verwandeln und besaß einen Stab, der die Draco antrieb. Wenn seine Kenntnisse korrekt waren, dann stellten sie einen weiteren Hinweis für die Richtigkeit seiner Geschichte dar. Vivianne würde bei der ersten Gelegenheit den Computer danach befragen und herausfinden, ob seine Behauptungen der Wahrheit entsprachen. »Also lebt Trendonis noch?«
»Ich werde ihn vernichten.« Jordan sprach zwar mit ausdrucksloser Stimme, doch seine Augen hatten eine aufgewühlte, tiefblaue Färbung angenommen.
Sein privater Rachefeldzug dauerte zwar schon länger als tausend Jahre, sie erkannte allerdings, dass er noch kein Jota an Entschlossenheit verloren hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass er sein gesamtes Volk verloren hatte, konnte sie ihm das auch nicht vorwerfen.
Doch ein Leben, das nur der Rache geweiht
Weitere Kostenlose Bücher