Der lächelnde Henker
gleichzeitig und auch Wolfgang C. Bischoff.
Oliver schrie: »Aber da sind wir verloren!«
»Hier auch!« brüllte Jürgen Fleischberger zurück. Sie mußten sich innerhalb der folgenden Sekunden entscheiden, denn der Henker war bereits verdammt nahe herangekommen. Wenn er die nächsten beiden Schritte hinter sich hatte, dann konnte er schon zuschlagen. Niemand traute sich, an ihm vorbei und auf den Ausgang zuzuhetzen. Einen oder zwei von ihnen würde der Henker sicherlich erwischen, deshalb blieb ihnen nichts anderes übrig als sich von einem Risiko in das nächste zu stürzen. Und sie beeilten sich.
Plötzlich hielt es keinen mehr an seinem Platz. Anke Witte wurde von Oliver Roos überholt, der sich duckte und in den Gang als erster eintauchte.
Jürgen Fleischberger hielt Anke fest. Er bekam einen gewaltigen Schreck, als er sah, daß sich Oliver Roos einem anderen Schachteingang zuwandte und schon fast darin verschwunden war.
»Oliver! Zurück!« schrie Jürgen. »Wir müssen zusammenbleiben!«
Roos stand sofort still. Sein Gesicht war verzerrt. Tränen hatten nasse Spuren auf der Haut hinterlassen. Der Mund bebte, er schaute auf die anderen, die der Reihe nach in einer Öffnung verschwanden, mehr taumelnd als gehend.
»Oliiiii!«
Dieser letzte Schrei des Jürgen Fleischberger machte Roos mobil. Er hatte nur ein paar Yards zu überwinden, stieß sich ab, stolperte aber über seine eigenen Beine und fiel hin.
Oliver schrie vor Angst.
Diesen Schrei hörte auch Jürgen Fleischberger. Der junge Mann hatte die anderen schon vorgeschickt, er selbst wartete noch, hatte sich umgedreht und sah den Freund am Boden liegen.
Hinter ihm hob sich drohend und unheimlich die düstere Gestalt des Henkers ab.
In diesen schrecklichen Momenten wuchs Jürgen Fleischberger über sich selbst hinaus.
Er wußte selbst nicht, wie er es fertigbrachte, aber er streckte seinen Arm aus, die Finger fanden den Haarschopf des Freundes, der nächste Arm folgte, eine Hand krallte sich in Olivers Schulter fest, und unter Aufbietung aller Kräfte zog Jürgen Fleischberger seinen Freund zu sich in die Höhle.
Er hätte es wahrscheinlich nicht geschafft, wenn Oliver ihn nicht unterstützt hätte. Roos stieß sich mit den Füßen ab, die Spitzen zogen Streifen über den schmutzigen Boden, und er gelangte genau im letzten Moment in das Innere des Schachts.
Das Beil war bereits unterwegs.
Die Klinge pfiff durch die Luft, sie hätte Olvier getroffen, so aber verfehlte sie ihn knapp und schlug gegen das Gestein, wo sie nicht nur eine breite Furche hinterließ, sondern auch einen Funkenregen entstehen ließ. Der Henker hatte sehr viel Wucht hinter seinen Schlag gelegt. Er konnte die Kräfte nicht mehr ausbalancieren und wurde nach vom geschoben, wobei er auf die Knie fiel.
So blieb er hocken.
Während Oliver Roos voller Panik an Jürgen Fleischberger vorbei zu den anderen hinkroch, starrten sich Jürgen und der Henker an. Für ein, zwei Sekunden versank die Welt um den jungen Mann aus Deutschland. Er schaute nur in die grausamen Augen dieser mordgierigen Bestie, die da vor ihm hockte.
Die Angst steigerte sich.
Auf einmal wurde Jürgen klar, daß der Henker nicht aufgegeben hatte. Nein, beileibe nicht, er würde ihnen folgen und sie der Reihe nach holen. Als Jürgen dies klar wurde, da begann er zu schreien. »Du verdammte Mordbestie!« brüllte er. »Was willst du denn noch? Du hast doch zwei von uns getötet! Laß uns in Ruhe, wir haben dir nichts getan!« Seine Stimme kippte über, endete in einem Schluchzen. Jürgen senkte den Kopf und spürte Hände an seiner Hüfte.
»Komm, Jürgen, komm!« Es war Walter Lichs zittrige Stimme, die er vernahm. »Wir müssen weiter!«
Fleischberger hob den Kopf. Er hörte die Reaktion des Henkers auf seine Worte.
Kichern, Lachen. Leise und grausam…
Dann nahm er einen Stein, den er unter seinen Händen fühlte, und schleuderte ihn auf cien Henker zu.
Er traf auch. Irgendwo an der Brust der Bestie prallte er ab, und der Henker stieß ein tiefes Knurren aus, das an den Laut eines Tieres erinnerte.
Jürgen Fleischberger aber folgte dem Rat des Freundes. Er zog sich zurück.
Das war auch nötig, denn der Henker zog ein wenig den Kopf ein, kam auf die Füße und verschwand geduckt durch die Öffnung des Ganges. Keiner, der den Festplatz der Hexen entweiht hatte, sollte ihm entkommen.
Keiner…
***
Wir hatten unsere Taschenlampen mitgenommen und hielten sie nun eingeschaltet in den Händen.
Der
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