Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
ein Opfer.
Greco war guter Dinge. Das Bild würde ihm nicht nur in seinen Kreisen zu Ruhm verhelfen. Er wusste, dass sich sein Name weiter verbreiten würde, und zwar weit über den kleinen Kreis von Graffitikünstlern hinaus, die seine Größe anerkannten. Er war wieder da, und er gedachte, noch lange im Rampenlicht zu verweilen. Greco war klar, dass ihm nur noch wenige Stunden blieben, um das Bild fertigzustellen. Aber es würde ihm gelingen, dessen war er sich sicher. Ein warmes Gefühl der Aufregung breitete sich in ihm aus, als er sich Tausende von Autofahrern vorstellte, die im morgendlichen Stoßverkehr zum oberen Rand der Tunneleinfahrt hinaufblicken und das Kunstwerk, sein Kunstwerk betrachten würden. Mit ein bisschen Glück würden mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen verstreichen, ehe die Graffitireinigung in Aktion trat. Ein letzter Blick auf die Skizze, dann hob sich sein rechter Arm ein paar Dezimeter vor die graue, grobe Granitfläche.
Er lächelte.
Der Zeigefinger drückte auf den kleinen, weißen Plastikknopf.
In dem Moment, in dem das Gas die dunkelblaue Farbe aus der Dose drückte, starb Greco.
Der Körper wurde gegen die Bergwand geschleudert und blieb einige Sekunden lang vornübergebeugt an den Felsen hängen. Dann glitt er langsam auf den Rand zu. Fünfzig Meter weiter unten donnerte ein Lastwagen nach dem anderen mit einem dumpfen, aber deutlichen Brummen in den Tunnel.
Auf der kleinen Grasfläche blieb nur eine Tasche mit einem weißen Puma darauf zurück.
V o llkommene Stille. Die Atmung langsam, kontrolliert. Der Mund fast geschlossen. Die Minuten verstrichen. Dann erhob sich die Person, die geschossen hatte, klappte die Waffe zusammen, legte sie routiniert in die Tasche und ging ihrer Wege. Die Schritte der schwarzen, elastischen Schuhe waren, obwohl sie sich über Laub und Äste bewegten, fast lautlos. Der Schütze legte mit geschmeidigen Bewegungen die fast fünfzig Meter zum Pfad unterhalb des Bootlagerplatzes zurück. Die Tasche hing auf dem Rücken, der grüne Umhängegurt lag fest über der Brust an. Der Gurt war so eingestellt, dass keine losen Enden, keine Metallteile irgendwo anstoßen konnten.
K leine, kleine Pünktchen, vielleicht Sommersprossen, über die blasse, fast durchsichtige Haut verstreut. Die Hand. Seine Hand? Sie bewegte sich auf die Brust zu, schien vor ihm zu schweben. Weiter und weiter weg. Warum konnte er die Brust nicht erreichen? Die dunkle Brustwarze war steif, das konnte er erkennen. Die Brust wurde größer, wuchs über das Gesichtsfeld hinaus, verbarg sich aber hinter seiner Hand. Obwohl es nicht seine Hand war. Es war überhaupt keine Hand. Eine Klaue, eine schwarze Klaue. Sie näherte sich der weißen, straffen Haut. Die kleinen Pünktchen schienen zu wachsen, ineinanderzufließen. Die Brust war nicht mehr weiß, sie war dunkel, fast schwarz. Und wieder weiß. Die Klauen. An den Fingerspitzen glänzten Rasierklingen. Es funkelte, als sich das Licht im Metall spiegelte. Wo kam das Licht her?
Die Brust war überall, über allem. Eine Brust, nicht zwei. Nur eine. Die Klaue schürfte die große, weiße Brust auf, die weiße Brust, die jetzt keine Brustwarze mehr hatte. Sie war dem Platzen nahe. Klang wie ein quietschender Ballon. Aus dem Inneren der Brust stieg der Schmerz auf, der eiskalte Schmerz. Die Klaue wurde immer fester gegen die weiße Brust gedrückt. Blut, nein, Eiter. Dunkler Eiter drang zwischen den rasiermesserscharfen Klauen hervor. Die Brust platzte. Blut, Eiter und eine helle Flüssigkeit quollen aus den gleichmäßigen Schnittwunden. Das Loch in der Brust war schwarz, ein bodenloses schwarzes Loch. Die Wundränder waren gerade und sauber.
Sein Mund war trocken, er konnte nicht sprechen. Feucht. Wo kam die Feuchtigkeit her? Das Gesicht war zugedeckt, etwas raubte ihm den Atem.
Ein tiefer Atemzug, ein Atemzug wie von einem Ertrinkenden.
Ulf Holtz hob sein Gesicht aus dem feuchten Kissen und setzte sich im Bett auf.
Er atmete tief ein, und dann noch einmal.
Die Augen weit geöffnet.
Die Dunkelheit um ihn herum schien ihn zu umarmen. Nicht warm und zärtlich, sondern fest und feindlich.
Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. Er wischte ihn mit dem Handrücken ab. Sein Atem beruhigte sich. Er ließ den Blick im Zimmer umherschweifen und sah die kleine Lampe, eingesteckt.
Er legte sich wieder hin. Die Augen nach wie vor weit geöffnet.
Meine Liebste, dachte er. Wo bist du jetzt?
Nach einigen Minuten setzte er sich wieder auf.
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