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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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Grumbach zu dem Jungen.
    »Was, los?«
    »Na, schlag zu! Genau vor die Hörner mitten auf die Stirn. Aber mit aller Kraft, hörst du?«
    »Ich soll mit dem Hammer . . .?« Der Junge zauderte.
    »Geh zur Seite, du Schwächling«, sagte Andreas, spuckte in die Hände, fasste den schweren Hammer ganz am Ende des Stiels, schwang ihn in weitem Bogen und donnerte den Rundschlag genau vor die Hörner. Dem Rind knickten zunächst die Vorderbeine weg. Grumbach sprang hinzu und stach dem Tier in den Hals. Hell spritzte das Blut heraus.
    »Den Bottich her!«, schrie Grumbach. Der Junge stand starr. Jeremy rollte den Bottich hinzu, fing das Blut auf und rührte es mit seinem Arm.
    »Es darf nicht gerinnen, Massa, wenn wir es noch gebrauchen wollen«, erklärte er und es klang, als ob er sich entschuldigen wollte. Der Junge lief davon. Es wurde ihm schlecht, fast so schlecht wie auf der »Neptun«. Erst als das Rind, gehäutet und ausgeschlachtet, breitbeinig an den Hinterbeinen an einem starken Baumast aufgehängt war, kam er zurück.
    »Na, geht es dir besser?«, fragte ihn Georgia.
    »Es kam so unerwartet, weißt du«, sagte er leise. »Ich hab’s gewusst, wie’s gemacht wird. Aber mit eigenen Augen . . .«
    »Ich kann das auch nicht gut sehen«, gestand sie.
    Andreas Schicks grinste nur, als er den Jungen sah. Aber er sagte nichts.
    Sie steckten den Spieß durch das Rind und drehten es über der Glut. Fett tropfte in das Feuer, zischte und verbrannte. Ein herrlicher Bratenduft ließ den Männern das Wasser im Munde zusammenlaufen. Der Junge aß an diesem Abend nichts von dem Rind. Erst am nächsten Morgen, als die anderen noch schliefen, probierte er ein Stückchen Fleisch, das auf dem Knochen saß. Es schmeckte ihm gut.
    Er sah als Erster die Wagenkolonne kommen. So viele Gespanne hatte er nicht einmal beim Ostergottesdienst auf dem Kirchplatz in Ortelsburg gesehen. Vorn auf dem Bock des ersten Wagens saß neben dem Kutscher Mr. Caleb Miller. Mit dem Wagenzug ritten ungefähr zehn oder zwölf Männer. Jeder von ihnen hatte ein Gewehr im Halfter.
    Caleb lenkte die Gespanne bis an die Holzstapel. Inzwischen waren die Zimmerleute in ihre Kleider gestiegen und rannten ebenfalls zum Holzplatz.
    »Was wollen Sie mit den Fuhrwerken hier, Mr. Miller?«, fragte der alte Mann.
    »Wir retten von unserem Holz, was zu retten ist.«
    »Retten unser Holz? Welches Holz?« Der alte Mann war verwirrt und verstand gar nichts.
    »Mr. Turber ist pleite. Sein verrückter Plan, auf seiner Plantage Zuckerrohr pflanzen zu wollen, hat ihm den Rest gegeben. Er kann nicht zahlen. Was bleibt mir anderes übrig als mein Holz zurückzuholen?«
    »Aber in dem Holz steckt unsere Arbeit. Sechs Wochen Arbeit stecken darin«, rief der alte Mann.
    »Holen Sie die Arbeit wieder heraus, Mr. Bienmann«, lachte Caleb Miller bitter. »Oder versuchen Sie von Mr. Turber den Lohn zu bekommen. Aber melken Sie mal ‘ne trockene Kuh. Ich jedenfalls habe von ihm keinen Cent bekommen können.«
    Der alte Mann rannte zum Herrenhaus hinauf. Wenig später kam er niedergeschlagen zurück und sagte: »Turber ist in den Osten gereist. Seine Familie hat er mitgenommen.«
    »Sie sind nicht der Einzige, der betrogen worden ist«, versuchte Caleb den alten Mann zu trösten. »Major Krick hatte einen Schuldschein über 4000 Dollar von ihm. Damit kann er sich jetzt die Pfeife anzünden.«
    Der alte Mann setzte sich auf einen Baumstamm und legte den Kopf auf die Knie. Caleb Miller aber rief den Zimmerleuten zu: »Wer mir beim Aufladen hilft, der kann an diesem Tag drei Dollar verdienen.« Und zum Beweis dafür, dass er es nicht nötig hatte, plötzlich und vor dem Zahlen des Lohns in den Osten zu entweichen, hob er einen prall gefüllten Geldbeutel in die Höhe. Alle nahmen das Angebot an und fassten zu. Nur der alte Mann ging über den Hügel und ließ sich den ganzen Tag über nicht sehen.
    Die Zimmerleute schimpften auf Mr. Turber und ließen auch an dem alten Mann kein gutes Haar.
    »Hätte eben einen anständigen Vorschuss verlangen müssen«, maulte der lange Wilhelm Slawik. »Ist doch nicht schlau genug für so etwas«, giftete Otto Sahm. Otto und Gustav Krohl steckten den ganzen Tag über die Köpfe zusammen und hatten viel miteinander zu bereden. Wenn jedoch ein anderer dazukam, sprachen sie nur vom Wetter.
    Gegen Abend, Caleb hatte den vereinbarten Lohn ausgezahlt und war mit dem Holztreck davongefahren, kam der alte Mann zurück. Die Zimmerleute hatten sich schon Sorgen

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