Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
Vom Netzwerk:
herrliche Pferdchen bewundern können.«
    »Nun«, erwiderte der alte Mann, »ich will nur schauen. Im Frühsommer werde ich kommen und Trakehner verkaufen.«
    »Ich wünsche Ihnen dabei Glück«, sagte der Mann.
    »Welche Pferde willst du verkaufen, Großvater?«
    »Unsere eigenen, Luke. Wir werden sonst nie das Geld zusammenbekommen, das wir für Amerika brauchen.«
    »Was machen aber die Frauen, wenn sie keine Pferde mehr haben?«
    »Die Äcker, die uns gehören, haben leichte Böden. Wenn sich zwei Menschen ins Geschirr spannen, dann können sie den Pflug durch die sandige Erde ziehen. Großmutter kennt das aus ihren Kindertagen. Erst haben damals die Franzosen unsere Pferde genommen und sind damit auf Nimmerwiedersehen nach Russland gezogen. Dann hat der König Männer und Pferde für seinen Krieg gegen Napoleon gebraucht. Als endlich der Frieden kam, da kosteten die Pferde so viel Geld, dass es sogar für das Gut über lange Jahre hin billiger war, Menschen vor den Pflug zu spannen.«
    Dem Jungen fiel das große Bild ein, das in der Schule an der Wand hing. Es zeigte den Marschall Blücher auf einem feurigen Ross, wie er die preußischen Truppen bei der Stadt Kaub über den Rhein führte. Viele Pferde waren auf diesem Bild zu sehen. Nie hatte sich der Junge die Frage gestellt, wo diese Pferde herkamen. Er dachte, man müsste eigentlich ein Bild hinter dieses Bild malen, das die Menschen mit krummen Rücken vor den Pflügen zeigte.
    Sein Vater würde so etwas malen können, wenn er es ihm sagte. Vielleicht war sein Vater doch nach Amerika gefahren. Vielleicht hatte er einen ähnlichen Plan wie Großvater. Vielleicht wollte er dort das Geld verdienen, das er dem Baron schuldete. Aber warum war er ohne ein Wort weggegangen? Ohne ein einziges Wort!
    »Ein Lehrling, der würde eine Menge von dir lernen können, nicht wahr?«
    »Du meinst, ein Junge, der das Zimmerhandwerk von der Pike auf erlernen will?«
    »Ja.«
    »Wenn ich in Liebenberg bliebe, dann könnte er in wenigen Jahren alles lernen, was ein Zimmermann braucht. Aber ich mache ja eine lange Reise. Und auf einer solchen Fahrt kann man kein junges Gemüse gebrauchen.«
    »Aber wer soll für euch kochen?«
    »Wenn wir auf größere Fahrten gehen, Junge, dann haben wir immer gesehen, dass wir eine Frau einstellen, die für die Männer das Essen kocht. Das werden wir in Amerika auch tun.«
    »Kochen könnte die Mutter mir beibringen, bis du losfährst, Großvater.«
    »Wozu willst du kochen können?«
    »Kannst du nicht mich als Lehrling mit nach Amerika nehmen?«
    Der alte Mann zögerte mit der Antwort. Schließlich sagte er: »Ich dachte, Luke, du interessierst dich für alles andere mehr als für die Zimmerei?«
    »Ich will nach Amerika und möchte sehr gerne von dir lernen, Großvater, wie man Häuser baut.«
    Dem alten Mann wurde heiß vor Freude. Zugleich aber fiel ihm ein, dass er dem Vater des Jungen auch alles hatte beibringen wollen, was ein Zimmermeister können muss. Er schüttelte zweifelnd den Kopf. »Das muss ich mir gründlich überlegen. Außerdem hat ja deine Mutter auch wohl ein Wörtchen mitzureden.«
    Der Junge wusste, dass der alte Mann oft von der Mutter redete, wenn er selber schon für einen Plan gewonnen war. Der alte Mann würde ihn bestimmt mitnehmen. Mit einem Segelschiff würde er über den Atlantik fahren. Auf dem einzigen Schiff, das von Danzig aus nach Nordamerika segelte. Er brannte darauf, das Schiff zu sehen, und konnte den nächsten Tag kaum erwarten.
    Erst gegen Morgen war der Lehrer zurückgekommen. Er schien überhaupt nicht müde zu sein, sondern war lebhaft und gesprächig. Im Stehen trank er seinen Kaffee und kaute das Stück Weißbrot, das Mathilde ihm reichte. Er drängte darauf, früh zum Hafen aufzubrechen.
    Den Hafen zu finden, das war nicht schwer. Nach fast zwei Stunden hatten sie aber die »Neptun von Danzig« immer noch nicht ausgemacht. Der alte Mann sprach einen Schiffer an, der auf einer umgestürzten Holzkiste saß, seine Pfeife rauchte und auf das Wasser starrte. »Wo, Herrchen, finden wir die ›Neptun von Danzig‹, die Bark, die nach Amerika segelt?«
    Der Seemann klopfte bedächtig seine Pfeife aus und antwortete schließlich: »Nicht hier. Hier ist der Schiffssterbeplatz. Immer mehr schöne Segler sind dabei zu sterben. Es geht ihnen wie den Elefanten. Wenn sie den Tod in den Knochen spüren, dann machen sie sich auf und suchen ihren Sterbeplatz. Die Dampfschiffe«, er drohte mit der Faust zu einer

Weitere Kostenlose Bücher