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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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fernen Mole hinüber, »die Dampfschiffe, die bringen die christliche Seefahrt um.« Er schaute den Lehrer an. »Richtig, Mann, dass ihr auf einer Bark nach Amerika wollt. Die ›Neptun‹ liegt keine fünfhundert Schritt von hier.« Er zeigte den Kai entlang. »Und grüßen Sie den kleinen Jessen von mir. Ist ein tüchtiger Schiffer. Er gibt die Amerikaroute nicht auf. Sagen Sie ihm, Käpten Roolfink lässt ihn grüßen.«
    Sie fanden das Schiff und ließen sich hinüberrudern. Noch ehe sie an Bord geklettert waren, rief ein Matrose vom Schiff herab: »Sie wollen zu Kapitän Jessen, nicht wahr? Ich werde ihn holen.«
    Über die Strickleiter gelangten sie auf das Deck. Ein schlanker Mann kam aus der Kajüte und begrüßte sie. Der Junge hatte sich einen Kapitän ganz anders vorgestellt, auf jeden Fall größer, kräftiger, nicht so glatt rasiert. »Ich habe Sie erwartet«, sagte der Kapitän. »Die Reederei hat Sie bereits angemeldet. Dass allerdings eine Dame mit an Bord kommt, das hat man mir nicht gesagt.« Er machte eine kleine Verbeugung vor Mathilde. »Und so eine hübsche dazu«, fuhr er fort, als er sah, dass sie verlegen wurde. »Ich werde Ihnen das Schiff zeigen.«
    Der Kapitän führte sie zunächst in die Kajüten. Die waren eng, aber komfortabel eingerichtet.
    »Etwa zwanzig Kajütenpassagiere können wir aufnehmen. Sie speisen während der Überfahrt mit den Schiffsoffizieren.«
    Über eine steile Stiege ging es in den Bauch des Schiffes hinab. Durch die Deckluke fiel nur wenig Licht in einen großen, dämmrigen Raum, in dem der alte Mann kaum aufrecht stehen konnte.
    »Das Zwischendeck, Platz für 160 Passagiere.« Der Kapitän wies mit dem Finger auf die Kojen, die sich doppelstöckig und breit an den Wänden rundum entlangzogen. »Je Koje vier Personen.«
    »Das wird ein Gedränge geben«, brummte der alte Mann.
    Der Kapitän las ihm das Unbehagen aus dem Gesicht. »Missliche Umstände, in der Tat«, gab er zu. »Besonders für die Damen. Aber 38 Taler sind kein Preis, der Luxus zulässt.«
    »Frauen fahren keine mit uns«, erklärte der alte Mann. »Wir werden 16 Männer sein, eine ganze Kolonne von Zimmerleuten. Lauter zuverlässige Leute.«
    »16 Leute. Nun, Meister Bienmann, ich könnte Ihnen ein Angebot machen. Legen Sie für jeden Passagier sieben Taler dazu und Sie reisen bequemer. Kommen Sie mit.«
    Er stieg behände die Stiege wieder hinauf aufs Deck und öffnete weiter hinten im Schiff die Luke zu einer anderen Treppe. »Das Steerage fasst genau 16 Passagiere. Es ist ein abgeschlossener Raum unter Deck mit einem eigenen Zugang.«
    Das, was der Kapitän das Steerage nannte, glich dem Zwischendeck fatal. Aber immerhin waren die Zweierkojen eine Verbesserung und vor allen Dingen schien dem alten Mann die Abtrennung vom riesigen Zwischendeck angenehm zu sein. Er kam mit dem Kapitän überein, dass er das gesamte Steerage buchen wolle.
    »Machen Sie im Kontor eine Anzahlung, Meister Bienmann, damit wir wissen, dass Sie auch wiederkommen. Mitte August geht es dann los.«
    »Sagten Sie Mitte August, Kapitän?«, fragte der alte Mann überrascht.
    »Ja. Die ›Neptun von Danzig‹ wird am 12. August mit dem Abendwind nach Amerika auslaufen, wenn alles gut geht.«
    »Ach«, sagte der alte Mann enttäuscht, »wir dachten, es könnte bereits in zwei Monaten, spätestens aber im Mai losgehen.«
    »Nicht von Danzig aus, Meister Bienmann. Die ›Neptun‹ segelt im März und sie segelt im August.«
    »Und was ist mit der Passage im März?«
    »Die ist längst ausgebucht. Der Zug der Vögel aus dem Osten, der über den großen Teich will, der lässt nicht nach. Seien Sie froh, dass für August das Steerage frei ist. Vor zehn Jahren, da waren die Plätze noch begehrter. Sie hätten sich damals viel früher anmelden müssen. Hunderttausende wollten in den fünfziger Jahren über den großen Teich.«
    »Zumindest haben wir Zeit die Reise gründlich vorzubereiten, Großvater«, sagte der Junge.
    »So ist es«, bestätigte der Kapitän. »Etwa zwei Monate sind wir auf dem Wasser. Und wenn der Wind es so will, auch länger.«
    Der alte Mann hatte gesehen, was er sehen wollte.
    Aber Mathilde hatte tausend Fragen an den Kapitän. Der führte sie durch alle Winkel und Ecken des Schiffes bis tief in die Laderäume hinein. Er zeigte vorn die Mannschaftsquartiere, achtern den Steuerplatz, die Rettungsboote.
    »Haben Sie die Boote schon einmal gebraucht, Kapitän Jessen?«, fragte Mathilde.
    »Die braucht jeder

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