Der Lavendelgarten
Sie für die Freundin einer Hausbewohnerin gehalten.«
»Stefan hat gesagt, ich sei die Einzige, die er nach Paris schicken könne, weil mein Gesicht nicht bekannt sei und mein Name auf keiner Gestapo-Liste stehe.«
»Er hat recht. Ein Vorteil, den wir nutzen müssen.« Édouard strich sich nachdenklich übers Kinn, als Sarah Kaffee und Kekse brachte. »Sie können von Glück sagen, dass Stefan zu Ihrem Empfangskomitee gehörte. Er ist ein gewiefter Maquisard und kennt mich über andere Kanäle als Ihre Organisation. Da er wusste, dass es in Paris Schwierigkeiten gibt, hat er mich als letzte Zuflucht genannt. Das Problem ist …«
»Ja?« Connie wusste nicht so recht, wie Édouard ins Bild passte.
»Meiner …«, Édouard suchte nach dem richtigen Wort, »… Stellung wegen darf ich auf keinen Fall mit der SOE oder der Résistance in Verbindung gebracht werden. Sie wären genau der Beweis, nach dem die Deutschen suchen: eine britische SOE -Agentin, die mit mir in meiner Bibliothek Kaffee trinkt.«
»Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie in diese schwierige Situation gebracht habe, Édouard.«
»Constance, bitte, ich mache Ihnen keine Vorwürfe. Stefan musste jemanden nach Paris schicken, um herauszufinden, wie ernst die Lage sich hier gestaltet. Und ich kann Ihnen versichern, dass sie noch schlimmer ist, als er vermutet.«
»Stefan hat mich gebeten, London so schnell wie möglich zu informieren.«
»Nicht nötig. Obwohl ich nicht für die britische Regierung arbeite, kenne ich die Topleute ihres Geheimdienstes; wir tauschen Informationen aus. Ich habe London heute Morgen über die Vorgänge informiert«, erklärte Édouard. »Stefan wird sehr bald davon erfahren. Sowohl Prosper, der Kopf des Scientist-Netzwerks, als auch sein Funker sind verhaftet. Alle anderen Mitglieder von Scientist konnten, so weit möglich, aus Paris fliehen oder verbergen sich in der Stadt, bis sie andere Anweisungen erhalten. Meine liebe Constance, im Augenblick gibt es hier einfach kein Netzwerk, dem Sie sich anschließen könnten.«
»Dann werde ich also einem anderen Netzwerk außerhalb von Paris zugewiesen?«, fragte Connie.
»Unter normalen Umständen würde genau das geschehen«, pflichtete Édouard ihr bei. »Doch durch Zufall sind Sie gestern Abend einigen der mächtigsten Deutschen in Paris begegnet.« Er stellte seine Kaffeetasse ab und beugte sich zu ihr vor. »Überlegen Sie einmal, Constance: Sie werden einem anderen Netzwerk zugewiesen und beginnen erfolgreich mit der Mission, für die Sie ausgebildet wurden. Und dann – pouf! « Er breitete die Arme aus. »Sie werden verhaftet und zur Befragung ins Hauptquartier der Gestapo gebracht. Dort kommt dann einer der Männer, denen Sie gestern Abend vorgestellt wurden, beispielsweise Oberst Falk, herein, um Sie zu befragen. Und wen sieht er da, gefesselt auf dem Stuhl? Keine andere als die Cousine seines guten Freundes Comte de la Martinières, die Falk ein paar Wochen zuvor bei einem Essen kennengelernt hat. Was denkt er da wohl? Glaubt er, dass sein Freund Édouard nichts von den Aktivitäten seiner Cousine weiß? Zumindest würde er beginnen, sich stärker für den Comte zu interessieren, sich die anderen französischen Gäste genauer anzusehen und sich möglicherweise zu fragen, ob sie den Deutschen und der Vichy-Regierung wirklich so loyal gegenüberstehen, wie sie behaupten.«
»Verstehe«, sagte Connie. »Aber wie lässt sich das Problem lösen? Mit wem arbeiten Sie zusammen, Édouard?«
»Constance, das muss Sie nicht interessieren. Es ist sogar besser, wenn Sie nichts darüber wissen. Alles, was ich tue, dient der Befreiung meines Heimatlandes von den Nazis und der Vichy-Marionettenregierung unserer schwachen Landsleute, die allem zustimmen, was die Deutschen sagen, um die eigene Haut zu retten. Ich habe vier Jahre gebraucht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Mein Wohlstand und ihre Gier haben mir dabei geholfen. Vergessen Sie nie, welche Überwindung mich das kostet, Constance. Jedes Mal, wenn einer von ihnen meine Schwelle überschreitet, würde ich am liebsten die Waffe zücken und ihn erschießen.«
Seine Miene wurde hart. Er hatte die Hände so fest ineinander verschränkt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
»Stattdessen lade ich sie in mein Haus ein, serviere ihnen Wein aus meinem Keller, lasse auf dem Schwarzmarkt das beste Fleisch und den besten Käse für sie besorgen und mache höflich Konversation mit ihnen. Warum, fragen Sie?«
Connie schwieg, weil sie
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