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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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lässt. Das geht eine ganze Weile so weiter, während wir uns, ohne es zu wollen, darauf einstellen und uns fragen, warum sie uns vertraut vorkommt, wo wir sie schon gehört oder danach getanzt haben, mit wem wir zusammen waren, als sie im Hintergrund erklang.
    »Er könnte doch mal drangehen«, sage ich.
    »Warum sollte er?« Margheritas Stimme duldet keine Widerrede.
    Vito ist verschwunden. Ich setze mich auf seinen Platz.
    »Da habt ihr es also mit einer Reihe von Bekloppten zu tun«, sagt Savarese. »Vito, Psycho, der Nachbar.«
    »Du«, fügt sie noch hinzu. »In der Reihenfolge ihrer Gemeingefährlichkeit.«
    »Mir scheint, dass du hier drin immer noch die gefährlichste Person bist«, erwidert er und wirft ihr jenen spitzbübischen Blick zu, den er offenbar für unwiderstehlich hält. »Man sollte dich festbinden.«
    »Oder einsperren«, entgegnet Margherita.
    Das Telefon verstummt. Manchmal kapituliert auch der Anrufer, der Nachbar jedenfalls ist nicht rangegangen.
    »Ich denke, es ist seine Ex-Frau«, sagt Savarese.
    »Ich denke, es ist seine Sache«, sagt Margherita.
    Er geht nicht auf sie ein.
    »Es müsste ein Gesetz geben gegen Frauen, die dich belästigen, wenn du sie hast fallen lassen, weil sie zu fett oder zu alt geworden sind, um mit ihnen auszugehen.«
    Waffenstillstand. Sie schweigen.
    »In der Schule sperren sie einen Jungen ein«, sage ich.
 
    Als die Tür aufflog, versteckte ich mich weiter hinter meinen Notizen. De Lucia legte Riccardi eine Hand auf den Arm und bat ihn, sitzen zu bleiben.
    Andrea drehte sich zu Maria um, der Hausmeisterin. Die beiden maßen sich mit Blicken, wobei sie ein klein wenig das Kinn hob. Was auch immer zwischen ihnen am Schuljahresanfang vorgefallen sein mochte, es ließ ihr keine Ruhe, ging ihr nicht mehr aus dem Sinn.
    »Signore De Lucia«, sagte sie und blieb in der Tür stehen. »Sie werden oben gebraucht, sofort. Es geht um Santojanni.«
    De Lucia nahm die Brille ab, sprang auf.
    »Was ist passiert?«
    »Kommen Sie lieber gleich mit.«
    Er beugte sich zu Riccardi. »Ich muss zu Davide. Du bleibst bei der Kollegin hier. Und sei brav.«
    Verdammt, dachte ich. Das geht so doch nicht.
    Riccardi trommelte mit den Fäusten auf den Tisch.
    Ich sah sie hinauseilen, hörte, wie sie sich auf dem Gang entfernten, die Treppe hinaufgingen, bis ich nichts mehr vernahm.
    Riccardi zog ein Blatt hervor und fing an zu zeichnen.
    Das ist deine Chance , sagte Biagini. Los.
    Nach und nach kroch mir die übliche Angst vom Magen in die Brust hoch.
    »Zeichnest du?«
    Riccardi hob den Kopf, eine Kobra.
    »Nicht zuschauen!«
    Ich senkte den Blick. Das genügte jedoch nicht: Er stürzte sich auf das Blatt, zerriss es. Was für ein grausames Leben, dachte ich. Meines, seines. Riccardi schaukelte ein wenig hin und her, dann setzte er sich an den Computer. Da sich die Fenster auf dem Bildschirm für seinen Geschmack nicht schnell genug öffneten, versetzte er dem Gerät ein paar Schläge.
    »Scheißcomputer.«
    Er tippte etwas bei Google ein und landete auf der Webseite von National Geographic. Dort sah er sich Tierfotos an, musterte sie.
    Er ist doch nur ein kleiner Junge, sagte ich mir. Warum zitterst du?
    »Was suchst du denn?«, fragte ich.
    »Schnauze!«, brüllte er.
    Ich wich ein paar Schritte zurück, starrte auf diese zuckenden, kranken Schultern.
    Weißt du was, Riccardi? Ich bin müde. Du willst nicht mit mir arbeiten? Ok, macht nichts. Das hier ist keine Klasse, und du bist nicht mein Schüler. Du bist nur meine Strafe, die grässliche Alternative: diese Arbeit oder überhaupt keine Arbeit. Ich muss nur dieses eine Jahr durchhalten. Ich werde durchhalten. Und im nächsten Jahr wird dich jemand anders bemitleiden.
    Plötzlich sprang Riccardi vom Stuhl hoch.
    Entschuldige, dachte ich. Verzeih mir.
    »Was ist los?«
    Er drehte sich nicht um. Mit zitternder Hand zwang er die Maus, den Drucker in Gang zu setzen. Ich ließ ihn einfach machen.
    Dann ging ich im Klassenzimmer umher. Auf dem mittleren Bücherregal, aufgestapelt zu einem schiefen Stoß, schienen ein paar alte Handbücher nach oben klettern zu wollen. Mittendrin steckte, wie eine seltsame Genmutation, ein Dylan Dog -Heft.
    Vor zehn Jahren, als ich mal wieder vor meinem Bücherschrank stand, beschloss ich, ihn von den Comics zu befreien, um Platz zu machen für die Bücher, die ich an der Uni brauchte. Eine Serie von Dylan Dog -Heften beobachtete mich und wartete darauf, geopfert zu werden. Es waren die ersten, die in der

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