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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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zu ändern, die ihnen Angst einjagt und Nicolini veranlasst, einen Schritt vorzutreten und den Finger auf die Kollegin zu richten: »Bringst du ihn hin?«
    »Wenn De Lucia mit dabei ist …?«
    Loredanas Stimme ist ein Flüstern, eine leise Hoffnung.
    »De Lucia kommt nicht mit«, fährt ihr Miranda sofort über den Mund.
    »Warum nicht?«
    Sie drehen sich zu mir um. Es ist also meine Schuld.
    »Frag ihn doch«, antwortet Miranda.
    Genau das werde ich tun, denke ich, bevor irgendjemandem einfällt, dass der Spaziergang des psychotischen Elefanten im Porzellanladen mein Problem sein könnte.
    Silvia schüttelt den Kopf. »Sie werden sich benachteiligt fühlen und Andrea die Schuld geben.«
    »Wem sollten sich auch sonst die Schuld geben?«, fragt Nicolini.
    Niemand antwortet ihm.
 
    »Darf ich?«
    De Lucia sitzt in Klassenzimmer 9 am Computer.
    »Ich informiere mich gerade darüber, wo wir landen werden, wenn wir so weitermachen«, sagt er. Ich werfe einen Blick auf den Bildschirm: Die ganze Homepage von La Repubblica ist dem Problem »Schule und Reform« gewidmet.
    Ich nicke zustimmend, habe keine Zeit.
    »Du begleitest Riccardi also nicht bei dem Museumsbesuch?«
    Er sieht mich an. So hatte ich es eigentlich nicht sagen wollen, aber es ist zu spät, um es zurückzunehmen.
    »Nein, ich glaube nicht.« Er fährt sich mit der Hand durch die Haare, legt sie dann über seine Augen. »Das ist alles solch ein Schlamassel.«
    »Was?«, frage ich. Heute treffe ich immer den falschen Ton.
    De Lucias Stirn überzieht sich mit Falten.
    »Bist du in der Gewerkschaft?«
    »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Es hat was damit zu tun.«
    Er steht auf, wird überraschend größer als ich.
    »Die einzige Möglichkeit, die wir haben, um uns der Reform zu widersetzen, ist Streik. Wir dürfen keine Überstunden machen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. Folglich keine Gehaltszulagen, keine Zusatzstunden auf Kosten der entlassenen Kollegen und keine Schulausflüge.«
    Er macht mich mundtot. Jetzt steht eine große Frage im Raum, und wenn ich nicht aufpasse, wird sie mich erdrücken.
    »Wenn du sie nicht begleitest, werden sie nicht ins Museum gehen«, sage ich, alle Betonung auf das du legend.
    »Tut mir leid.«
    Wir hören ein hastiges Klopfen, anmaßend, und gleich darauf betritt Meriem das Zimmer, schließt die Tür hinter sich.
    »Können wir reden?«
    Sie geht geradewegs zu ihm, aber sauer ist sie auf uns beide.
    »Das ist nicht fair. Alle Klassen machen einen Ausflug, nur wir nicht. Wird das die nächsten fünf Jahre so weitergehen?«
    De Lucia antwortet nicht sofort, weil Meriem ins Schwarze getroffen hat.
    Es ist die Inklusion, Kinder: entweder alle oder keiner.
    »Wir befinden uns im Streik«, sagt er. »Es ist kompliziert.«
    Und wie.
    Liebe Meriem, die Inklusion ist eine Chance, eine Bereicherung. Auch.
    Die ganze Wahrheit liegt in diesem Wörtchen: auch.
    Riccardi ist eure Chance, mit jemandem in Kontakt zu kommen, der andere Bedürfnisse hat, eine andere Sichtweise auf die Dinge. Die Inklusion wird euch lehren, weniger intolerant zu sein, weniger egoistisch. In diesem Sinn wird sie euch zu besseren Menschen machen. Aber es kann auch vorkommen, dass sie euch auf die Nerven geht, gelegentlich. Denn diese Inklusion ist nun einmal eine ambivalente Sache.
    »Und können Sie uns nicht begleiten?«
    Ich seufze erschöpft, während ich nach einer Antwort suche, die mich retten könnte.
    »Es ist ein besonderes Jahr für die Schule«, lüge ich.
    Meriem beißt sich auf die Unterlippe. Eine so kindliche Geste lässt sie weiblicher wirken. Sie tut, als wolle sie es dabei bewenden lassen, dann platzt es aus ihr heraus.
    »Martinas Mutter sagt, dass wir auch ohne ihn gehen können, wenn ihn seine Eltern nicht aus dem Haus lassen.«
    Ich spüre, wie sich Martinas Mutter mit ihren Zähnen einen Weg durch meinen Magen bahnt. Es ist das, was mich erwartet, weil ich mich zwischen sie und Riccardis Mutter gestellt habe.
    »Wir sagen ja nicht, dass wir das tun«, fährt Meriem fort. »Wir wollen einfach nur den Schulausflug machen.«
 
    Die Stimme des Kommissionsvorsitzenden schallte bis in die letzte Reihe und schallte wieder zurück.
    »Scagliarini Ottavia. Hundertsechsundvierzig Punkte.«
    Wenn man aufgerufen wird, tritt man vor die Kommission und sucht sich eine der Stellen aus. Danach hat man vierundzwanzig Stunden Zeit, um zur Unterzeichnung des Vertrags in der neuen Schule zu erscheinen.
    Nach jeder Namensnennung ging

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