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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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bestätigen?«
    »Du bist ein Idiot. Komm rein.«
    Ich lasse mir von ihm zu meinem Sinn für Humor gratulieren.
    »Es war ein anstrengender Tag, sei nicht so hart.« Ich öffne die Verpackung und achte darauf, die Torte nicht zu beschädigen.
    »Was du nicht sagst! Psycho hat versucht, dich umzubringen?«
    »Er heißt Andrea.«
    Ich durchforste die Schubladen, ehe mir einfällt, dass die Kerzen in meinem Zimmer versteckt sind, im Schrank. Vorsichtig ziehe ich die Schachtel heraus, damit der Pulloverstapel nicht einstürzt, den ich sorgfältig auf das einzige noch heile Brett geschoben habe.
    Savarese steht hinter mir.
    »Wie ich sehe, gab es ein Erdbeben.«
    »Solange er hält, ist alles in Ordnung«, erwidere ich und schließe sofort die Schranktüren, damit nichts herausquellen kann.
    Ich lege die Torte auf den größten Teller, den ich finde, und stelle ihn auf den Tisch. Das Tischtuch ist einigermaßen sauber, der Sekt im Kühlschrank.
    Durchs Fenster dringt der übliche abendliche Anruf an unsere Ohren. Der Nachbar schert sich nicht darum.
    »Wenn er wenigstens mal den Klingelton ändern würde.«
    Ich kann die Melodie nicht mehr hören. Sie ist eindringlich, flehend.
    »Scheinbar ist er verschwunden, und ihr passt das nicht.«
    Savarese streicht sich über den Bart.
    »Warum sollte der Anrufer eine ›sie‹ sein?«
    »Ihr seid eine Bande von Hysterikerinnen.«
    Ich sehe ihn abschätzig an.
    »Mit einem Elefantengedächtnis«, fügt er gespielt entschuldigend hinzu.
    Als er das sagt, wird die Wohnungstür geöffnet und Margherita lässt geräuschvoll die Schlüssel auf die Konsole am Eingang fallen.
    Savarese schaut mich an. »Sie bringt dich um«, sagt er mit gesenkter Stimme.
    Ich wiege verneinend den Kopf, befürchte es aber auch, erhebe mich vom Stuhl, um sie stehend zu erwarten.
    »Hey«, sagt sie beim Hereinkommen. Savarese bleibt sitzen, hebt eine Hand und lächelt ihr etwas dümmlich zu.
    »An alle«, endet Margherita.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sage ich. Bevor sie reagieren kann, zeige ich ihr die Sacher-Torte auf dem Tisch. »Schau, was man uns frei Haus geliefert hat: Schokolade und Marmelade.«
    Sie starrt kurz auf die Torte, nimmt sie dann mit beiden Händen und wirft sie in den Mülleimer.
    »So, das ist schon besser«, seufzt sie. »Gehen wir ein Bier trinken.«
 
    Bevor wir auf die Sache zu sprechen kommen, warten wir, bis wir in einer Bar um die Ecke sitzen und drei halbe Helle vor uns stehen haben.
    »Ich schwöre euch, ich hatte keine Ahnung. Ich bin ja nicht bescheuert«, sagt Margherita. »Und es war eine nette Geste«, fügt sie hinzu und berührt Savarese am Arm.
    Gut, denke ich. Genau deshalb habe ich ihn angerufen.
    »Ich dachte wirklich, dass sie von meinem Vater ist. Du hast ja gesagt: ›geliefert‹.«
    Savarese sieht mich kopfschüttelnd an.
    »Wie hätte ich das wissen sollen?«
    »Du hast Recht«, lächelt sie. »Danke jedenfalls; ich habe gar nicht damit gerechnet, dass du dich an meinen Geburtstag erinnerst. Ich hätte es dir heute Abend gesagt.«
    Wir stoßen an und gedenken der abhandengekommenen Sacher-Torte.
    »Die Madeleine der Familie De Simone«, sagt Margherita.
    Zum ersten Mal erlebe ich einen schweigenden Savarese. Aber es ist ein eigenartiges Schweigen, weil es keineswegs bedeutet, dass von ihm kein Laut zu vernehmen ist: Er klopft mit den Fingern gegen das Bierglas oder er tippt auf seinem Handy herum, um die Uhrzeit oder entgangene Anrufe zu überprüfen. Mit dem Schmerz anderer kann er nicht umgehen. Und er weiß auch nicht, was eine Madeleine ist.
    »Also sind es neunundzwanzig«, rate ich.
    »Oder eins weniger«, erwidert Margherita.
    Savarese erläutert uns seine Theorie über die tatsächliche Dauer der einzelnen Lebensjahre, die seiner Ansicht nach immer variiert.
    »Mein zweiundzwanzigstes Lebensjahr war viel kürzer als dreihundertfünfundsechzig Tage. Im Laufe weniger Monate bin ich dreiundzwanzig geworden. Dafür zieht sich mein siebenundzwanzigstes bis heute hin.«
    »Wenn du mich fragst, verwechselst du es mit deinem siebten«, gibt ihm Margherita zu bedenken und kommt mir damit eine Sekunde zuvor.
    Während sie herumalbern, höre ich zu, sitze schweigend auf meinem Stuhl. Hinterher werden wir raus in die Kälte gehen. Ich werde entweder vor ihnen herlaufen oder ein Stückchen zurückbleiben. Wenn er auf einen Kaffee mit hochkommt, werde ich sagen, dass ich müde bin, und zu Bett gehen.
    Ich bin wirklich müde.
    »Entschuldigt.«
    Es

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