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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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eine runterhauen konnte und der sich trotzdem dafür entschuldigen würde, dass er mir zu nahe gekommen war. So ergab ich mich in mein Schicksal und ließ ihr freundliches Geplapper über mich ergehen, bis ich fertig war.
    Dann zahlte ich und behauptete, meine Frau warte auf mich. Ich fand Margas Laden wirklich gut, aber ich floh und wartete auf dem Parkplatz, bis die beiden herauskamen und ging dann wieder hinein, wieder an die Bar. Soweit ich mich erinnere, trank ich dann das sechste Kännchen Kaffee.
    Ich beobachtete Marga, registrierte genau, dass sie keine unnötige Bewegung machte, immer genau wusste, wo welche Flasche mit welchem Inhalt stand. Und wie sie unermüdlich mit den Männern flirtete.
    Es wurde Mitternacht, es wurde ein Uhr, es wurde halb zwei. Der Raum mit den Tischen hatte sich geleert, er wurde abgedunkelt. Irgend jemand drehte an vielen Schaltern, und draußen vor dem Haus gingen alle Lichter aus. Marga sagte abrupt: »Jungens, ihr wisst gar nicht, wie sehr ich diese verdammten Spießer hasse.« Dann lachte sie explosiv und setzte hinzu: »Aber ich liebe ihr Geld, mein Gott, ich finde ihren Zaster richtig geil.«
    Sie lachten alle mit ihr.
    Ein Mann sagte: »Kannst du die Mäuse nicht tanzen lassen?«, und sie schaute in die Runde und fragte: »Wollt ihr?« Sie grölten alle begeistert, und Marga sagte etwas in ein Telefon, das hinter ihr zwischen den Flaschen stand. Wenig später kamen die Mädchen, die vorher bedient hatten, kichernd in den Raum. Sie trugen Bademäntel. Einer von den Männern sagte: »Blues!«, und sie warfen die Bademäntel ab. Marga schob eine CD in den Apparat. Die Mädchen tanzten fast nackt, und sie tanzten sehr gut. Es wurde richtig gemütlich.
    Ich bezahlte artig, verabschiedete mich und ging hinaus. Ich fuhr den Wagen zweihundert Meter weiter auf die Straße in Richtung Hefterath und parkte zwischen dichten Bäumen. Ich wartete geduldig, bis alle Lichter ausgingen. Es war vier Uhr.
    Ich versuchte zu schlafen. Ich döste, aber schlief nicht. Um sechs Uhr, als die Sonne schon spürbar wurde, fuhren drei weitere Wagen vom Parkplatz der Waldeslust weg. Wahrscheinlich waren es die letzten und besten Gäste dieser Nacht.
    Um diese Zeit etwa verließ Sven Sauter das Gefängnisgebäude in Rheinbach. Ich hatte ausgerechnet, dass er eine Stunde bis Leverkusen brauchen, dann etwa eine halbe Stunde in der Wohnung verbringen würde, und weitere anderthalb Stunden benötigte, um hierher zu kommen. Das bedeutete, dass er um halb zehn ankommen konnte. Vorausgesetzt, er hatte überhaupt vor hierherzukommen.
    Um neun Uhr fuhr ich in den Ort und kaufte mir vier Rosinenbrötchen. Dann rief ich Müller in Meckenheim an, und schon bei seinem ersten Wort wusste ich, dass etwas grundsätzlich schief gelaufen war.
    »Gott sei Dank, dass Sie anrufen. Wo sind Sie denn?«
    »Auf Sauters Spuren.«
    »Aha«, das klang fast triumphierend, »Sie haben ihn also auch verloren?«
    »Nein, nein, durchaus nicht. Ich habe mich erst gar nicht an ihn rangehängt. Was ist passiert?«
    »Wir haben ihn wie besprochen um sechs Uhr rausgelassen. Er ist dann in sein Taxi gestiegen und schnurstracks zum nächsten Geldautomaten gefahren. Dann zu seiner Wohnung in Leverkusen. Er hat, und das ist sehr seltsam, mit niemandem telefoniert, er hat das Telefon nicht einmal angerührt. Das war ungefähr um sieben Uhr. Vor einer Stunde sind meine Leute dann unruhig geworden. In der Wohnung lief ein Radio. Eine halbe Stunde später haben sie geschellt und, als sich nichts rührte, die Wohnung gewaltsam geöffnet. Er war verschwunden. Wir wissen noch nicht einmal, wie der das gemacht hat, denn das Haus war auch auf der Rückseite abgesichert. Jedenfalls ist er weg. Und wo sind Sie jetzt?«
    »Ich spiele Roulette. Ich bin an einem Punkt, an dem er auftauchen kann, aber nicht notwendigerweise auftauchen muss. Haben Sie Bleibe und Kanter unter Kontrolle?«
    »Haben wir. Also raus mit der Sprache, wo sind Sie?«
    Ich sagte es ihm, und er dachte eine Weile nach und meinte dann: »Wissen Sie, ich denke, das ist eine Kneipe unter vielen. Sauter hatte sehr viele Lieblingskneipen und eine Menge Lieblingswirtinnen. Melden Sie sich, wenn sich etwas tut?«
    »Natürlich.«
    Draußen zog ein kleiner Mercedes-Lieferwagen vorbei. Auf der Tür stand ›WALDESLUST‹. Ich rannte zu meinem Auto und fuhr hinter dem Laster her, der es offensichtlich gar nicht eilig hatte. Er schaukelte über Retscheroth und Herrnstein direkt auf Hennef zu. Der

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