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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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lagen Karls Urteilsspruch nur die Aussagen derer zugrunde, die Waldemar für unecht hielten; die Stimmen jener Männer aber, die ihn wiedererkannt hatten, waren einfach nicht beachtet worden. Aber einen wie Hans Lüddecke aus Gransee, den konnte man doch nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Außerdem: Alles war jetzt 31 Jahre her, und da blieb kein Mensch derselbe, zumindest äußerlich verwuchs er sich zu einem gänzlich anderen.
    »Zweitens«, fuhr Kochan von Wersowetz fort, »sind die Stimme, die Rede und die Ausdrucksweise nicht die des früheren Waldemar.«
    Das nun schien Meinhard erst recht an den Haaren herbeigezogen, denn wenn ein Fürst plötzlich seinen Hof verläßt und als einfacher Pilger drei Jahrzehnte lang unter gemeinem Volk lebt, so kann seine Rede nicht dieselbe bleiben. Aber und vor allem: Waldemar hatte doch bei all seinen Auftritten immer auch die Sprache des Hofes gesprochen, des brandenburgischen zumindest, die ja ohnehin schlichter war als die in München, Paris oder Rom.
    »Drittens: Sein Charakter, seine Gemütsart und seine Neigungen sind nicht die des früheren Waldemar. Vom Markgrafen Waldemar des Jahres 1319 und davor ist bekannt, daß er außerordentlich feurig und prachtliebend, verschwenderisch und egoistisch war. Wir aber haben einen schlichten Mann erlebt, der vorgab, nur für andere Gutes zu wollen.«
    Du Narr! hätte Meinhard am liebsten gerufen, denn natürlich kehrt man nach 28 Pilgerjahren und pausenlosem Büßen und Beten als ein anderer zurück.
    »Viertens: Er weiß zu wenig von seinem früheren Leben, er hat zu wenig Kenntnis der Verhältnisse, der Familien, der Geschäfte des Landes und der umliegenden Staaten.«
    Auch das fand keine Gnade vor Meinhards kritischem Urteil, denn Waldemar hatte seiner Meinung nach genau das bewiesen, was ihm hier als Mangel angekreidet wurde, und zudem war natürlich auch das beste Gedächtnis niemals gut genug, sich jede Einzelheit zu merken.
    »Und fünftens und letztens: Er zeigt nicht das Wesen, das Benehmen und die Manieren eines Fürsten und Ritters, und namentlich nicht die des früheren Waldemar.«
    Da hielt es Meinhard nicht mehr auf seinem Stuhl. Er sprang auf und fiel dem Wersowetz ins Wort. »Gestattet Ihr! Hat nicht der König selber im Lager zu Heinersdorf mit diesem Waldemar vierzehn Tage lang des öfteren gesprochen und ihn an seiner Seite sitzen lassen, und ebenso zu Köln, wo er mit ihm das Bündnis schloß, ohne daß ihm da etwas aufgefallen wäre?«
    Karl erstarrte, und Meinhard erschrak über alle Maßen, mußte er doch glauben, mit seinen kecken Worten des Königs Gunst für immer verloren zu haben. Karl war seine letzte Hoffnung auf eine einträgliche Stelle bei Hofe gewesen.
    Karl fing sich wieder. »Du bist ein kluger Kopf – zu klug für Ludwig. Darum will ich ehrlich zu dir sein. Wir haben einen Zeugen auftreiben können, da waren wir klüger als du, der zweifelsohne echt und ohne Makel ist, den wir aber der Welt seines geringen Standes wegen nicht vorführen wollen. Er war früher Bauer bei Bärwalde und ist nun Gehilfe beim Tuchhändler Gielsdorff. Bringt ihn herein.«
    So wurde Denecken Dahms aus Frankfurt in den Saal geführt und in strengem Tone um seine Aussage ersucht.
    »Ja, Ihr hohen Herren … Ich bezeuge vor Gott, daß ich den Mann erkannt habe, der sich Waldemar nennt: es ist der Müller Jakob Rehbock, der aus Niemegk zu uns gekommen ist. Er ist – als unser Markgraf Waldemar gestorben war – ins Heilige Land gezogen. Ich war dabei, als sie Waldemar in Chorin begraben haben, weil: ich habe die Leiche mit fortschaffen müssen. Und einige Zeit danach, als ich wieder zu Hause war, ist Jakob Rehbock verschwunden gewesen. So über Nacht, weil: die Stimme des Herrn hatte ihn erreicht.«
    »Und hatte Rehbock Frau und Kinder?« fragte Meinhard.
    »Ja. Eine Frau und zwei Töchter, die Agnes und die Adela.«
    »Dann sollen die den Waldemar sehen!«
    »Das geht nicht an, hoher Herr.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil: die Agnes haben die Litauer totgeschlagen und die Frau und die andere Tochter mit nach Litauen verschleppt.«
    »Und das vor fünfundzwanzig Jahren!« fügte der König hinzu.
    »Darf ich fragen, wie Ihr zu Denecken gekommen seid?« wollte Meinhard wissen.
    Kochan von Wersowetz lachte. »Er stand eines Tages in Spremberg neben meinem Pferd und wollte ein paar Silbermünzen für einen kleinen Hinweis.«
    »Ja«, fügte Denecken hinzu. »Ich habe den Markgrafen Waldemar in Berlin gesehen, auf

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