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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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jüngere Bruder Guntzos würde ihm im Schlaf die Kehle durchschneiden. So gewaltig schien sein Haß zu sein. Vielleicht aber war es auch nur Coppekins Angst, den Bruder zu verlieren und damit das so geliebte Leben als freier Mann, denn nichts wünschte sich Meinhard mehr, als daß es ihm gelang, Guntzo wieder zu einem ehrbaren Ritter zu machen, herauszulösen aus dieser Schar, über die er noch immer kein klares Urteil zu fällen vermochte. Mordbrenner und Schurken waren sie für die meisten im Land, aber allemal auch Männer, die Grund genug hatten, es denen heimzuzahlen, denen sie ihr Elend verdankten. Bauern waren dabei, denen die Grundherren die Luft zum Leben abgepreßt hatten, Handwerker aus der Stadt, die wegen kleinster Vergehen aus den Zünften ausgeschlossen worden waren, Knechte, denen man wegen des Diebstahls einer Kleinigkeit die Finger abgehackt hatte. Wo war da die ordnende Hand einer gottgewollten Obrigkeit, die alle leben ließ wie Menschen und nicht wie Tiere in der Wildnis? Zu fragen war, ob nicht Ludwig mit seiner Lässigkeit schuld an ihrem Schicksal war.
    Mit diesen Gedanken ritt Meinhard an der Spitze des Zuges. Sie wollten zwischen Brandenburg und dem Kloster Lehnin hindurch und etwa beim Dorfe Saaringen die Havel erreichen.
    »Warum nehmen wir gerade diesen Weg?« wollte Meinhard wissen.
    Guntzo fand diese Frage etwas kindlich. »Mal was von einer Furt gehört?«
    »Frankfurt, Erfurt, Schweinfurt – ja, wieso?«
    »Weil sich da vielleicht ein reicher Kaufmann schnappen läßt.«
    »Ja, klar.« Meinhard mußte sich eingestehen, vor solchen Aktionen eine ziemliche Angst zu haben. Mittun mußte er, das verstand sich von selber, schon Coppekins wegen, aber damit war er dann ein Räuber wie jeder andere und vogelfrei, baumelte am nächsten Tage womöglich schon am Galgen.
    »Ich hätte nicht übel Lust, mir einmal Belzig anzusehen«, sagte Guntzo, als sie nördlich von Niemegk auf einem Höhenzug standen und die Burg Eisenhardt linker Hand aus dem Kiefernmeer aufragen sahen. »Belzig, das gehört den Herzögen aus Wittenberg, Vettern der Askanier.« Meinhard war dankbar für jeden Hinweis dieser Art, denn alles konnte wichtig sein im Spiel um Waldemar.
    »Und warum zögerst du?«
    »Weil sie mich suchen und aufs Rad flechten wollen.«
    »Das erhöht den Reiz des Unternehmens.«
    »Eben. Wir lassen unsere Brüder hier im Gehölz zurück – und nur du begleitest mich.«
    »Mitgegangen, mitgehangen«, lachte Meinhard, aber irgendwie blieb ihm das Lachen im Halse stecken.
    Sie fanden im Packwagen die vornehmen Kleider, die sie im Frühjahr einem Spandauer Ratsherrn abgenommen hatten, und Guntzo versuchte alles, sich unkenntlich zu machen. Es brauchte einige Zeit, bis ihm das gelungen war, zumal sein Bruder Schwierigkeiten machte.
    »Nimm mich mit, nicht ihn!« verlangte er, ohne aus seinem Mißtrauen Meinhard gegenüber ein Hehl zu machen.
    »Du bist mein Stellvertreter, solange ich in Belzig bin.«
    Coppekin mußte sich geschlagen geben. »Nun gut.«
    Endlich ritten sie los. Meinhard wurde von einem Hochgefühl getragen, wie er es nicht mehr gekannt hatte, seit er mit Ludwig in glücklichen Tagen durch die märchenhaften Täler Tirols gezogen war. Mit dem Gedanken an Ludwig war unwillkürlich der an den falschen Waldemar verbunden.
    »Was wird mit uns«, fragte er den Guntzo Köpcke, »wenn es stimmt, daß der alte Markgraf sein Amt wieder antritt? Man hört, daß er als frommer Pilger aus Jerusalem zurückgekommen ist.«
    Der Hauptmann musterte Meinhard forschend von der Seite. »Du scheinst dich sehr dafür zu interessieren!«
    »Ich, wieso?«
    »Weil du schon einige meiner Leute gefragt hast, ob sie etwas von ihm wüßten.«
    Meinhard schwankte einen Augenblick, ob er Guntzo sagen sollte, daß ihn Ludwig in die Mark geschickt hatte, um die Sache mit Waldemar zu klären. Erst wollte er, dann beließ er es lieber bei Andeutungen, die ihm nicht schaden konnten. »Nun, du weißt, daß ich an den Universitäten in Neapel und Siena war und auch gerne sehen möchte, welche Männer König Karl an seiner Prager Universität lehren läßt. Es sind die Fragen der Philosophie, die mich faszinieren, seit ich denken kann: Warum tun und denken die einen Menschen dies, die anderen das? Warum und wie kommt einer daher und behauptet, jener Markgraf zu sein, den sie vor fast dreißig Jahren nachweislich in Chorin begraben haben?«
    Guntzo zügelte sein Pferd. »Eben in Brietzen, du warst nicht dabei, hat man

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