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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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sich erzählt, daß die Sache noch viel weiter zu gedeihen scheint.«
    »Inwiefern?«
    »Der Mann – ob falsch oder echt – soll in Magdeburg beim Erzbischof erschienen sein.«
    »Und?«
    »Man sagt, Erzbischof Otto habe ihn als echt erkannt.«
    »Das ist doch ein abgekartetes Spiel!« rief Meinhard aus.
    Guntzo sah ihn skeptisch an. »Ich denke, du haßt Ludwig, deinen früheren Herrn!?«
    Meinhard mußte seine Gefühle besser unter Kontrolle halten. »Es geht mir nicht um den, es geht mir nur um uns. Ludwig ist schwach, aber Waldemar könnte eine Stärke gewinnen, die uns alle an den Galgen bringt.«
    »Das schon. Aber gerade darum werden wir ihn mit großem Jubel begrüßen, sollte er wirklich versuchen, die Wittelsbacher zu vertreiben.«
    »Das versteh' ich nicht …«
    Guntzo bewies ihm seinen politischen Verstand: »Nun, wir laufen über zu ihm und sagen, daß wir nur deshalb als Freie in den Wäldern leben, weil Ludwig ein so schlechter Herrscher war, uns keine andere Wahl gelassen hat und wir ihm so am meisten schaden konnten. Jetzt aber, da unser rechtmäßiger Fürst zurückgekommen ist, wollen wir an seiner Seite kämpfen, um die Wittelsbacher aus dem Land zu werfen. Und da Waldemar knapp an Geld und Soldaten sein wird, nimmt er einen jeden von uns und spricht uns frei von aller Schuld.«
    Meinhard bewunderte den Scharfsinn seines neuen Freundes und sah zugleich, welche Gefahr damit für seinen alten Freund aus Bayern entstand, denn keiner kannte das Gelände besser als Guntzo und Konsorten. Aber jetzt gehörte er zu ihnen, den Räubern, und sie würden ihn eher erstechen als in Frieden ziehen lassen, zudem auch noch zu Ludwig. Meinhard erging sich in Selbstmitleid.
    »Warum siehst du so traurig aus?« wollte Guntzo wissen.
    »Weil …« Er mußte sich etwas einfallen lassen, um Guntzos Mißtrauen zu beschwichtigen. »… weil ich einfach nicht dahinterkomme, wer den falschen Waldemar aufs Schachbrett im Spiel um die Mark geschoben haben könnte. Karl vielleicht in Prag oder die Magdeburger selber?«
    »Ich glaube eher, daß eine Frau ihn aus dem Hut gezaubert hat.«
    »Eine Frau? Seine – Agnes – ist doch schon lange tot!«
    »Die Gräfin Matilde hingegen ist außerordentlich lebendig …«
    »Ah, die …« Meinhard erinnerte sich an die Verwünschungen, die sie Ludwig hinterhergeschickt hatte, als der die Ehe mit der Margarete Maultasch eingegangen war. Rache als Motiv war immer plausibel. Es war klar, daß er mit ihr reden mußte, wenn er Guntzos Trupp entkommen war. Aber ob das jemals geschehen würde …? Er fühlte sich mit einer Kraft zu Guntzo hingezogen, die ihm unheimlich war, und er dachte an die alten Geschichten von den Brüdern, die vom Schicksal früh getrennt worden waren und dann per Zufall als reife Männer zueinanderfanden.
    Sie sahen Belzig vor sich liegen, und Guntzo erzählte ihm, daß Kaiser Otto III. 997 dem Erzstift Magdeburg ein ›burgwardium Belizi‹ verliehen hätte, einen Ort mitten im Slawengau der Ploni. »Dann kamen die von Jabilinze aus dem Ostsächsischen her, um die Slawen zu verdrängen.«
    Damit waren sie am Stadttor angelangt und hatten den Wächtern Rede und Antwort zu stehen.
    »Meinhard von Attenweiler aus Nürnberg«, sagte Meinhard und hielt dem Belziger, der mit Sicherheit nicht lesen konnte, einen Brief vor die Nase, der das Wappen Ludwigs trug. »Mit Ruprecht, meinem Waffenmeister. Der Markgraf will, daß ich nachsehe, wie die Bewaffnung seiner Getreuen in Belzig ist.«
    »Immer herein!« Der Mann freute sich, einem so edlen Herrn das Tor zu öffnen.
    Guntzo schmunzelte. »Das war ja leichter, als eine Fliege zu fangen.«
    »Hoffentlich wünschen wir uns nicht bald, wie eine Fliege zu entkommen«, unkte Meinhard, der immer den schlechtestmöglichen Ausgang einer Sache vor Augen hatte.
    Doch die Belziger waren viel zu gutgelaunt, um auf zwei fremde Reiter zu achten. Ihr neuer Bürgermeister war am Morgen aus dem Rathaus getreten und hatte ein großes Volksfest verkündet. Nun war Jung und Alt zum Marktplatz geeilt, um sich zu verlustieren.
    Guntzo und Meinhard stiegen von den Pferden und verfolgten das bunte Treiben aus sicherer Entfernung.
    »Was soll das?« fragte Meinhard.
    »Keine Ahnung.«
    Mitten auf dem Marktplatz war ein Pfahl in den Boden gerammt, und ein Schwein war mit langem Strick daran festgebunden. Die Leute schnatterten in freudiger Erwartung, aber Guntzo und Meinhard konnten den Worten nicht entnehmen, was das Ganze zu bedeuten

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