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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Albrecht, der Sachse da, Rudolf, und die anderen.«
    Rehbock schlug sich so kräftig mit den flachen Händen gegen die Schläfen, daß es weithin klatschte und gehörig schmerzte. »O Gott, dann ist meine Sache verloren. Die Sonne Syriens hat mir alles aus dem Kopf gebrannt, schwere Balken sind auf mich herabgestürzt, die Heiden haben mich so lange in meinem Verlies hungern lassen und dürsten, daß der Wahnsinn mich erfassen mußte. Bruder Marquardus hat mich zwar geheilt, aber …«
    Henning von Nienkerken schmunzelte, denn es imponierte ihm schon, wie sich der Müller aus Bärwalde da aus der Affäre zog. Grandioser noch als bei seinem Auftritt vor dem Erzbischof. Ungemein echt. Man mußte ihm nur ein wenig Hilfestellung leisten, dann erreichte er sein Ziel, Markgraf Brandenburgs zu werden, und wenn er es dann war, dankte er seinem treuen Ritter Henning von Nienkerken sicherlich, indem er ihm das eine oder andere Dörfchen schenkte.
    Rehbock jammerte weiter, sein Gedächtnis sei wie ein Sieb, nichts sei mehr darin geblieben.
    Henning von Nienkerken legte ihm die Hand auf die Schulter. »Machen wir wieder ein Gefäß daraus und füllen alles nach, was fehlt.«
    »Wie denn?« fragte Rehbock kläglich.
    »Ich habe viele gelehrte Mönche nach Waldemar gefragt, auch Händler, Ritter, Kämmerer, Bauern … Alle, die Ohren hatten zu hören und einen Mund, mir Antwort zu geben, und ich habe in den alten Urkunden nachgeschaut, die in Magdeburg liegen. So weiß ich mehr über Waldemar als die Mehrzahl seiner Verwandten.«
    »Aber ihre Fragen …« Rehbock blieb verzagt, denn ein Müller wie er hatte sich einer Prüfung nie zu unterziehen gehabt.
    Henning von Nienkerken grinste, er liebte dieses Schelmenstück. »Ich hab sie ein wenig belauscht bei ihrer Sitzung vorne im Schloß …«
    Rehbock sprang auf und umarmte den findigen Ritter. »Dich hat mir der Herr geschickt! Verlaß dich auf den Herrn von ganzem Herzen und verlaß dich nicht auf deinen Verstand …«
    »Nun, du hast ja mich! Gleichviel: fangen wir an. Frage eins: Wo hat der alte Markgraf Waldemar, das heißt, wo hast du früher mit Vorliebe das Weihnachtsfest gefeiert?«
    Fast wäre es Rehbock entfahren: In Niemegk und Bärwalde. Er konnte sich gerade noch beherrschen. »… äh, in … im Kloster Chorin …«
    »Falsch. Auf der Burg Liebenwalde.«
    »Auf der Burg Liebenwalde«, wiederholte Rehbock. »Auf der Burg Liebenwalde, auf der Burg Liebenwalde …«
    Henning von Nienkerken hatte Mühe, nicht allzu maliziös zu lächeln. Gekonnt imitierte er die schnarrende Stimme des Grafen zu Anhalt. »Richtig, ja. Und nun die zweite Frage, lieber Oheim: Wann und wo hast du dich mit Agnes verlobt?«
    Das hatte Jakob Rehbock schon gelernt. »In der ersten Maiwoche des Jahres 1309 in Tangermünde.«
    »Phantastisch!« Henning von Nienkerken klatschte in die Hände. »Und die Vermählung?«
    Auch das kam prompt. »Wiederum in Tangermünde und wiederum im Mai – doch zwei Jahre später.«
    »1311, und zwar zu Pfingsten … Oder?« Henning von Nienkerken verglich es mit seinen Notizen. »Ja. Und, lieber Oheim, was war an diesem Mai so Besonderes?«
    »Es hat unaufhörlich geregnet und große Überschwemmungen gegeben. Die übermäßige Nässe hat die Ernte verdorben, so daß ein großer Mangel und eine Teuerung entstand.«
    »Sehr gut. Und weiter?«
    »Meine zukünftige Schwiegermutter – die Herzogin Anna von Breslau – und ich, wir schenkten dem Kloster Campen den Hof Kotze sowie den Kotzesee.«
    So übten sie noch eine geraume Weile, und als Rehbock dann wirklich im intimen Jägerzimmer den versammelten Fürsten Rede und Antwort stehen mußte, lief es wie am Schnürchen und kam so, wie Henning von Nienkerken es vorausgesehen hatte. Nach den Fragen zur Markgräfin Agnes, die leider bereits verstorben war, also kein Zeugnis mehr ablegen konnte, kamen sie zu den Kriegen, die Waldemar geführt hatte, aber auch zu seinen öffentlichen Auftritten im Reich.
    Herzog Rudolf von Sachsen, der dem Wein wieder reichlich zugesprochen hatte, konnte sich nur an weniges erinnern, hatte aber die Königswahl von 1314 im Gedächtnis, da einer seiner Verwandten an ihr teilgenommen hatte.
    »Lieber Vetter … Wenn du wirklich Waldemar bist, dann muß du im Oktober 1314 an der Wahl teilgenommen haben, wo …« Er brachte den Satz nicht ordentlich zu Ende. »Also: Wer war dabei, als Herzog Ludwig von Bayern zum römischen König und künftigen Kaiser gewählt worden

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