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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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sagte Meinhard düster. »Vom Mittelmeer kriecht der Schwarze Tod zu uns herauf, unaufhaltsam, als würdest du einen Eimer mit Pech auf den Boden gießen.« Berichte über den Todeszug der Pest gab es aus Kastilien und Aragon, aus Frankreich und Südengland, aus Neapel, aus Ungarn und aus Konstantinopel.
    Betkin von Ost kam herein und fragte, was denn nun mit dem jungen Waldemar geschehen solle. »Der Graf von Anhalt will dich endlich sprechen.«
    Ludwig stöhnte auf. »Gibt es denn hier nichts anderes als ständig neue Probleme?«
    Der Ritter blieb ungerührt. »Die Ratsherren bitten auch, vorgelassen zu werden.«
    »Warum schicken sie mir denn kein Weib?«
    »Nicht mal mit einem Keuschheitsgürtel würden sie ihre Weiber zu dir ins Rathaus schicken«, lachte Betkin von Ost.
    »Gott, konnte mir mein Vater nichts anderes vererben als diesen sauren Essig hier!?«
    Meinhard und Betkin brauchten ihre ganze Geduld, um den Freund wiederaufzurichten, damit er tat, was seines Amtes war.
    »Na schön, bringt mir einen Liter Wein, dann guck ich mir den Anhaltiner an.«
    »Ich werd's ihm sagen.« Damit verließ Betkin von Ost die beiden.
    Eine halbe Stunde später betraten sie einen kleinen Nebenraum, in dem ein blasser Jüngling am Fenster hockte und trübsinnig durch die runden Scheiben auf die Wasserströme starrte, die aus den Dachtraufen hinabplätscherten. An seinem Ritterwams hingen weder Dolch noch Schwert, was hieß, daß er gefangen war.
    »Grüß dich Gott«, sagte Ludwig und setzte sich gegenüber an den Tisch. Auch Meinhard nahm Platz.
    Der Graf von Anhalt blickte auf. »Es ist schwer, Gott zu grüßen in diesem gottverlassenen Nest.«
    Ludwig nickte. »Das ist kein Krieg, wenn man wochenlang hinter Mauern liegen muß. Ich halt das auch nicht aus.«
    Meinhard lachte. »Troja hat zehn Jahre den Griechenrittern widerstanden.«
    »Ein schönes Troja, dies Frankfurt!« höhnte Ludwig, um dann den jungen Waldemar nach seinen Wunden zu befragen.
    »Alles gut verheilt.«
    »Schön.« Ludwig sah den jungen Anhaltiner prüfend an und hatte plötzlich eine Idee, mit der sich die Dinge noch zum Guten wenden ließen. »Du gefällst mir, Waldemar. Und darum laß uns nicht länger streiten um dieses lumpige Land. Egal, ob dein Onkel nun der echte Markgraf ist oder der falsche Waldemar: Du wärst auf alle Fälle der richtige! Hier meine Hand, schlag ein: Mit frohem Herzen ließ ich die Trompeter blasen und würde noch heute nach Bayern zurückreisen, wenn du als mein Statthalter hier in Brandenburg bliebst.«
    Meinhard sprang auf. »Was sind das wieder für Märchen!« Wenn er etwas fürchtete, dann waren es die spontanen Einfälle seines Herrn.
    Ludwig drückte ihn auf den Stuhl zurück. »Wie du sie liebst. Nun, Waldemar, sag ja, und die Würfel sind gefallen.«
    Der Graf von Anhalt hatte eine Weile gebraucht, um die Nachricht zu begreifen, jetzt aber fuhr er hoch. »Ich lasse mich nicht ausspielen gegen meinen Onkel, hast du gehört!?«
    Ludwig nahm einen Becher und schlug damit auf den Tisch. »Ich mein' es gut mit dir!«
    »Es meinen allzu viele gut mit mir«, trotzte der junge Waldemar. »Ich habe genug Beschützer und Vormünder und will für mich selber stehen.«
    Ludwig war nicht mehr imstande, sich zu zügeln. Er sprang auf und klopfte dem Gefangenen auf die Schulter, ganz von oben herab. »Entschuldige, Vetter, für einen großen Gedanken bist du halt ein wenig zu klein.«
    Der Graf von Anhalt sprang auf, und seine Hand fuhr an die Seite, wo sonst das Schwert zu finden war. »Herzog, das fordert Blut!«
    Ludwig ging lachend zur Tür. »Sobald du dich losgekauft hast, wann und wo du willst. Mit seinem Gefangenen schlägt sich niemand, er könnte sich ja sein Lösegeld totschlagen dabei.« Er sah Meinhard an. »Verhandle du mit ihm, ich hab Besseres vor.«
    Damit verschwand er, und Meinhard fragte sich, ob er sich nun gar als Knecht verkleidete, um unten an der Oder eine Frau zu finden, die ihm zu Willen war, wenn's eine kleine Münze dafür gab.
    »Bleiben wir, die wir zu klein sind, unter uns«, sagte der Graf von Anhalt und setzte sich wieder.
    »Tröstet Euch«, sagte Meinhard. »Er ist ja selber kein Großer – an Karl gemessen. Auch wenn er sich als Adler sieht und alle ringsum für ihn nur Wespen sind, so hat er sie doch zu fürchten.«
    Der Graf von Anhalt setzte sich wieder. »Vielleicht sollten wir wirklich zusammengehen gegen Karl …«
    Meinhard spürte, daß der Moment gekommen war, einen Vorstoß ins

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