Der Letzte Askanier
Zentrum der Dinge zu wagen. »Das ist doch von Eurer Seite genial eingefädelt worden: gleichsam einen toten Mann aufs Pferd zu setzen, den keine Lanze richtig treffen kann, der nichts ist als ein bloßer Name, ein Schatten und ein Klang.«
»Ihr meint den alten Markgrafen?«
»Ja, Euren Onkel Waldemar.«
Nun wurde der junge Waldemar so ernsthaft wie noch niemals zuvor: »Wir sind Feinde, Ludwig und ich, und Ihr seid Ludwigs Freund, und dennoch sage ich es Euch mit aller Deutlichkeit: Bei allen Märtyrern, den falschen Mann erkenne ich nicht an. Mein Recht auf dieses Brandenburg ist gut, und meine Liebe zum Lande ist groß, aber ich wollte es nie und nimmer einem Betrüger verdanken!«
Meinhard hatte gehört, was er hören wollte. Er lächelte. »Dann sollte Ludwig Euch freilassen, denn wer unter seinen Feinden Zwietracht sät, hat halb gewonnen.«
»Nein, danke. Wir werden Frankfurt schon bald genommen haben.«
»Ach«, Meinhard winkte ab. »Wenn erst der Winter kommt – und mit ihm die Wölfe und die Seuchen –, dann werden sich Eure Heere bald in alle Winde zerstreuen, denn die Männer murren, und keiner hat mehr das Geld, sie zu bezahlen. Bis auf Karl. Man munkelt, der würde alles für Euch zahlen, damit Ihr die Mark bekommt – und damit er durch Euch.«
Das brachte den jungen Waldemar erneut in Rage. »Ich bin mein eigener Herr und werde es für immer bleiben. Fünfhundert Mark Lösegeld kann ich selber für mich bieten.«
Dies hatte auch Ludwig gehört, der zu Meinhards großem Erstaunen zurückgekommen war. Wie er später erfahren sollte, hatten ihm die wartenden Ratsherren den Weg nach draußen verlegt.
»Fünfhundert Mark, was ist das schon«, bemerkte Ludwig. »Ich brauche mehr für meinen Krieg um Brandenburg.«
»Es ist viel Geld für ein kleines Land wie meines.«
»Ja, wenn du's bei dir hättest …«
»Ich zahle es! Herzog Ludwig, auf mein Wort: Ich bringe dir die fünfhundert Mark sofort, wenn du mich freigelassen hast. Laß mich frei – auf mein Wort als Fürst und Ritter. Du sollst keinen Schaden haben.«
»Nun …« Markgraf Ludwig dachte eine Weile nach. »Nein!«
»Denk daran, wie dein Vater entschieden hätte, Kaiser Ludwig.«
Ludwig trat die Tür gegen die Wand, daß es nur so krachte. »Hör mir auf mit dem: der hat mich doch allein gelassen mit diesem ganzen Elend hier. Deinem Worte trau' ich schon, aber nicht deinem Geschick, wenn wir den Ausfall wagen. Dann trifft dich ein Schwert – und was gilt da noch dein Wort? Komm, Meinhard, die Räte warten auf uns. Vielleicht haben die besser gefüllte Taschen als mein armer Vetter hier.«
Sie gingen hinüber in den großen Saal, und Ludwig nahm auf einem großen Sessel Platz. »Wie bei der Kaiserwahl«, brummte er. »Aber viel lieber wär ich jetzt am Hafen unten und würde mit den Schiffern saufen und ihre Frauen besteigen. Jetzt muß ich wieder blöden Reden lauschen.«
Ludwigs Troß war nahezu vollständig erschienen, so wichtig war die Sache: Graf Günther von Schwarzburg, Herr zu Spremberg und wegen dieser Herrschaft einer von Ludwigs Vasallen, der Feldhauptmann Friedrich von Lochen, der Hofmeister Hartwig von Gundelfingen, die Ritter Ulrich Wilbrand, Betkin von Ost und Betke Botel, der Marschall Berengar Heele von Sundheim und schließlich noch Wolfhard von Satzenhofen.
Mit ernsten Mienen traten die Ratsherren jetzt ein, Eike Winns an ihrer Spitze. Er nickte Meinhard freundlich zu, man kannte sich ja vom Lager südlich Berlins. Die Ratsherren aus Frankfurt an der Oder neigten sich tief, und Markgraf Ludwig grüßte sie mit fürstlicher Würde und setzte sich, um zu hören, was Eike Winns ihm mitzuteilen hatte.
Eike Winns redete viel von der Treue der Frankfurter und ihrem festen Glauben an ihn, daß sie nicht wankten und weichen wollten, mochten auch andere Städte dem falschen Herren dienen. »Wir wissen, daß Markgraf Waldemar eines wirklichen Todes gestorben und zu Chorin begraben ist, und es ist eitel Pfaffentrug, daß er auferstanden sei. Selbst eines Kaisers Wort kann einen Toten nicht lebendig machen.«
Meinhard sah Ludwig ärgerlich zusammenzucken. Daß sie seinen Erzfeind Karl nun schon als Kaiser sahen, Gott!
»Was er sagt, das weiß ich doch alles«, zischte ihm der Markgraf ungeduldig zu. »Vom Geld soll er reden!«
»Warte ab.«
»Ach!« Ludwig sprang auf und legte dem Ratsherrn die Hand auf die Schulter. »Daran erkenn' ich die Weisheit meiner Frankfurter. Ein toter Mann bleibt tot und kann
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