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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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seinen Bürgern nichts mehr wiedergeben, ein Lebendiger aber, der kann's – und lohnt es ihnen.«
    Eike Winns verneigte sich tief. »Herr, Ihr sprecht ein gerechtes Wort. Das haben wir Frankfurter bewiesen und beweisen es Tag für Tag und wollen's fürderhin beweisen. Mögen unsere Mauern auch brechen: Wir bleiben stehen und schützen unseren Markgrafen, denn er ist der wahre Herr. Hundert und etliche sind schon gefallen, und viele liegen in den Siechenhäusern, aber als der Rat die Leute fragte, da …«
    »Da antworteten die wackeren Frankfurter: ›Bis in den Tod!‹ – ich weiß, lieber Getreuer, ich hab' es selbst gehört. Aber bei Gott, ich will nicht Euren Tod. Euer Glück will ich, Euren Frieden. Und ich will ihn gern für Euch erkaufen, dafür ist mir nichts zu teuer.«
    »Das weiß die Stadt«, fuhr der Ratsherr fort. »Und als ein schlechter Mann sagte, du wolltest uns dem König verkaufen, so er dir Geldes genug dafür böte, da ließ ihn der Rat greifen und schlagen.«
    »Recht so!« entgegnete Ludwig. »Wer mit Karl von Böhmen handelt, der verliert. Ihr als gute Kaufleute wißt indes, wie viel ihr durch meine Hofhaltung hier gewonnen habt, wie der Handel blüht durch mich, wie ich euch überhäuft habe mit Privilegien. Für euch führe ich diesen Krieg, für euren Handel und für eure reiche Stadt. Aber für diesen Krieg braucht euer Fürst auch Geld. Und wie gesagt: Frankfurt ist reich.«
    »Vor dem Kriege waren wir reich«, wandte Eike Winns vorsichtig ein. »Doch unsere Ausrüstung und die Ausbesserung der Wälle hat viel Geld verschlungen, und jetzt ist unser Handel tot, die Straßen sind gesperrt, unsere Kähne liegen ungenutzt, unser Notstand ist groß …«
    »Wenn alles vorbei ist, wird sich mein treues Frankfurt wie Brietzen nennen dürfen«, sagte Ludwig mit huldvoller Miene.
    Treuenfrankfurt, dachte Meinhard, o Gott, aber dann wenigstens nicht mehr zu verwechseln mit dem anderen Frankfurt drüben am Main.
    Eike Winns senkte demutsvoll den Kopf. »Dennoch, Herr, die tausend Mark, die Ihr verlangt, sind von uns nicht aufzutreiben.«
    »Nicht aufzutreiben!?« schrie Ludwig, und Meinhard befürchtete, daß der Freund den eher schmächtigen Ratsherrn packen und aus dem Rathausfenster werfen würde.
    »Es ist uns unmöglich, durchlauchtigster Herr.«
    »Schert euch zum Henker!« schrie Ludwig. »Wo bekomm ich das Geld nun her?«
    »Holt es Euch doch von den Juden!«
    »Was seid ihr für gescheite Leute! Ihr mögt sie nicht auf euren Märkten, wie?«
    »Blutsauger sind sie, das ist wahr. Die Pfaffen sind wir los, die Juden nicht. Wo die erst einmal nisten, verderben sie Handel und Wandel, und wie die Raupen sind sie da, man weiß nicht woher.«
    Da fuhr Meinhard auf. »Haltet den Mund, Eike Winns, sonst bekommt Ihr es mit mir zu tun!« Das war er Leah und auch Baruch schuldig.
    Ludwig stimmte ihm zu. »Die Juden sind meine guten, lieben Freunde, merkt Euch das. Ihnen soll ich das Geld abnehmen, das sie sich sauer verdienen. Bin ich ein Räuber? Ich bin ein Fürst!«
    Meinhard fand zwar gut, daß Ludwig das so sagte, wußte aber auch, wie eifrig er sich gestern bemüht hatte, seinen jüdischen Freunden das Geld aus der Tasche zu ziehen: Wenn ich euch beschützen soll, müßt ihr euch das auch etwas kosten lassen …
    Eike Winns zog nun ein Pergament hervor. »Hoher Herr, wir haben unsere Einrede gegen ein erneutes Darlehen durch unseren Syndikus ausarbeiten und sauber auf Pergament niederlegen lassen, sowohl auf sächsisch als auch auf lateinisch, und unser Stadtsiegel drangehängt. Wollt Ihr die Urkunde gnädig entgegennehmen und unser in Liebe gedenken.«
    Ludwig vermochte seines Zorns nur mühsam Herr zu werden. Mit süßsaurem Lächeln dankte er seinen Getreuen aus Frankfurt, stieß aber das Pergament zurück. »Nein, da ihr eurem Fürsten nichts geben wollt, darf er auch nichts von euch nehmen. Da ich euer Geld nicht kriege, will ich auch eure Ausreden nicht. Verwahrt sie gut zum Gedenken dessen, daß ihr euren Fürsten in der Not im Stich gelassen habt.«
    Meinhard fand, daß die Frankfurter so unrecht nicht hatten. Wenn Ludwig zuvorderst seine Interessen verfolgte und Karl die seinen und Waldemar die seinen, warum in Gottes Namen sie nicht auch die ihren? Weil in Gottes Ordnung die einen über den anderen standen? Vor knapp hundert Jahren hatte ein Franziskaner dies bindend festgehalten, Berthold von Regensburg in seiner Rede ›Von den zehn Chören der Engel und der Christenheit‹.

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