Der letzte Aufguss
erklärte er. »Am
Kleiderhaken hängen fünf Deerstalker-Hüte und sieben Inverness-Mäntel, wie man
sie aus den Illustrationen von Sidney Paget zu den Sherlock-Holmes-Geschichten
kennt. Doch was hatte der mit Portwein zu tun? Gar nichts. Holmes vertraute
stärkeren Drogen als süÃem portugiesischen Wein. Und wenn ich mich nicht
täusche, ist das an Ihrem Körper, Mister Parker, einer der rot-goldenen
Morgenröcke, die Holmes abends zu tragen pflegte.«
Robert Parker klatschte in die Hände, und die anderen fielen ein. »Sie
sind wirklich gut! Respekt!«
Bietigheim kannte den Vorsitzenden der Society, denn dieser hatte
bei ihm in der Vorlesung gesessen, allerdings hatte er sich dort mit einem
anderen Namen vorgestellt. Parker war ein drahtiger, junger Mann, der an einen
Whippet erinnerte, selbst sein Gesicht mit den hohen Wangenknochen und feinen
Augenbrauen wirkte aerodynamisch, sein Blick war klug.
»Portwein und Käse scheinen mir nur ein Vorwand für Ihre Treffen zu
sein.« Bietigheim präsentierte die drei mitgebrachten Käselaibe. »Dann sind
diese Prachtstücke wohl unnötig.«
»Vacherin dʼEpoigey«, stieà Joel Payne aus, der Hüter des
Geheimwissens. »Sie meinen es wirklich gut mit uns.«
Bietigheim packte die Prachtstücke wieder weg. »Nichts davon ist nun
für Sie. Und meinen Vortrag über dieses Meisterwerk der Schöpfung werden Sie
auch nicht zu hören bekommen. Ich darf mich verabschieden, denn ich wurde unter
Vorspiegelung falscher Tatsachen hergelockt.« Er machte auf dem Absatz kehrt.
Michael Broadbent stellte sich vor die Tür. »Unsere Tarnung muss
perfekt sein! Offiziell sind wir die Port Wine Society, und jeder von uns kennt
sich dank Joel mit Ports und dem passenden Käse bestens aus. Wir machen Proben
und Schulungen, wir unternehmen sogar regelmäÃig Reisen nach Portugal. Aber
eigentlich â¦Â«
»â¦Â eigentlich sind wir eine Society von Detektiven, in Andenken an
Sherlock Holmes«, fuhr Parker fort. »Es gibt die Society seit 1927, also dem
Jahr, als Arthur Conan Doyle mit âºThe Case-Book of Sherlock Holmesâ¹ sein
letztes Werk über den Meisterdetektiv veröffentlichte. Unsere wahre
Leidenschaft gilt Kriminalfällen.«
Bietigheim musterte den ersten Vorsitzenden. Plötzlich fiel ihm sein
Name wieder ein. »Sie sind Gregory Hutchinson, zweites Studienjahr, nicht wahr?
Ihr Deckname Robert Parker ist sicher nicht zufällig auch der Name des
berühmtesten und einflussreichsten Weinkritikers der Welt?«
Robert Parker lächelte. »Bitte setzen Sie sich doch. Es soll nicht
zu Ihrem Schaden sein, schlieÃlich könnte Ihr Leben daran hängen, dass der
Mörder endlich gefasst wird. Je schneller, desto besser.«
Bietigheim lieà sich auf dem Ehrenplatz nieder, behielt seinen
Mantel aber an.
Robert Parker fuhr fort: »Sie haben natürlich völlig recht, mein
Name ist Maskerade. Aber so ist es seit Gründung dieser Society. Die Mitglieder
nehmen für die Zeit ihres Studiums den Namen einer berühmten Persönlichkeit aus
der Weinszene an. Wir haben beschlossen, die Namen bedeutender Weinjournalisten
zu verwenden, und sind angehalten, diese wann immer möglich einzusetzen.«
Der Professor wurde ungeduldig. »Wenn Sie mir endlich, was die
Höflichkeit schon längst erfordert hätte, Portwein und Stilton anbieten würden,
wäre ich bereit, Ihnen kurz zuzuhören.« SchlieÃlich, dachte Bietigheim, waren
Port und Stilton zwei der unbezweifelbaren Gottesbeweise auf diesem Erdenrund.
»Es ist ein 1890er Burmester Novidade Reserva Port, extra für Sie
aus unserem Keller geholt«, sagte Hugh Johnson und schenkte groÃzügig ein.
Bietigheim fand das nur angemessen. Auch die GröÃe des von Jancis
Robinson perfekt abgeschnittenen und ihm auf einem Porzellanteller gereichten Käsestücks.
Er hatte, wie es sich gehörte, Raumtemperatur und ein Stück Pflaumenbrot lag
daneben. So lieà er sich das gefallen.
»Woher wussten Sie, dass ich mein Fahrrad bei University Cycles
kaufen würde?«
Robert Parker lächelte stolz. »Wir haben beobachtet, wie Sie in die
Gerichtsmedizin gegangen sind. Dr. Cumberland ist ein Sympathisant unserer
Vereinigung. Er berichtete uns deshalb auch von Ihrer Fahrradfrage. Wann sie
dort auftauchen würden, wussten wir natürlich nicht. Wir hofften
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