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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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prüfte noch einmal den Luftdruck der Reifen, stellte
es nach Augenmaß perfekt auf Bietigheims Größe ein – und kassierte.
    Als er dem Professor das Rückgeld gab, lehnte er sich
verschwörerisch über den Tresen. »Ich hab da noch was für Sie.«
    Â»Eine Luftpumpe wäre wunderbar. Ebenfalls in Schwarz bitte.«
    Â»Lege ich Ihnen gerne noch dazu. Aber ich meine etwas für Sie
persönlich.«
    Â»Für mich?«
    Â»Professor Dr. Dr. Adalbert Bietigheim.« Er reichte ihm einen gelben
Umschlag.
    Â»Er duftet nach Käse.«
    Â»Nett, dass Sie duften sagen. Es ist Stinking Bishop.«
    Â»Ist mir wohlbekannt.«
    Â»Ich weiß, von Ihrer Arbeit über neue europäische Käse.«
    Â»Ein Kuhmilchkäse aus Gloucestershire. Stärker duftet nur noch der
Stinking Archbishop. Wissen Sie, von wem der Umschlag stammt?«
    Â»Eine halbe Stunde bevor Sie den Laden betraten, hat ihn ein junger
Mann abgegeben.«
    Â»Trug er ein Tweedsakko?«
    Colin nickte.
    Â»Und Sie haben ihn einfach angenommen, ohne zu fragen?«
    Â»Er hat mir dafür das hier gegeben.« Colin tauchte kurz unter die
Theke und präsentierte eine Portflasche. Es war ein Vintage von Niepoort. Dazu
sagte man nicht Nein.
    Bietigheim nickte. »Schon wieder die Port Wine Society. Warum lassen
die nicht locker?«
    Â»Gehen Sie hin, wenn Sie eine Einladung erhalten. Da gibt es guten
Wein und guten Käse. Das ist Ihre Eintrittskarte, um bei den Studenten
akzeptiert zu werden.« Dann zwinkerte er. »Es sei denn, der Mörder findet sich
unter den anwesenden Studenten, dann wird es eher die Austrittskarte aus der
University.« Er trank schmunzelnd seinen Tee aus. »Verpassen Sie den Termin
lieber nicht. Und bringen Sie selbst einen guten Käse mit, das soll dort gern
gesehen werden.«
    Bietigheim öffnete den Umschlag. Außer einem Käsestück lag darin
eine weitere Einladung für die Veranstaltung, die am heutigen Abend um zehn Uhr
stattfinden würde.
    Dann musste er noch schnell einen guten Käse auftreiben.
    Als er zurück in die Pretoria Road geradelt war – oh, welch Wonne in
dieser Stadt zu radeln, nur die ignoranten Fußgänger und Autofahrer störten –,
erkannte er seine Behausung kaum wieder. Sie hatte sich in eine Festung
verwandelt. Vor den Fenstern waren Eisenstangen montiert, auf dem niedrigen
Gartenmäuerchen Glasscherben einbetoniert und darüber Stacheldraht gespannt.
Schießscharten waren zwar keine zu erkennen, aber Tretminen hätten den
Professor nicht gewundert. Plötzlich hörte er ein Surren, und als er in die
entsprechende Richtung blickte, sah er, wie eine Überwachungskamera in seine
Richtung schwenkte.
    Kurze Zeit später öffnete sich die Haustür, und Pit winkte ihn
herein.
    Â»Kommen Sie, Professore. Your home is now your castle!«
    Â»Was soll denn dieser Unfug? Diese Verschandelung!« Bietigheim trat
in den Flur, Pit schloss sofort die Tür hinter ihm. Viermal. Und jedes Schloss
doppelt.
    Â»Ist alles zu Ihrer Sicherheit. Hier hinterlässt kein Mörder mehr
Teepackungen und Fotos. Hier sind Sie jetzt bombensicher.«
    Â»Sie sind ein Wahnsinniger, schlicht und ergreifend.«
    Â»Hier sind die neuen Schlüssel. Habe nämlich alle Schlösser im Haus
ausgewechselt. Hinten wie vorne. Jetzt muss ich nur noch die Lichtschranke im
Garten montieren.«
    Bietigheim hielt Pits Arm fest. »Nein, jetzt müssen Sie nach London
fahren und Käse kaufen. Vacherin dʼEpoigey. Im Kaufhaus Harrodʼs. Und zwar
schnell, ich benötige ihn zur Begleitung eines Vortrags am heutigen Abend.
Also, was stehen Sie noch hier herum und halten Maulaffen feil? Ab in Ihr Auto –
und denken Sie daran, links zu fahren!«
    Doch Pit ging nicht. Stattdessen grinste er stolz, während
Bietigheim das Wohnzimmer betrat. Oder besser: es versuchte. Denn der Raum
stand voller Kartons.
    Â»Wird das alles für die Lichtschranke benötigt? Oder wollen Sie das
Haus mit einer vollständigen Stahlpanzerung versehen?«
    Pit klopfte auf einen der Kartons. »Quatsch, Panzerung, das sind die
Unterlagen Ihrer beiden Vorgänger. Und zwar komplett.«
    Der Professor öffnete den ihm am nächsten stehenden Karton. Zuoberst
lag ein historischer Abriss über Tee aus Malawi, dem kleinen Land im
ostafrikanischen Grabenbruch.
    Er konnte es nicht fassen.
    Â»Die Festplatten sind in der

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