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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Sie lüpfte ihr Kleid ein wenig und entblößte ein makelloses Bein. »Wissen
Sie, Herr Professor, mir wäre es lieb, wenn der Mörder gefasst würde. Diese
Geschichte wird ja immer wieder an mich herangetragen. Ständig fragt einen
jemand, ob Yard den Täter endlich hätte. Ich bin das so leid, es langweilt mich
ungemein. Und ich habe keine Zeit für Langeweile. Das ist etwas für Leute mit
Großbildfernsehern.«
    Erst jetzt fiel Bietigheim auf, dass sich im Wohnzimmer kein
Fernseher befand. Auch kein Schrank, in dem er versteckt sein konnte. »Ich
werde mich bemühen, Scotland Yard nach Kräften zu unterstützen. Sagen Sie mir
einfach alles, was Sie wissen.«
    Die Countess stand auf und ließ die gläserne Terrassentür per
Knopfdruck vollständig zur Seite fahren. »Ich bin kein lebendes Tonband, das
einfach Informationen abspult. Ich sage Ihnen, wo Sie Ihre Nase hineinstecken
sollten und schnüffeln wie ein kleiner Hund. Sagt Ihnen das Tregothnan Estate
etwas?«
    Bietigheim stellte sich neben sie. »Ja«, sagte er. »Englands einzige
Teeplantage, angelegt in Cornwall. Der dort produzierte Tee ist von hoher
Qualität und ausgesprochen teuer. Wieso soll ich mich dort umsehen? Schnüffeln
werde ich sicher nicht. Schon gar nicht wie ein kleiner Hund.«
    Â»Oh, gekränkter Stolz, wie niedlich. Aber er sei Ihnen gegönnt. Im
universitären Bereich ist Stolz schließlich zur Selbsterhaltung nötig.
Tregothnan war das Lieblingsprojekt von Jonathan. Er hat die Plantage
unterstützt. Timothy hatte das Projekt zuvor betreut und es auf einen Schlag
und ohne Angabe von Gründen an ihn abgegeben. Eine Woche später war er tot.«
Sie drehte sich zu ihm. »Noch einen Cocktail? Danach zeige ich Ihnen meine
Hengste. Wagen Sie es nicht zu widersprechen!«
    Bietigheim wagte es nicht. Statt eines Cocktails bestand er jedoch
auf einem Tee. Die Sorte war außergewöhnlich.
    Pu-Erh. Sehr alt. Und sehr falsch zubereitet.
    Zurück in Cambridge fuhr der Professor erst einmal zu University
Cycles, um die Schrauben an seinem Drahtesel nachziehen zu lassen. Er musste
nicht lange warten, bis Colin an die Theke trat, sich die Hände an einem Lappen
abreibend.
    Â»Und? Sind Sie zufrieden, Professor?«
    Bietigheim hatte sein Fahrrad mit hineingenommen und tätschelte nun
den Sattel. »Fährt sich traumhaft. Und die Federung ist butterweich.«
    Â»Freut mich. Ich zieh alles nach.« Er nahm das Rad und schob es in
die Werkstatt.
    Â»Darf ich Ihnen dabei zusehen?«
    Colin schien nicht irritiert, sondern nickte freundlich und hielt
dem Professor die Tür auf. Die Werkstatt war extrem ordentlich, das Werkzeug
sauber und an seinem Platz. In einer Ecke stand ein Radio, das so leise vor
sich hin dudelte, als hätte es Angst, aufzufallen und ausgeschaltet zu werden.
    Mit wenigen Handgriffen zog Colin die ersten Schrauben an, und
Bietigheim beschloss, seine Ermittlungen fortzusetzen. Über das Tregothnan
Estate wusste Colin sicher nichts, da musste der Professor schon persönlich
hin. Doch eine andere Spur ließ sich bestimmt verfolgen.
    Â»Da Sie früher an der University waren, kennen Sie sicher auch die
Nightclimber?«
    Colin beugte sich über das Hinterrad. »Dafür muss man nicht an der
University gewesen sein, die kennt hier jeder. Na ja, kennen ist zu viel
gesagt, jeder hat von ihnen gehört.«
    Â»Ich muss den Kontakt zu dieser Society herstellen.«
    Colin lachte kurz auf. »Viel Glück. Wenn es eines gibt, was die
Nightclimber nicht wollen, ist es, gefunden zu werden. Warum wollen Sie die
denn sprechen? Sicher geht es um die Morde an Ihren Vorgängern, oder? Vermuten
Sie etwa, dass einer von ihnen etwas gesehen haben könnte?«
    Bietigheim war überrascht. »Ist das so offensichtlich?«
    Colin nickte. »Aber wenn einer von denen etwas gesehen hätte, dann
wäre er doch längst zur Polizei gegangen, oder nicht?«
    Â»Und wenn sie andere Studenten decken? Oder einen der ihren?«
    Colin gönnte der Schraube vor sich eine letzte Umdrehung und stand
auf. »Dann ja, da haben Sie recht. Ich selber weiß zwar nicht, wie Sie an die
Nightclimber herankommen können, aber ich kenne jemanden, der es weiß.« Er gab
dem Hinterrad Schwung und beobachtete die Bewegung. »Einwandfrei.«
    Bietigheim trat zu ihm und hielt das Rad fest. »Wen meinen Sie?«
    Colin ging seelenruhig

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