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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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bei Ihnen ja nicht.«
    Â»Wie ungemein höflich von Ihnen. Wie schrieb Heinrich Böll einst so
treffend: Höflichkeit ist doch die sicherste Form der Verachtung. Bezüglich des
Tees darf, nein, muss ich Sie korrigieren, schließlich sind wir dem Titel nach
Kollegen. Es ist natürlich kein Minztee, sondern nur ein aromatisches
Aufgussgetränk aus Minze. Und ich lehne mit ausgesprochener, nicht mehr
steigerbarer Höflichkeit ab.« Benno jagte gerade eine Staubmaus, Bietigheim
schob sie in Richtung von Tölers Füßen, damit der Terrier diese attackierte.
Doch dieser verlor mit einem Mal die Lust daran. Verdammt! »Ich hoffe sehr,
dass nach meiner Zeit hier in Cambridge das hiesige Kulinaristikinstitut
geschlossen wird, damit dort ein begabter Mann mit seinem eigenen Institut
einziehen kann. Falls ich ermordet würde, geschähe dies sicher noch schneller,
oder auch, wenn ich vor lauter Angst den Posten von mir aus räumen würde.«
    Â»Ach, sagen Sie bloß. Darauf wäre ich nie gekommen.«
    Â»Leider nur kommt mir kein einziger begabter Mann in den Sinn,
sondern nur ein skrupelloser. Mit schlechtem Geschmack. Aber Sie wissen sicher
nicht, von wem ich spreche, mein verehrter Kollege.«
    Â»Nein, das weiß ich tatsächlich nicht. Wen könnten Sie bloß meinen?
Ach, warten Sie: sich selbst.«
    Bietigheim ging zur Tür. »Jetzt wollte ich mich höflich
verabschieden, da führen Sie plötzlich ein Selbstgespräch. Nun ja, auf
Wiedersehen, Kollege. Ich hoffe, Ihr schrecklich enger Terminkalender lässt es
nicht zu, dass wir uns bald wiedersehen.«
    Schnell ging er hinaus, bevor Töler etwas erwidern konnte. Benno
trottete ihm hinterher.
    Es war ein gutes Gefühl, das letzte Wort zu haben.
    In Bietigheims Kopf flatterten die Gedanken wie Kolibris. Er
beschloss, nicht nach Hause, sondern ins Institut zu radeln, um all das, was in
seinem Hirn herumflog, in passend beschriftete Käfige zu sperren.
    Seine indische Sekretärin hatte das Büro bereits verlassen.
Picobello, wie Bietigheim erfreut feststellte. Wo hatte sie auf ihrem
Schreibtisch nur das Klebeband versteckt? Dann könnte er Indizien, Hinweise und
Verdächtige aufschreiben und in sinnvollen Konstellationen an die Wand pinnen.
Vielleicht in der Schublade? Auch Benno von Saber suchte – vermutlich jedoch
nicht nach dem Tesafilm. An der Wand klebte eine Telefonliste, also musste Asha
Ghalib Klebeband haben.
    Der Professor hielt inne.
    Auf der Liste stand ein Name, den er dort nicht erwartet hätte.
Niemals.
    Beatrice Pond. Mit vollständiger Adresse. Sie wohnte gar nicht weit
entfernt.
    Bietigheim musste keine Sekunde überlegen. Er würde sie nicht
anrufen, um sie zu warnen. Ganz im Gegenteil: Er wollte sie persönlich stellen,
mit einem kampfbereiten Hund an der Seite.
    Oder vielleicht eher einem fressbereiten.
    Auf Asha Ghalibs Liste waren nur die Namen, Telefonnummern und
Adressen angeben, zur Position oder Funktion stand leider nichts. War Beatrice
Pond ein Mitglied des Instituts? Er hatte noch nicht alle Mitarbeiter
kennengelernt. Oder eine Ärztin, die für Notfälle aufgeführt war? Ein hohes
Tier der Universitätsverwaltung? Nein, das konnte nicht sein, denn auf den
offiziellen Listen hatte Pit ihren Namen nicht finden können.
    Die mysteriöse Beatrice Pond lebte in einem schmucklosen Reihenhaus
mit kleinem Vorgarten in der Prospect Row. Der Professor hob Benno aus dem
Korb, kettete sein Fahrrad an den gusseisernen Gartenzaun und drückte den
Klingelknopf. Egal, was diese Frau auf der Liste zu suchen hatte, er würde sie
so überrumpeln, dass sie gar nicht anders konnte, als damit herauszurücken,
warum sie ihm diese unmissverständliche Morddrohung in Teeform hatte zukommen
lassen.
    Die Tür wurde von einer kugelförmigen Dame unbestimmten Alters mit
roten Wangen, einem seligen Lächeln auf den Lippen und einer knallbunt
geblümten Schürze geöffnet. Beatrice Pond sah aus, als würde sie Reklame für
hausgemachte Marmelade machen. Als sie Bietigheim sah, schlug sie vor Freude
die Hände zusammen.
    Â»Ach, Herr Professor, was für eine Ehre! Sie hätten sich aber nicht
die Mühe machen müssen, mich zu besuchen. Ich komme doch morgen sowieso bei
Ihnen putzen. Kommen Sie doch rein, bitte, möchten Sie mit uns essen? Es gibt Spaghetti
Bolognese mit Kartoffelpüree, Erbsen und Würstchen.«
    Wie hieß

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