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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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die Schultern der drahtigen, jungen Frau.
Sie schlossen sich darum wie Schraubstöcke.
    Â»Wir sagen nichts!«, erklärte die Nightclimberin trotzig. »Unter
Studenten herrscht Stillschweigen.«
    Â Â»Also war es jemand aus der
Studentenschaft«, folgerte Bietigheim. »Das hilft uns doch schon weiter. Mein
lieber Pit, haben Sie die Tür hinter sich verriegelt? Und ist auch keiner sonst
auf dem Dach?«
    Â»In beiden Fällen lautet die Antwort Ja«, erwiderte Pit.
    Â»Gut. Dann mal los. Ich hatte gehofft, wir hätten dies vermeiden
können.«
    Und schon schulterte Pit die Studentin und wuchtete sie über den
Sicherheitszaun, während er nur noch ihre Beine festhielt.
    Bietigheim war geschockt. Vereinbart war, nur Gewalt anzudrohen, auf
eine subtile, ja geradezu freundliche Art. Pit musste ihn missverstanden haben.
Dabei hatte ihm dieser versichert, dass er wüsste, was zu tun sei, und dass dabei
nichts passieren könne.
    Danach sah es jetzt gar nicht aus.
    Â»Pit, wir sollten …«
    Doch der hörte nicht zu.
    Â»Na, ist dir nach Klettern zumute?«, fragte Pit die Studentin. »Heute
lernst du die wichtigste Lektion dabei.«
    Â»Welche ist das denn?«, brachte die vermummte Frau stockend hervor.
    Â»Fallen.«
    Pit lockerte den Griff. Nur kurz. Den Bruchteil einer Sekunde. Doch
der Professor konnte sehen, wie in dieser Zeit das Blut im Körper des
weiblichen Nightclimbers aufkochte.
    Â»Es war Michael Broadbent!«, rief sie.
    Â» Was? « Bietigheim half Pit, die junge Frau
wieder auf den festen Boden zurückzuholen.
    Â»Michael Broadbent von der Port Wine Society. Er hat die Leiche ins
Boot geschleift und den Tee hineingegeben. Er ist der Mörder!«

KAPITEL
5

    Matcha
    Es kostete Bietigheim nur eine Frage beim Pförtner des St Johnʼs
College, um herauszufinden, in welchem Zimmer Michael Broadbent – mit
bürgerlichem Namen Steven Spurrier – lebte. Und weitere drei Minuten, bis er
vor der entsprechenden Tür stand.
    Und sie öffnete.
    Das Zimmer war bewohnt.
    Als Bietigheim den jungen Mann sah, der mit dem Rücken zu ihm auf
dem Bett saß, wurde Adrenalin in unvorstellbaren Mengen in sein Blut
ausgeschüttet – das zu einem abrupten Halt kam, ja beinahe Auffahrunfälle in
seinen Adern verursachte, als der Student sich umdrehte.
    Es war nicht Michael Broadbent.
    Â»Er ist weg«, sagte der junge Mann und stellte sich dann als
Frederick Finger vor, deutscher Austauschstudent an der Mathematischen
Fakultät. »Michael ist eben hereingestürzt, hat ein paar Sachen zusammenpackt
und ist dann wieder hinausgerannt.«
    Â»Hat er irgendetwas zu Ihnen gesagt?«
    Â»Leb wohl.«
    Bietigheim sah Pit an und dann Benno, der sicher gerne weitergerannt
wäre, denn seine Augen strahlten, während die Zunge hechelnd heraushing.
Bietigheims Blick bedeutete: durchsuchen. Pit und Benno legten los.
    Â»Sein Notebook hat er mitgenommen«, erklärte der junge Deutsche
ungefragt. »Auch seine externe Festplatte, ein paar USB-Sticks und einen
Ordner, aber wirklich nur einen. Was immer Sie suchen, er hat es vermutlich bei
sich. Worum geht es denn überhaupt? Sie sind Professor Bietigheim, oder? Und
das ist Ihr Bodyguard?«
    Pit missfiel es offenbar, als Bodyguard bezeichnet zu werden. »Nein,
ich bin sein unehelicher Sohn. Meine Mutter ist eine haarige Hamburger Wrestlerin.«
    Finger nickte beeindruckt, wenn auch nicht vollends überzeugt.
    Â»Handynummer«, sagte Bietigheim im Befehlston, »Kontaktdaten seiner
Eltern, Namen seiner Freunde, schnell und säuberlich auf einen Zettel
geschrieben. Als Zimmergenosse werden Sie all dies doch sicher haben.«
    Der Professor hatte Glück. Üblich war es auch in Cambridge nicht
mehr, dass man so viel über seinen Zimmergenossen wusste.
    Wenige Minuten später übergab ihm Frederick Finger das Gewünschte. »Es
hat mit den Morden zu tun, oder? Aber Michael ist nicht der Typ dafür, er ist
eine Seele von Mensch. Die meiste Zeit redet er nur von Jancis, also Jancis
Robinson. Sie ist die Liebe seines Lebens – aber weiß noch nichts von ihrem
Glück. Deshalb ist ihm die Society auch so wichtig, ich glaube, er ist nur
wegen Jancis drin. Oh, Ihr Hund hat Michaels Vorrat an Käse gefunden. Und Ihr … Sohn
seine liebsten Portweine.«
    Während Benno herausfand, dass man selbst im leichten Galopp
Blauschimmelkäse

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