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Der letzte Aufstand

Der letzte Aufstand

Titel: Der letzte Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas David Carter
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und her.
    „Aber wie soll das gehen? Man kann doch nicht das innere Auge von den äusseren Augen trennen?“
    „Du musst verstehen, dass deine Augen der Endprozess des Sehens sind und nicht der Punkt des Ursprungs.“
    „Bitte?“
    „Du siehst nicht dank deiner Augen, sondern deine Augen können dank des Sehsinnes sehen, wobei der Sehsinn eine nicht lokale Angelegenheit ist.“
    „ ... eine nicht lokale Angelegenheit?“
    „Schau, es gibt Menschen, die können mit ihren Gliedmassen lesen - und ich meine nicht Leute, die die Brailleschrift beherrschen. In Russland hat beispielsweise vor vielen Jahren ein Fall für Furore gesorgt, wo eine Frau die Zeitung - eine normale Zeitung - mit dem Ellbogen lesen konnte. Das wurde von einem wissenschaftlichen Team untersucht. Die Wissenschaft heute akzeptiert, was sie Haut-Sicht oder auf Englisch Skin-Vision nennt. Fazit - wir sehen nicht durch die Augen, sondern die Augen sehen durch den Sehsinn. Den Sehsinn kann man aber locker verschieben. Er ist nicht ortsgebunden. Mit anderen Worten: er ist nicht an die Augen gebunden.“
    „Du verwirrst mich!“
    „So soll es sein ... ein führender Forscher im Bereich der Neuroplastizität hat es einmal so gesagt: Wir sehen mit unserem Gehirn, nicht mir unseren Augen. Ich würde ergänzen: Wir sehen mit unserem sehenden Bewusstsein, nicht mit den Augen. Jedenfalls lässt deine Verwirrung dich Neuland betreten und neue Horizonte erfassen. Geniesse sie!“
    Wiederum folgte eine genaue Anleitung. Die Teams sonderten sich wieder ab, begaben sich alle in irgendeine Ecke des Foyers oder gingen an Deck und begannen mit der Übung.
    Diesmal war die Aufgabe des Beobachters eine Sicherheits-massnahme. Derjenige, der die Übung mache, werde wahrscheinlich das Gleichgewicht verlieren, hatte Helena gesagt. Deshalb standen die Beobachter hinter den Übenden, um sie zu stützen, sollten sie ins Wanken geraten.
    Danielle übte als Erste. Mehmet stand daneben, beobachtete sie genau; die Arme hatte er leicht gestreckt, damit er schneller zur Stelle war, falls sie umkippen sollte. Sie schloss die Augen. Innerlich begann sie hin und her zu wippen, ohne den Körper zu bewegen. Zuerst war es einfach eine Vorstellung davon, wie man den inneren Blickwinkel hin und her bewegte. Doch dann schlossen sich Empfindungen an die Vorstellung; als ob sich die ganze Brust- und Halswirbelsäule von links nach rechts und wieder zurück bewegte. Pure Einbildung, kommentierte eine Stimme in ihr. Einfach weiter machen, sagte eine andere, obwohl sich die Sache sehr ungewohnt anfühlte. Die Minuten verstrichen, während sie sich mental auf einer Schaukel befand, die seitwärts verlief.
    Gerade als sie sich an die seltsame Empfindung gewöhnt hatte, fing das nächste Stadium an. Danielle fühlte sich plötzlich, als würde sie an eine Stromquelle angeschlossen. Eigenartige Vibrationen liefen wie ein ein Schauer durch alle Muskelfasern und Nerven, während das Schaukeln intensiver wurde. Mit aller Konzentration versuchte Danielle den aufkommenden Schwindel nicht die Überhand nehmen zu lassen. Ihre Aufmerksamkeit blieb bei den Vibrationen und sie versuchte sie zu verstärken, genau so wie Helena es in der Anleitung gesagt hatte. Mit der Disziplin einer forschenden Wissenschaftlerin zwang sie sich dazu, an der Sache dranzubleiben.
    Doch was dann geschah, traf Danielle ohne Vorwarnung. Aus irgend einem Grund bemerkte sie plötzlich, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, auch wenn sie es gewollt hätte. Sie war gefangen. Gefangen in Schwingungen und in Vibrationen, unfähig auch nur den kleinen Zeh zu bewegen, als sei die Verbindung zu ihrem Körper gekappt worden. Danielle spürte, wie sich Panik in ihr breit zu machen begann. Instinktiv versuchte sie die Übung abzubrechen, den Prozess zu stoppen. Sie versuchte das innere Wippen zu unterbrechen, die Augen zu öffnen. Doch die Kontrolle war weg. Weder ihr Körper noch ihr Geist schienen ihr weiter zu gehorchen. Jetzt war die Angst in voller Fahrt. Danielle ruderte innerlich mit den Armen, probierte irgendwo einen Widerstand zu spüren - eine Wand oder irgendeine Oberfläche, aber da war nichts. Obwohl sie deutlich spürte, dass sie sich bewegte, wusste sie zur selben Zeit, dass sie sich nicht bewegte. Sie fühlte sich in einem luftleeren Raum gefangen.
    Dann fing die nächste Phase des Prozesses an, wiederum genau so, wie Helena es angekündigt hatte. Danielle hörte einen Knall, so laut, als wäre in unmittelbarere Nähe

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