Der letzte Aufstand
und platzierte den Pfeil-Cursor in das Suchfeld. Dann gab er drei Begriffe ein: failed - terror attack - police . Danach ging er in die Einstellungen und sortierte die Resultate nach Upload-Datum und Zeit, so dass das neueste Video zuoberst erschien. Es war die direkteste Art und Weise herauszufinden, ob in der Zukunft - jetzt - bereits Terroranschläge vereitelt wurden. Wenn, so dachte Pete, Anschläge von Palms Polizei im Keim erstickt wurden, und das weltweit der Fall war, so gab es bestimmt Videoclips von irgendwelchen Leuten, die so etwas durch Zufall gefilmt hatten und es sofort auf Youtube hochgeladen hatten. Schliessich waren die Zeiten voyeuristisch veranlagt, und heute wollte jedermann ein kleiner Reporter sein, der sich durch Klicks auf sein Video einen Batzen dazu verdiente.
Bingo, sagte Pete leise. Das Video hatte einen Titel, der klar aussagte, dass er auf der richtigen Fährte war. French Police Arrests Terrorist in Action. Pete schaute auf die Upload-Zeit. Es war vor einer Stunde hochgeladen worden. Aktueller geht es kaum mehr, kommentierte er in Gedanken, dann klickte er auf das Video. Unten war ein Titel eingeblendet: Security Cam Footage, Paris.
Pete stellte die Lautstärke höher, realisiert aber sofort, dass es kein Audio gab. Stattdessen war die kurze Filmsequenz mit einem Heavy Metal Lied unterlegt worden. Schreiende Gitarren stampften einen wilden Rhythmus zu den Bildern.
Man sah einen Eingang, breit, unten am Boden deutlich erkennbare Rillen, durch die die Warmluft herauf geblasen wurde, und emsig betriebsame Passanten, welche ein- und ausgingen. Dann rannte eine durchtrainierte Frau aus dem Warenhaus und man sah am oberen Bildrand, wie sie mit einer Fussgängerin rangelte. Der Winkel der Kamera erlaubte es nicht die ganze Situation zu sehen. Pete klemmte die Augen zusammen, damit er sicher nichts verpasste. Dann sah er, dass die eine Frau plötzlich am Boden lag und nur noch mitansehen konnte, wie die andere mit Bulldoggen-Blick auf den Eingang zu rannte. Obwohl das alles sehr schnell ging, war es für Petes geschultes Auge sofort ersichtlich, dass die Frau nichts Gutes im Schilde führte. Sie hob ihre Hand und warf kräftig etwas auf den Boden. Einen Bruchteil einer Sekunde später flog ein Mann mit einem Hechtsprung ins Bild und umklammerte die Füsse der Frau, die soeben wild los stampfen wollte, offensichtlich etwas auf dem Boden zertrümmern wollte. Doch dann fiel sie um. Der Mann grabschte das Ding am Boden, stand auf, löste mit seiner freien Hand eine Waffe aus dem Halfter und schoss auf die Frau, als sie wie eine Furie auf ihn losgehen wollte. Sie ging zuckend zu Boden.
Dann war das Video zu Ende.
Pete rammte die rechte Faust in die linke Handfläche und raunte ein weiteres Bingo in das Büro. Das war es. Palms hatte es tatsächlich geschafft eine Organisation auf die Beine zu stellen, welche Terroranschläge zu vereiteln schien. Wie auch immer er das hingekriegt hatte. Jedenfalls war dieser Anschlag im letzten Moment unterbunden worden. Wer weiss, was die Frau hatte zerstampfen wollen. Sicher irgendein Gift, welches wieder unzählige Menschenleben gekostete hätte.
Pete überlegte. Wie vorgehen? Wie weiter? Zuerst musste er wissen, wer diese Leute waren, die den Anschlag abgewürgt hatten. Dann würde er vor Ort weiter sehen müssen.
Er ging online, buchte den nächsten Flug nach Paris, welcher in genau zwei Stunden abhob. Dann isolierte er das Gesicht des Mannes aus dem Video heraus und räumte die Verpixelung mit einem immens teuren Softwareprogramm auf, welches sich nur Medienkonzerne wie die LTG leisten konnten. Danach liess er das Gesicht durch die internationale Gesichtserkennung laufen, wobei er die Software zuerst alle französischen Datenbanken durchsuchen liess.
Dann machte er sich einen Kaffee. Er hatte noch dreissig Minuten, bis er zum Flughafen musste.
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Paris, 6 Tage nach „Tag X“
Audioaufnahme: Erstes Verhör
ATO: Lea van der Boucht
Kunde: Tom Varese
Minute: 23:22
„Was hast du denn am Tag vor dem Anschlag getan?“
„Das geht dich einen feuchten Dreck an. Ich bin sowieso erledigt. Mein Lebenssinn ist in der Seine verpufft, weil Leute wie du die Situation nicht verstehen!“
„Was ist denn die Situation?“
„Wieso öffnest du nicht einfach die Augen, anstatt dich in deinen Lieblingsvorstellungen zu räkeln?“
„Meine Lieblingsvorstellungen?“
„... dass die Menschen es Wert sind von euch gerettet zu werden. Zum
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