Der letzte Bissen
heran, genau so, wie sie es besprochen hatten. Bastian behielt das Restaurant im Auge. Sie wollten sichergehen, dass ihr niemand folgte. Nach einigen Minuten startete er den Motor und fuhr in die gleiche Richtung, die das Taxi eingeschlagen hatte.
Zehn Minuten später hielt Bastian vor dem Notausgang einer Einkaufspassage. Sarah trat heraus, warf einen Blick zurück und stieg dann zu ihm in den Wagen. Bastian fuhr sofort los.
»Wie ist es gelaufen?«
Sarah wirkte nicht mehr so zufrieden, sie war kreidebleich. »Halt an!«
Bastian trat auf die Bremse. »Was haben die mit dir gemacht?«
Sie öffnete die Beifahrertür und kotzte sich die Hölle aus dem Bauch.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Bastian die Fahrt fortsetzen konnte. Der Besitzer eines Weingeschäftes fand es geschäftsschädigend, dass jemand seinen Mageninhalt vor seiner Tür verteilt hatte. Da Sarah zu keiner Bewegung fähig war, hatte es Bastian übernommen, den Bürgersteig zu säubern. Freundlicherweise stellte der Ladeninhaber Bastian wenigstens mehrere Eimer Wasser und Sarah einen Grappa zur Verfügung.
Sarah war immer noch blass, aber ihr Sprachzentrum hatte keinen dauerhaften Schaden erlitten. So erfuhr Bastian in allen grausamen Details, welcher Folter seine Kollegin ausgesetzt worden war. Bastian hielt es für angemessen, Mitgefühl zu zeigen, obwohl er keines empfand. Er stellte sich vor, wie ihm Schurken Bratwürstchen in den Mund stopften, damit er gestehe. Er würde sehr, sehr lange schweigen.
»Jetzt können wir nur noch abwarten«, meinte Sarah abschließend und reichte ihm die präparierte Armbanduhr zurück, die er in ein Etui legte und im Handschuhfach verstaute.
»Das klingt doch alles sehr gut. Wir machen für heute Feierabend. Soll ich dich nach Hause bringen?«
»Nein, bring mich bitte zur Galerie. Ich muss mit Imogen etwas klären.«
»Das denke ich auch.«
Befremdlich musterte Sarah Bastian. Hatte sie ihm von dem nächtlichen Streit mit Imogen erzählt? Oder war das eine Anspielung auf die zärtlichen Berührungen Eberweins auf der Parkbank?
Eine Zeitung war neben den Beifahrersitz gerutscht, Sarah zerrte sie hervor, essen & trinken. Alles über Super-Hühner.
Bastian biss sich vor Ärger auf die Zunge. Warum hatte er die Zeitschrift nicht in den Kofferraum gepackt? »Habe ich für dich besorgt. Damit du mitreden kannst.«
»Damit kannst du mich jagen«, sagte Sarah und entsorgte das Heft mit spitzen Fingern hinter dem Fahrersitz.
Sie dirigierte Bastian zur Galerie.
»Hast du beide Handys?«, erkundigte sich Bastian, als sie angekommen waren.
Sarah nickte.
»Mach keinen Fehler, wenn das neue Handy klingelt. Du heißt dort Eva Wölke!«
»Was treibst du heute noch?«
»Ich fahr nach Hause und warte auf deinen Anruf.«
Sarah stieg aus.
»Sarah!«
»Ja?«
»Das hast du toll gemacht.«
Sie lächelte. »Danke, Kumpel. Ich find dich auch toll.«
Sie winkte Bastian nach und stand dann vor der geschlossenen Tür der Galerie. Im Innern brannte Licht und in der Tür hing ein Schild: Bin gleich zurück.
Sarah schaute auf die Uhr. Es war kurz nach zwanzig Uhr. Normalerweise hatte die Galerie bis einundzwanzig Uhr geöffnet.
Sie erinnerte sich, dass sie noch immer einen Schlüssel von der Galerie mit sich trug, den ihr Imogen vor seiner Madridreise gegeben hatte, und schloss die Tür auf. Sie schlenderte an den Bildern vorbei. Neben den meisten klebte ein roter Punkt, was bedeutete, dass sie verkauft waren. Die Vernissage schien ein voller Erfolg gewesen zu sein. Trotz des nächtlichen Streits freute sich Sarah für ihren Freund.
Plötzlich vernahm sie aus der angrenzenden kleinen Küche ungewöhnliche, aber bekannte Laute. Als sie sie zugeordnet hatte, stand sie schon in der Küchentür und starrte fassungslos auf das nackte Hinterteil ihres Freundes, das sich in einem immer schneller werdenden Rhythmus auf und ab bewegte. Imogen und Petra näherten sich offenbar dem Finale.
Deshalb hatte es Imogen nach seiner Madridreise so eilig gehabt, in die Galerie zu kommen! Wem du es heute kannst besorgen, den vertröste nicht auf morgen, hätte er richtigerweise sagen müssen.
Zu ihrer eigenen Überraschung stellte Sarah fest, dass sie die Vögelei auf der Anrichte kalt ließ.
Emotionslos sah sie zu, wie Imogens Stöße immer heftiger wurden. Gleich würde er »O Gott, ist das geil« stöhnen. Darauf würde sie jede Wette eingehen.
Sie konnte allerdings nicht verstehen, warum sich Petra mit ihm einließ. Petra
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