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Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Titel: Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schneider
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anderen Lehrlinge von dem Fest erzählt und er hatte es vergessen?
    „Es wartet auch noch eine Überraschung auf dich“, sagte Sano.
    „Was für eine Überraschung?“
    „Wir sehen uns später beim Feuer, wenn das Fest beginnt.“
    Preis euch, oh ihr Herrscher der Welt!
    Es erklang Musik über das Tal hin. Auf dem festen ebenen Platz zwischen den einfachen Zelten aus Fellen wurde auf Knochenflöten gespielt und auf Trommeln – aus hohlen Baumstämmen geschlagen. Es lag eine fröhliche Stimmung über dem Platz. Sano stimmte ein Lied an:
    „Preis dir, oh König der Tiere,
    der du kommst, uns Nahrung und Kleidung zu spenden,
    preis euch, ihr Götter,
    der Sonne, des Mondes, des Windes und des Regens,
    die ihr uns das Mammut sendet.“
    Die Melodie schwang auf und ab. Nach und nach sangen alle mit.
    „Preis euch, oh ihr Herrscher der Welt,
    die uns die Tiere senden,
    unsere Brüder,
    auf dass wir leben können
    in dieser Welt der Gefahren.“
    Immer neue Gäste kamen, boten Pelze an, Kleidungsstücke aus Leder und elastischer Baumrinde, Schnüre aus geflochtenem Hanf im Tausch gegen Steinmesser, Speere, Feuersteine und vieles andere. Das Fest des Mammuts wurde ein Markt, ein lautes fröhliches Zusammentreffen von Menschen, die sich seit 1 000 Generationen im Kampf ums Überleben auf Wanderschaft befanden. Niemals hätte Lakti gedacht, dass sich so viele hier einfinden würden. Sie alle wussten vom Tag des Festes, der mit dem Stand des Mondes oder dem Aufgehen der Frühlingssterne bei Sonnenuntergang zu tun hatte. Es war wie ein Aufatmen nach langer Winterzeit.
    Lakti beobachtete einen Maler aus einer anderen Sippe. Mit verschieden zugespitzten Federn zeichnete er in Kohlefarbe Bilder und Zeichen auf Arme, Rücken, Hände, Brust und Hals. Diese Kunst war sehr beliebt und die Leute warteten bereitwillig, bis sie an der Reihe waren. Einige wünschten Stierköpfe, Mammuts, Hirsche, Fische, zackige Blitze, wolkenähnliche Gebilde, Bäume, Waffen.
    Lakti wurde neugierig, ob er das auch konnte. Er malte sich mit der mit Spucke vermischten Kohle ein Bild auf die Hand, doch es verwischte bei der ersten Berührung. Er musste noch mehr testen, eine Tinktur finden, die sich nicht so leicht abwaschen ließ. Der Hautmaler lachte ihn aus, als er ihn nach der richtigen Zusammenstellung fragte. Künstler und Zauberer verraten niemals ihre Geheimnisse!
    Lakti versuchte es mit flüssigem Baumharz. Als er auf einem Blatt die Farbe anrührte, taucht neben ihm ein Mädchen auf.
    „Kannst du mir eine Blume malen?“, fragte sie.
    Lakti war geschmeichelt.
    „Kann ich“, versicherte er selbstbewusst. Er war aber zu beschäftigt, um aufzusehen.
    „Was machst du?“
    „Ich mische meine Farbe mit Harz. Sie wird dann länger halten.“
    „Sie soll ganz lange halten. So lange ich lebe.“
    Die im Frühling erwachende Schöne!
    Lakti wurde aufmerksam, sah auf. Sein Herz schlug schneller.
    „Mond! Wie schön, dich zu sehen!“, rief er voller Freude aus. Sie lächelte ihn an.
    „Ja, ich freue mich auch, dich zu sehen.“
    „Ich habe dich nicht gleich erkannt.“
    „Wir verändern uns. Du bist auch ein anderer.“
    „Ich heiße jetzt Lakti.“
    „Du bist Maler.“
    „Ich lerne noch.“
    „Du wirst sicher ein guter Maler.“
    „Wohin soll ich dir die Blume machen?“, sagte er schnell, um seine Verlegenheit zu überspielen. Sie fuhr sich über den Nacken, hob ihre Haare hoch.
    „Hier, bitte.“ Sie zeigte seitlich auf ihren Hals. Laktis Hand zitterte, als er sich mit dem Pinsel ihrem Hals näherte.
    „Ich kann das nicht. Hab ich noch nie gemacht. Warum gehst du nicht zum Meister.“
    „Ich will, dass du das machst. Nur du.“
    Sie wandte sich ihm zu und sah ihn auf eine Weise an, die ihm bis ins Innerste seiner Seele ging.
    „Lakti, bitte, wir haben nicht viel Zeit. Ich muss wieder fort.“
    „Wir haben uns doch gerade erst wieder getroffen.“
    „Bitte frag nicht. Es hat sich etwas verändert.“

    „Was?“
    „Ich kann es dir nicht sagen. Bitte, fang an, Lakti.“
    Ihre Stimme klang so flehend, dass er sofort begann. Mit wenigen Strichen zeichnete er den Umriss einer jener Blumen, die in dieser Jahreszeit am Flussufer wuchsen. Sie wurde Lardana, die im Frühling erwachende Schöne genannt. Liebende schenkten sie einander, wenn sie sich in Sommernächten im Ufergras trafen.
    Sanft pustete Lakti auf das Bild, um die Blume zu trocknen. Gänsehaut überlief ihren Nacken.
    „Ich danke dir, Maler Lakti. Nun trage ich dich auf

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