Der letzte Druide (German Edition)
Temperatur noch um einige Grade zu fallen.
Bastian wartete auf eine Reaktion seines Schwertes. Aber ENBARR schwieg vorerst.
"Weiter", wies er Patzer an.
Der folgte ihm schweigend.
Unter ihren Schuhen knackte morsches, von der Kälte spröde gewordenes Gehölz, sonst war nichts zu hören. Sie bewegten sich auf gut Glück voran. Bastian hatte über den Standort der Dunklen Schmiede nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass sie sich wahrscheinlich im Zentrum des verzauberten Waldes befand. Natürlich war das reine Spekulation, wenn auch mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit. Die Bäume stellten einen schützenden Wall dar, damit niemand die Schmiede erreichte. Da war es nur naheliegend, dass Arawn diesen Wall überall in gleicher Stärke geschaffen hatte, und das wiederum bedeutete nichts anderes, als dass sich die geheimnisvolle Schmiede mit Saramoon in der Waldmitte finden ließ.
Auf der anderen Seite bedeutete es auch, dass jeder Schritt, den sie tiefer in den Wald drangen, ihr letzter sein konnte. Es war nicht anzunehmen, dass Arawn nur auf seine nachtaktiven Krieger als Abschreckung vertraute. Sicher gab es überall Fallen, in denen sich Unbefugte verfangen sollten.
Bastian vertraute auf ENBARR. Er hoffte inständig, dass Lirs Schwert rechtzeitig vor jedwedem Hinterhalt warnen würde. Und das geschah keine zehn Minuten später.
Vorsicht - über dir! signalisierte ENBARR, nur für Bastian wahrnehmbar.
Der Junge schwang das Schwert nach oben. Er reagierte spontan und sah gerade noch den armdicken Ast, der sich aus einer Baumkrone gelöst hatte und schwer nach unten sauste, genau auf Bastians Kopf zu. Im Flug verwandelte sich der hölzerne Ast in ein stählernes Schwert, das mit der Klingenspitze voran niederfuhr!
Patzer stieß einen gellenden Schrei aus, als er merkte, was geschah.
ENBARR ließ sich willig von Bastian führen, wartete, bis kein Sekundenbruchteil länger gezögert werden durfte und wischte dann von der Seite gegen die herab zischende Klinge, sodass sie in weitem Bogen davon geschleudert wurde.
Ein Funkenregen, durch den kurzen Aufprall erzeugt, stob nach allen Richtungen. ENBARR war unversehrt, das Angreiferschwert hingegen war in der Mitte glatt durchtrennt und nicht mehr zu gebrauchen. Stahlblau lagen die beiden Hälften auf dem reifüberzogenen Waldboden. Von ihnen ging keine Gefahr mehr aus.
Dennoch blickte Bastian skeptisch nach oben. Es gab noch zahllose andere Bäume, und wenn dieser Vorfall zur Regel wurde, würden sie früher oder später von einer herabfallen den Waffe getroffen werden...
"Das war knapp", kommentierte Patzer nervös. Er leckte sich die eingefetteten Lippen.
"Trotzdem - weiter", verlangte Bastian. "Wir schaffen es schon. Unser Ziel ist die Schmiede. Und ich schwöre dir, dass wir sie und diesen Zauberkundigen finden werden!"
"Ich würde mich freuen, wenn du recht behieltest", unkte der Zwerg.
"Ich auch."
Sie setzten den Weg fort. Bastian behielt ENBARR weiterhin in der Hand, und auch jetzt, da es schwieg, hatte er das beruhigende Gefühl, dass es stets wachsam blieb und sie rechtzeitig auf Gefahren hinweisen würde.
Minuten verstrichen. Ein Baum sah aus wie der andere. Trostlos und verlassen umhüllte sie der Wald. Nur ihre Fußstapfen durchbrachen die Totenstille.
Dann hörte Bastian das wütende Schnaufen.
Sofort blieb er stehen. Sein Gefährte hatte es ebenfalls gehört und folgte seinem Beispiel.
"Was ist das?“, Bastian murmelte die Frage vor sich hin. Er erwartete keine Antwort darauf.
Das Schnauben kam näher.
Aber aus welcher Richtung?
Bastian und Patzer drehten sich um ihre eigenen Achsen. Von allen Seiten zugleich, echohaft, drang das wilde Keuchen zu ihnen vor. Ein Mensch konnte das nicht sein. Und ein Tier, das solche Laute von sich gab, kannten sie nicht und wollten sie auch gar nicht kennenlernen...!
"Dort!“, kreischte Patzer plötzlich, packte Bastians Arm und zeigte ihm damit die Richtung. "Sieh nur..."
Zwei rotglühende Augen war das Erste, was Bastian sehen konnte, weil diese Augen das Gesicht des Angreifers völlig dominierten. Blanke Mordlust sprach aus ihnen, Hass, für die es keine vernünftige Erklärung geben konnte. Auf Töten programmiert - so mutete das Monstrum an, das sich den Weg durch das Unterholz bahnte!
Ein Untier, das aussah wie eine Kreuzung aus Eber und Säbelzahntiger!
Es war etwa dreimal so groß wie ein normales Wildschwein, und seine beiden Hauer waren jeweils etwa einen Meter lang
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